(mbo) Eigentlich wollten die Löhriether schon am 12. Juli im Rahmen ihrer historischen Ernte den Flachs einholen. Aber die Wetterbedingungen hatten das Wachstum verzögert. Am Wochenende ist nun aber doch Erntezeit gewesen.
Der Flachs wurde nach alter Überlieferung am 100. Tag des Jahres ausgesät. Nach 100 Tagen sollte denn auch die Ernte sein. Aber die Kälte und dann die lange Trockenperiode haben der Planung einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am Wochenende konnte das Dorf die historische Ernte verspätet nachholen. Der Termin war kurzfristig angesetzt worden.
Ein Flachskenner berichtet
Gottfried Christ, Flachskenner und Festausschussvorsitzender „850 Jahre Löhrieth“, gab nach dem Rupfen des Flachses einen Bericht über die Arbeitsschritte von der Pflanze bis zum Endprodukt Leinenhemd. Er benutzte Schautafeln und historische Geräte, um seine Erklärungen zu veranschaulichen.
Flachs oder auch Lein ist eine krautige Pflanzengattung der Ordnung Storchschnabelartige mit länglichen, ungestielten Blättern und fünfteilig-strahligen Blüten, informierte „Flachspapst“ Gottfried Christ. Flachs sei früher äußerst wichtig gewesen. Er lieferte den Menschen nicht nur das begehrte Leinöl. Aus seinen Fasern wurde auch der Grundstoff für die Herstellung von Leinen- oder Linnen-Textilien gewonnen. Der Flachsanbau ist heute in Franken kaum mehr üblich.
Die vielen himmelblauen Blüten des Flachses sind einzigartig und bezaubernd anzuschauen. Die einzige und wichtige Arbeit während der Wachstumsphase ist das Jäten von Unkraut, eine wahrlich harte Arbeit, bei der man sich gebückt gehend, in der Hocke oder sogar auf den Knien rutschend über das Feld bewegt.
Flachs wird gerauft und geriffelt
Geerntet wird normalerweise kurz vor der Samenreife im Juli, indem man die Pflanze mit der Wurzel aus der Erde herauszieht. Dieser Vorgang wird auch raufen genannt. Nach dem Trocknen werden die Pflanzen geriffelt, also von den Samenkapseln befreit. Das geschieht, indem man die Pflanzen durch Raffkämme – auf der Oberseite eines Balkens sind etwa 15 Zentimeter lange Zinken eingeschlagen – zieht. Diese Kapseln werden später gedroschen und die Samen zu Leinöl gepresst.
Das übrig gebliebene Flachsstroh ist die Ausgangsbasis für die Weiterverarbeitung. Die Fasern müssen aus der umgebenden Bastschicht durch das Rösten gelöst werden. Dafür werden sie etwa zehn Tage in fließendem Wasser eingeweicht. Bei diesem Gärungsprozess wird ein Klebstoff zerstört. Dadurch lassen sich die äußeren Fasern besser vom holzigen Kern lösen.
Beim anschließenden „Darren“ in der Sonne, manchmal auch im Backofen, wird das Stroh „brechreif“. Beim Brechen werden die holzigen Teile der Pflanze auf einer Vorrichtung mit zwei parallelen Brettern, zwischen die scherenartig die stumpfen Kanten des Brechhebels greifen, zerbrochen und zerkleinert.
In einem weiteren Arbeitsprozess „schwingen“ oder auch „hecheln“ genannt, entstehen dann die feinen Flachsfasern, die für die Weiterverarbeitung zu Leinengarn geeignet sind.