Angesichts historisch niedriger Kreditzinsen erwartet Theo Heurich, Vorsitzender des Haus- und Grundbesitzervereins Bad Brückenau und Umgebung, eine verstärkte Nachfrage nach Wohneigentum in der Kurstadt an der Sinn. „Das Interesse an Neubauten und bestehenden Gebäuden hat seit der zweiten Hälfte des Jahres 2010 wieder zugenommen“, sagt Heurich.
Bei den Immobilienpreisen in Bad Brückenau müsse mit einer Preissteigerung von sechs bis zehn Prozent gerechnet werden. 40 Prozent der Brückenauer sind bereits im Besitz von Immobilien, 30 Prozent sind Mieter, die übrigen 30 Prozent haben aufgrund des Alters (Kinder oder Senioren) aktuell kein Interesse an einem Immobilienkauf.
Auch beim Haus- und Grundbesitzerverein selbst spüre man den Umschwung: „Wöchentlich kommen neue Mitglieder hinzu.“ Derzeit vertritt der Verein die Interessen von rund 180 Mitgliedern.
Bei den Mietern nehme unterdessen die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Wohnungen zu. Das bedeute, dass die Höchstmieten auf 4,50 bis 6,50 Euro pro Quadratmeter steigen. Stark nachgefragt würden Wohnungen, die energetisch auf dem neuesten Stand sind. „Problematisch wird es jedoch für Wohnungen, die nicht saniert wurden“, so Heurich. Steigende Nebenkosten schreckten immer mehr Mieter ab.
Für derart „veraltete“ Wohnungen werde es immer schwieriger, langfristige Mieter zu finden. Im Kerngebiet der Stadt stehen laut Heurich rund 50 private Wohnungen leer. Die Situation der Baugenossenschaft sei in dieser Statistik nicht berücksichtigt.
Eine besondere Rolle komme in Bad Brückenau dem Krankenhaus zu: „Denn ohne Krankenhaus keine Seniorenheime. Das ist ganz klar.“ Die Wirtschaftskraft der Senioren habe in der Kurstadt eine herausragende Stellung. Heurich spricht in diesem Zusammenhang von Brückenau als „Generationenwohnstadt.“ Von den aktuell rund 6820 Einwohnern sind 1910 mindestens 65 Jahre alt. 2490 Menschen sind zwischen 40 und 65 Jahre alt.
Obwohl die Stadt auf die Senioren angewiesen sei, müsse eine Überalterung Brückenaus auch kritisch betrachtet werden, so Heurich. Die sich wandelnde Struktur der „Generationenwohnstadt“ bringe zwar neue Arbeitsplätze mit sich, aber die Ansprüche der Senioren hinsichtlich einer barrierefreien und attraktiven Stadt dürften nicht unterschätzt werden. Die Erreichbarkeit der Innenstadt von den Seniorenwohnheimen aus nehme an Bedeutung zu. „Auch die Senioren wollen kein vergreistes Umfeld, sondern eine lebendige Stadt.“
Hinsichtlich der Entwicklung des Gewerbes erkennt Heurich vor allem die Nachfolgeregelung bei Familienbetrieben als „sehr problematisch“. Ob es für alle Unternehmen eine Lösung geben wird, sei fraglich. Heurich fordert daher die Stadt auf, einen Gewerbebeauftragten zu benennen, der sich um Neuansiedlung und den Erhalt von Unternehmen kümmert. Gerade Jungunternehmer seien auf professionelle Begleitung angewiesen. „Die Stadt tut da zwar schon einiges. Aber es gibt sicherlich Möglichkeiten zur Verbesserung.“
Weil die frühere Zonenrandförderung in der Region längst weggefallen ist, fordert Heurich zudem neue Förderprogramme für den ländlichen Raum. Denn ohne spezielle Fördermittel sei der Wettbewerb mit den Ballungszentren kaum zu bestreiten.
Die Lebensmittelversorgung in Bad Brückenau sei überdurchschnittlich, der Leerstand bei Gewerbeflächen müsse aber ernstgenommen werden. Die Situation leerstehender gewerblicher Immobilien sei „noch nicht dramatisch“, aber man müsse wohl oder übel hinnehmen, dass sich nicht für alle Immobilien eine schnelle Lösung finden wird.