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OSTHEIM: Kreativ: „Passig-Drechseln“ bei Günter Göpfert

OSTHEIM

Kreativ: „Passig-Drechseln“ bei Günter Göpfert

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    Unfassbar, dass der Hut, den Andreas Scholl auf dem Kopf trägt, aus Holz ist – Beispiel höchster Drechslerkunst. Zu bestaunen bei der Sonderausstellung im Museum der Kirchhofschule in der Kirchenburg.
    Unfassbar, dass der Hut, den Andreas Scholl auf dem Kopf trägt, aus Holz ist – Beispiel höchster Drechslerkunst. Zu bestaunen bei der Sonderausstellung im Museum der Kirchhofschule in der Kirchenburg. Foto: Foto: Rautenberg

    Martin Luther an seinen Freund Link im Jahre 1525: „Ich und mein Freund Wolfgang haben das Drechseln vor die Hand genommen; (…) damit, wenn ja allenfalls die Welt uns nicht um des göttlichen Worts willen ernähren will, wir demnach mit der Handarbeit unser Brot verdienen möchten.“ (Quelle: Anton Theodor Effner, 1817).

    Damals und noch lange Zeit danach mochte das Handwerk des Drechselns noch seinen Mann ernähren, worauf Luther auch für den Notfall vertraute. Heute ist das kaum noch denkbar. Aber das „Drehen“ und Formen von Werkstücken lebt zumindest als kreative Freizeitgestaltung noch fort, sehr lebendig sogar zum Beispiel bei dem Hobby- und Freundeskreis vom „Drei-Länder-Drechsel-Treff“.

    Dessen Mitglieder aus Unterfranken, Thüringen und Hessen hatten sich am Freitag bei Günter Göpfert in dessen privater Werkstatt getroffen. Eine Frau war auch darunter, ansonsten waren es acht männliche Hobbydrechsler. Ausnahmsweise hatten sie damit einmal ihren Stammtisch nach Ostheim verlegt. Denn Göpfert wollte ihnen eine besondere Variante des Kunstdrechselns vorführen, für die er seine Drehbank ausgerüstet hatte.

    Tüftler und Bastler

    Der Ostheimer Göpfert ist ein ausgesprochener Tüftler und Bastler. Denn er beherrscht nicht nur das Anfertigen wunderschöner Dosen, Schalen, Teller und so weiter aus Holz, er hat auch aus Teilen alter Waschmaschinen, Fahrräder, Mopeds und aus Alteisen eine Zusatzausrüstung für seine Drehbank zusammenmontiert, geschraubt, und geschweißt. Damit kann er nun Holzwerkstücke auch „passig drehen“. Damit bezeichnen die Drechsler eine besondere Variante der uralten Kunst des Drechselns, genauer noch als „Längspassigdrehen“ oder als „Querpassigdrehen“, je nachdem, wie das Werkstück in die Drehbank eingespannt ist.

    Das bedeutet, dass eine Schale oder Dose zum Beispiel nicht mehr einfach kreisrund gedreht ist, sondern geschwungene Ornamente am Rand oder auch im Innern besitzt.

    Wie das funktioniert und welche technische Ausrüstung der Drechsler für das „Passigdrehen“ braucht, demonstrierte also am Freitag der Hobbydrechsler Günter Göpfert aus Ostheim seinen Freunden in seiner privaten Werkstatt. Mit ein paar Handgriffen rüstete er seine Drehbank für die Längs- beziehungsweise für die Querbearbeitung des Werkstücks um.

    Er erklärte, dass die Regelmäßigkeit des geschwungenen Ornaments in das Werkstück durch sogenannte „Patronen“ hineinkommt. Heute würde man dafür lieber „Schablonen“ sagen, die die gewünschte Form vorgeben und auf das sich drehende Holzstück durch Längs- oder Querbewegung übertragen. Eine elektrisch betriebene Handfräse, fest in ein Futteral eingespannt, macht es dem Drechsler leichter, dem Holz die gewünschte Form zu geben.

    Die Leidenschaft für das Drechseln war bei Göpfert im Alter von zwölf Jahren durch seinen Onkel geweckt worden. Der war Berufsdrechsler in Thüringen, und der lehrte den Jungen die Grundbegriffe seiner Kunst. Von seinem Onkel hat Göpfert noch einige Schalen, vollendete Beispiele für Passig-Drechseln. Die, obwohl schon viele Jahrzehnte alt, noch genauso schön sind wie einst. Doch der Schüler steht seinem Lehrer nicht nach, wie einige Demonstrationsbeispiele aus Göpferts Werkstatt zeigen.

    Informativ und gemütlich zugleich ging es bei dem Treff am Freitag zu. Göpferts Frau und seine Enkelin hatten appetitliche Pizza-Schnecken gebacken, dazu gab es selbst gepressten Apfelsaft. Und ein Video über das Funktionieren seiner Werkbank gab es auch, zusätzlich zur realiter Vorführung an der Drehbank selbst. Harald Schellenberger, vielen als Hobby-Drechsler bekannt, arrangierte dann mit Ingrid Schmidt, der Leiterin des Museums in der Kirchhofschule, einen Besuch der Sonderausstellung „Altes Handwerk – modernes Design“. Das lag buchstäblich nahe, nämlich in der Kirchenburg, aber auch, weil dort neben kunstvollen Arbeiten mit Filz auch spektakuläre Beispiele für Hobby-Drechselarbeiten ausgestellt sind. Dort kann man auch einiges über das Anfertigen solcher Arbeiten erfahren.

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