„Schade“ – Unter dieser Überschrift informiert Matthias Wild im Internet über die geplante Schließung des Haus der kleinen Wunde Ende Oktober. „Tja, jetzt ist es soweit, nach langer Überlegung und noch längeren schlaflosen Nächten muss ich das Haus der kleinen Wunder leider schließen. Da mein Herzblut daran hängt, ist es auch für mich sehr schwer.“
Dass das Haus schließen muss, das findet nicht nur Matthias Wild schade. Viele E-Mails habe er erhalten, in denen treue Besucher ihr Bedauern ausdrücken und sich für die tollen Stunden im Wunderhaus bedanken.
„Schade, jetzt ist die Rhön bald um einen wundervollen Platz ärmer“, schreibt eine Besucherin und vermutet: „Hier bei uns in der Großstadt - sie würden euch wahrscheinlich die Bude einrennen.“ Andere Wunder-Fans aus Unterfranken äußeren ihr Entsetzen. Das Haus sei fester Bestandteil der jährlichen Rhöntour gewesen. „Die Kinder ziehen jetzt auch ein langes Gesicht.“ Ein weiterer Schreiber geht davon aus, dass ein ähnliches Mitmachmuseum von anderen Städten und Gemeinden „hofiert und unterstützt“ werden würde.
Wirklich unterstützt sieht sich Matthias Wild von Seiten der Stadt Bischofsheim in der Tat nicht. Der Stadtrat habe Anfang des Jahres beschlossen, die seit vier Jahren gewährte Mietermäßigung nicht mehr zu gestatten. Zwar habe Bürgermeister Udo Baumann Matthias Wild signalisiert, dass über die Thematik noch gesprochen werden könnte, aber Wild sah darin keine Zukunftssicherheit. „Jedes Jahr neu verhandeln, das wäre nur ein langsames Sterben gewesen.“ Ernüchtert kam Wild aus einem Gespräch mit Bürgermeister Baumann, der ihm eröffnet habe, dass die Stadt nach seinem Weggang das Gebäude abreißen und dort Bauplätze machen möchte. „Da hat man sich offenbar schon Gedanken gemacht, was nach dem Haus der kleinen Wunder geschehen soll.“ Nicht nur die Höhe der Miete war ausschlaggebend für die Entscheidung zur Schließung, sondern vor allem die Entwicklung des Tourismus in der Rhön und damit die Besucherzahlen. „Die Gründe für die Schließung liegen in der Vergangenheit und im Zukunftsausblick.“ Vergangen seien zwei Jahre mit zu wenigen Besuchern, obwohl das Haus die Werbung verstärkt habe. „Das ist ein Trend der Rhön, wir haben bei den Anschreiben an die Hotels und Pensionen immer mehr Rückläufer aufgrund von Geschäftsaufgaben gehabt. Übernachtungszahlen gehen zurück, die Gäste sind kürzer in der Rhön.“ Seiner Ansicht nach habe die Rhön ein strukturelles Problem.
„Die bayerische Rhön feiert sich, wenn sie 2,x Prozent zulegt, während Bayern 5,6 Prozent Zuwachs im Tourismus schafft. Damit fällt die Rhön im Landesvergleich zurück. „Es wird viel schöngeredet und zu wenig gearbeitet um Gäste zu werben.“ Hinzu komme überhand nehmende Bürokratie im Tourismus. Wild verweist auf eine Veranstaltung der Tourismus-GmbH Bayerische Rhön in Bad Kissingen, wo er erfuhr, dass, wenn er seine Führungen nicht für einige hundert Euro zertifizieren lasse, werde er nicht mehr beworben. „Da bleibt mir der Atem weg. Dafür sollen in der Rhön mehr als 100 000 Euro ausgegeben werden. Damit ist klar, dass hier etwas gewaltig schiefläuft. Kein Tourist sucht eine Region aus oder bucht eine Unterkunft nach dem Kriterium einer geprüften Stadt- oder Museumsführung. Hier würden sinnlose bürokratische Arbeiten vor wichtiger Werbung nicht nur erledigt, sondern erst noch erzeugt.
