Der Kleinhenz ist unterwegs. Diese Warnung versetzte jeden Autofahrer in Bad Neustadt jahrzehntelang in Angst und Schrecken und sorgte dafür, dass die Parkverbote penibel eingehalten wurden. Dann kam seine Pensionierung im Sommer. Manch einer glaubte nun, sich ein laxeres Verhalten erlauben zu können - bis ein Strafzettel an der Windschutzscheibe klebte, unterschrieben von Stefan Kleinhenz.
Ja, der frühere Polizist, der mit Adleraugen jeden Parksünder erspähte und nicht mehr aus seinen Fängen ließ, ist wieder beziehungsweise immer noch unterwegs. Allerdings trägt er jetzt nicht mehr eine grüne Uniform, die hat er am 30. Juni ausgezogen, sondern seit 1. Juli das Blau des städtischen Verkehrsüberwachungsdienstes. Ohne Mütze wirkt er viel ziviler, aber seine Leidenschaft brennt immer noch in ihm.
Einmal die Woche ist er im Einsatz
Er hat seinen Job so sehr geliebt, dass er ihn auch im Ruhestand nicht ganz aufgeben möchte, solange er fit genug dazu ist. Einmal in der Woche - die Tage wechseln ab - stürzt er sich abenteuerlustig aus dem abgeschiedenen Weisbach in die Bad Neustädter Straßen, um dort nach dem rechten Parken zu sehen. Hat er ein Fehlverhalten aufgespürt, wächst die Spannung in ihm: Welcher Fahrer wird kommen und wie reagieren? Wie geht es aus, wenn wir uns Aug‘ in Auge gegenüberstehen?
„Wenn's triftige Gründe sind, bin ich der Letzte, der nicht auch mal zurücknimmt. “ Stefan Kleinhenz über seine Arbeitsauffassung
„Ich weiß doch, wes Geistes Kind meine Leute sind. Meist prallen wir erst mal so aufeinander (er stößt seine Fäuste gegeneinander), aber am Ende gehen wir wie die besten Freunde auseinander und geben uns die Hand. Es ist ja nicht so, dass ich mir nicht erklären ließe, warum das eingeschränkte Halteverbot mehr als drei Minuten in Anspruch genommen wurde. Wenn's triftige Gründe sind, bin ich der Letzte, der nicht auch mal zurücknimmt. Aber konsequent sein muss ich.“Weil das seine absolute Stärke ist und er dadurch die notwendige Autorität besitzt, werden in seiner neuen Funktion ganz konkrete Aufgaben an ihn herangetragen. Bei besonderen Veranstaltungen wie den Donnerstagskonzerten, Festen oder verkaufsoffenen Sonntagen ist sein Erfahrungsschatz gefragt.
Die Storchengasse liegt ihm besonders am Herzen
Zu einer Herzensangelegenheit hat er außerdem einen speziellen Auftrag gemacht: Er schaut in der Storchengasse nach, ob dort die vorgeschriebene Spielstraßen-Schrittgeschwindigkeit eingehalten wird. Schließlich möchte er, dass die Mädchen und Buben ungefährdet den Kindergarten erreichen. In der kommenden Zeit hält er jeden schnelleren Wagen erst einmal an und macht die Fahrer auf die Übertretung aufmerksam, aber dann wird er auch kassieren - 15 Euro. Dazu ist er berechtigt, sein Augenmaß „schneller als Schritt“ hat auch vor Gericht Bestand.
Immer zu einem Späßchen aufgelegt
„O Gott, du bist ja wieder da“, diesen Ausspruch hat Stefan Kleinhenz jetzt schon häufiger gehört. Aber er nimmt's mit Humor, weil er weiß, dass die meisten seinen Einsatz schätzen. „Wenn ich einen Parksünder in der Spörleinstraße aufgeschrieben habe, ist es dort ruck, zuck leer, und davon profitieren doch alle.“ Keine Gnade kennt Stefan Kleinhenz, wenn es ums absolute Halteverbot geht. Und wer in seiner greifbaren Gegenwart die Frechheit besitzt, sich dort auch noch gegen die Fahrtrichtung hinzustellen, der muss zahlen. Aber sonst ist der 61-Jährige immer zu einem Späßchen aufgelegt und lässt sich auch gerne als Auskunftsperson ansprechen.