(gs) Über die Historie des Truppenübungsplatzes in Wildflecken – insbesondere die amerikanischen Jahre von 1951 bis 1994 – informierte sich der US-Generalkonsul Conrad Tribble. Der Hammelburger Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell (Bündnis90/Die Grünen) hatte den Diplomaten zu einem Besuch in die Rhön-Kaserne eingeladen.
Der aus Kalifornien stammende Tribble trat 1987 in den auswärtigen Dienst der Vereinigten Staaten ein und ist seit dem vergangenen Jahr der 50. US-Generalkonsul in München. Während seiner Laufbahn arbeitete Tribble zwei Jahre lang im amerikanischen Außenministerium als Referent für Deutschland.
In Bonn studiert
Er war ein Jahr lang als Austauschdiplomat im deutschen Auswärtigen Amt, danach Leiter der Sektion Außenpolitik der US-Botschaft in Bonn. Deutschland kennt Tribble schon von einem Jahr als Austauschschüler in Niedersachsen. Er studierte unter anderem auch in Bonn.
„Dass wir heute da sein können, verdanken wir den Amerikanern“ hatte ihn Kommandant Oberstleutnant Hans-Joachim Gehrlein am Dienstag in Wildflecken begrüßt. Er berichtete Tribble vom Bau des Truppenübungsplatzes in den Jahren 1936 bis 1938, bei dem 2504 Rhöner ihre Heimat verlassen mussten. In dem fast 7300 Hektar umfassenden Gelände, zu 70 Prozent in Bayern, zu 30 Prozent in Hessen, entstand ein Truppenlager für 9000 Mann und 1500 Pferde. Im Februar 1938 wurde der erste Schuss abgefeuert.
Die 3. US-Armee besetzte 1945 den Übungsplatz. Sie befreite die tschechischen, polnischen und russischen Kriegsgefangenen, die zum Arbeitseinsatz in das Lager gebracht worden waren. Sechs Jahre lang diente das Lager dann als Auffanglager für Flüchtlinge und verschleppte Fremdarbeiter, die in ihre Heimat zurückgebracht werden sollten.
Erst ab 1951 nutzte die US-Armee den Platz wieder militärisch. Nach einjähriger Instandsetzung rückte die erste amerikanische Einheit ein. Später wurden die Gefechtsbahnen modernisiert, ab 1989 auch mit dem Einsatz von Computertechnologie. Auch Truppen anderer Nato-Staaten übten in Wildflecken.
Als die Bundesrepublik 1956 wieder eine deutsche Armee aufbaute, richtete die Bundeswehr ein Verbindungskommando und eine Standortverwaltung in Wildflecken ein. Später baute sie eine Kaserne nach Oberwildflecken. Als die Amerikaner 1994 relativ schnell abzogen, übernahm die Bundeswehr den Truppenübungsplatz Wildflecken. Die Kommandantur ist seit 2001 auch für den Truppenübungsplatz Hammelburg zuständig. 2007 kamen die Plätze Schwarzenborn und Ohrdruf dazu.
Gehrlein informierte Tribble, was auf dem Übungsplatz heute möglich ist. So können in der Rhön-Kaserne 3000 Mann untergebracht werden, im Biwak weitere 600 Mann. Eine Übungsfläche von 3200 Hektar steht zur Verfügung, davon 600 Hektar für Kettenfahrzeuge. Übungen werden auch für Afghanistan-Einsätze und für ausländische Truppen abgehalten, antwortete Gehrlein auf eine Frage Tribbles.
Maria Ehrenberg
Eine Besonderheit des Truppenübungsplatzes sei die Wallfahrtskirche Maria Ehrenberg, deren Tradition auch von den Amerikanern geachtet wurde. Mit 256 000 Mann-Tagen pro Jahr seien Wildflecken und Hammelburg die bestausgelasteten Übungsplätze Deutschlands, sagte er. Die 8000 Amerikaner, die früher in Wildflecken angesiedelt war, hatten 2000 Arbeitsplätze für die Bevölkerung geschaffen, wusste Bürgermeister Alfred Schrenk. Nach dem Abzug gebe es jetzt 1200, immer noch eine gute Zahl im Landkreis
Hans-Josef Fell merkte an, dass er für den Truppenübungsplatz lieber eine zivile Nutzung gesehen hätte. Er sehe aber, dass die Entscheidung das Gelände weiter militärisch zu nutzen dennoch positiv war, da hier die „unschätzbare Ausbildung“ der Bundeswehrangehörigen für den Auslandseinsatz erfolgen könne.