Zuerst ist da ein Rauschen. Es steigert sich, wird zum Brummen. Schließlich klingt es, als würde jemand die Luft peitschen. Dann hebt der Hubschrauber ab. Für die Menschen, die sich an den Hang darunter drücken, ist es das Zeichen: Die erste Luftrettungsübung der Bergwacht Rhön-Spessart bei Frammersbach (Lkrs. Main-Spessart) hat begonnen.
Bisher fanden die Luftrettungsübungen der Bergwacht immer in der Rhön statt. Das lag vor allem daran, dass es den Frammersbacher Ortsverband noch nicht so lange gibt. Er existiert erst seit 2009. Und erst seit vier Jahren gilt er mit ihren zwölf bis 15 Aktiven als einsatzbereit.
Nun also trafen sich die Frammersbacher mit den Rhöner Kollegen auf dem Trial-Gelände am Sauerberg, oberhalb der Spessartgemeinde. Mit dabei vier Bergwacht-Gäste aus dem Frankenjura, einem Klettergebiet in der Fränkischen Schweiz.
Das Trialgelände, auf dem sich sonst auf verschiedenen Strecken Motorbiker und Mountainbike-Fahrer talwärts kämpfen, eignet sich hervorragend für Bergrettungsübungen. Der Hang ist stark abschüssig, mit breitkronigen Eichen bestanden und mit Felsenbrocken durchsetzt. Eine echte Herausforderung für Bergretter.
Denn ein Hubschrauber kann dort nicht landen; die Rettung muss per Winsch (Windenkonstruktion) erfolgen, der herabgelassen und wieder eingeholt werden kann.
Polizei-Hubschrauber aus Roth
Der Polizei-Hubschrauber, stationiert in Roth bei Nürnberg, dreht mehrere Runden um den Bike-Hang. Der Pilot will sich Gewissheit verschaffen über die Lage vor Ort.
Drei Szenarien werden an entsprechenden Stationen geübt: einmal das Retten per Windel; ein Retter befreit einen Menschen aus misslicher Lage, indem er ihn in einer Art Sitzgurt an Bord des Hubschraubers bringt. So werden bei Hochwasser in Not Geratene von Dächern geholt.
Und zwei Mal das Retten im Luftrettungssack. Ein Verletzter liegt, gut verschnürt, auf einem Vakuumbett in diesem aufgeblasenen Sack. Eine Einsatzkraft wird zu ihm abgelassen, der Sack mitsamt Verunglückten in den Windenhaken eingehakt – und ab geht's in luftige Höhe.
Das Problem: Sowohl Retter als auch Geretteter sind den starken Ro-torwinden des Hubschraubers ausgesetzt. Gerade in einem engen Luftkorridor ein Nachteil. Um das Ganze stabil zu halten, üben die Bergwachtler zwei Varianten. Die „klassische“: Retter und Sack werden per „Antirotationsschnur“ von einem Kollegen am Boden ruhig und stabil gehalten. Bei der „moderneren“ Lösung kann der Retter mit einem Segel am Luftsack seine Position ausrichten.
Schon schwebt der Hubschrauber 30 Meter über der ersten Station. Es dröhnt gewaltig; der Rotorwind weht massenhaft Blätter von den Bäumen.
Ab jetzt geht es schnell: Der Retter wird abgelassen, nimmt den Verunglückten mit hoch; der Hubschrauber zieht Kreise, steuert die nächste Station an, nimmt Leute auf, setzt welche ab, ... und so weiter und so fort.
Eineinhalb Stunden bleibt der Hubschrauber in der Luft; dann muss er abdrehen, nachtanken.
Zum ersten Mal hat sich Marko Kirsch aus Frammersbach per Rettungssack „liften“ lassen. Der Flug und die Höhe seien für ihn nichts besonderes. Sein Bruder sei Pilot; da fliege er öfters.
Nicht viel Zeit zum Nachdenken
Sein Adrenalinspiegel war trotzdem hoch. Der Krach über ihm, die Hektik am Boden, das freie Schweben – das war was besonderes. „Viel Zeit zum Nachdenken hatte ich nicht“, sagt Kirsch, der seit Ende 2012 bei der Bergrettung ist. Es gehe darum, die im Bergwacht-Ausbildungszentrum in Bad Tölz gelernten Dinge umzusetzen.
Am Ende ist Ausbilder Frank Dildey sehr zufrieden. „Die Abläufe haben sehr gut geklappt.“
Die Rhöner Bergwachtler sind bereit, unter anderem für die regionalen „Brennpunkte“. Das sind in ihrem Bereich logischerweise die Winter-Skigebiete, der Kreuzberg, der der Farnsberg, der Arnsberg. So berichtet es Thomas Eußner aus Bad Neustadt. Er gehört der Bergwacht Bischofsheim an.
Im Sommer richten nach seinen Worten die Bergwachtler ihre Augen besonders auf die Wandergebiete. Aber auch für Mountainbiker an Kreuz- und Arnsberg fühlen sie sich zuständig. Und schließlich ist da in Bischofsheim die Braveheart-Battle, bei der die Bergwacht sich für potenzielle Einsätze bereithält.