Für ihn ist die Frage nach der touristischen Kompetenz der Akteure damit beantwortet. Die Stadt Bischofsheim in Verwaltung und Gremien habe mit der Verdoppelung des Tagessatzes für die Kurabgabe bei gleichzeitiger Kürzung der Leistungen für Gäste ein Zeichen gegen Tourismus und entsprechende Investitionen gesetzt. Durch den drohenden Weggang von Edeka werde die Rhönstrasse zur Gewerbebrache verkommen, befürchtet Wild zugleich auch noch zunehmenden Vandalismus. „Offiziell gibt den es ja gar nicht, denn unsere Figuren springen von alleine vom Zaun und fangen an zu brennen. Richtiggehend verärgert ist er über das Vorgehen der Touristinformation auf der Wasserkuppe. Dort werden die Prospekte und Flyer des Haus der kleinen Wunder verkauft. „Ich zahle den Druck um zu werben und die machen Kasse. Das habe ich bisher noch nirgendwo in der Welt erlebt. Auch ein Alleinstellungsmerkmal der Rhön.“ „All diese und weitere kleine Punkte bilden ein großes Mosaik und beeinflussen natürlich die Zukunftsaussichten, nicht nur vom Wunderhaus, sondern von der ganzen Rhön, und haben dazu beigetragen mich so zu entscheiden“, so Wild abschließend.
Maus-Tag zum Finale im Haus der kleinen Wunder
Am 17. Januar 2007 eröffnete das Haus der kleinen Wunder. Über 56 000 Besucher wurden seither registriert. Neben dem Museumsbetrieb gab es Lesungen, Lichternächte, kulinarische Abende und mehr. Eine Dunkelbar wurde eingerichtet, Café- und Biergarten kamen dazu. Gut 10 000 Besucher im Jahr hatte das Wunderhaus, ein Drittel waren Kindergärten und Schulklassen aus einem Umkreis von 70 Kilometern und vom Schullandheim Bauersberg. Ein weiteres Drittel waren Familien, die einen Ausflug in die Rhön unternahmen oder Kindergeburtstage im Mitmachmuseum feierten. Das letzte Drittel machten Touristen aus und hier liege, laut Matthias Wild das Problem. Zurückgehende Urlauberzahlen führten zu rückläufigen Besucherzahlen. Im Juni und Juli waren es 26 beziehungsweise 27 Prozent weniger Touristen, im August waren es 30 Prozent weniger. Die Schließung werde sich auf Bischofsheim auswirken, davon ist Wild überzeugt. Das es bei ihm nur kleine Snacks gab, schickte er Gäste zum Essen in die Innenstadt, Schüler kauften im benachbarten Lebensmittelmarkt, Familien unternahmen Ausflüge und auch sie kauften in Bischofsheim ein. Das Haus der kleinen Wunder war keine Insel, sondern eingebunden in das Wirtschaftsleben, das werde die Innenstadt zu spüren bekommen, ist sich Wild sicher. Nun steht das Wunderhaus vor dem Aus. Hätte es eine Möglichkeit gegeben die Einrichtung zu retten? „Es gibt da sicherlich Modelle, eine gemeinnützige Trägerschaft beispielsweise. Aber da wäre auch das Interesse der Stadt notwendig. Ich würde mein Wissen und Können einbringen, aber offenbar ist das Interesse in Bischofsheim an unserem Haus nicht gegeben.“ Falls sich keine Lösung findet, wird das Haus der kleinen Wunder am 28. Oktober schließen. Einen Höhepunkt wird es am 3. Oktober, dem Maus-Tag, allerdings noch geben. Dann wird der Ausverkauf der Ausstellungsobjekte und Exponate, die sich noch im Lager befinden, beginnen. Info: Matthias Wild lädt am kommenden Freitag, 28. September um 19 Uhr zu einer Infoveranstaltung in das Haus der kleinen Wunder ein, um nach Möglichkeiten für die Gründung eines Trägervereins für das Mitmachmuseum zu suchen.