Das dauert! Bis am Weihnachtsbaume die Lichter brennen vergehen locker „acht bis zehn Jahre“. So lange braucht es, erläutert Karl-Heinz Eisenbrand, der seit 40 Jahren im Nebenerwerb in Oberelsbach auf 3000 Quadratmetern circa 2000 Christbäume anbaut, bis die Nordmanntannen mit einer Höhe von circa 2,50 Meter schlagreif sind. Seine Christbäume verkauft Eisenbrand derzeit in Herschfeld in einer Scheune.
Zwischen 24 und 25 Millionen Weihnachtsbäume stehen jährlich in deutschen Wohnzimmern, informiert die „Schutzgemeinschaft deutscher Wald“. Auch in Bad Neustadt gibt es an allen Ecken und bei Supermärkten Christbaum-Verkaufsstellen. Doch was kann man über die Herkunft der Bäume sagen? Fragt man nach, fällt schnell auf: Nicht alle Christbaumverkäufer im Raum Bad Neustadt sind gleichermaßen auskunftsfreudig.
BN-Empfehlung
Groß Gedanken, woher ihr Christbaum kommt, machen sich die wenigsten Kunden, glauben die Vorsitzenden der Bund-Naturschutz-Ortsgruppe Bad Neustadt, Helmut Bär und Susanne Richter, auf Anfrage. In Anlehnung an eine Pressemitteilung ihres Landesverbands empfehlen die beiden „regional und ökologisch erzeugte“ Christbäume zu kaufen.
„Ich will einfach keinen gespritzten Baum, das ist gesundheitsschädlich“, macht Susanne Richter ihren Standpunkt deutlich. Weite Transportwege schaden dem Klima, ergänzt Helmut Bär. Eine konkrete Kaufempfehlung für Öko-Christbäume aus dem Landkreis können und wollen die beiden aber nicht aussprechen.
Letztlich müssten schließlich auch sie auf Gedeih und Verderb ihrem Händler glauben, wenn er versichert, dass der Baum nicht kunstgedüngt und mit Pestiziden behandelt sei. Bär kauft seinen Baum, eine in Mittelsinn (Spessart) gewachsene Nordmanntanne, bei einem Händler in Ipthausen. Richter kauft beim oben genannten Karl-Heinz Eisenbrand in Herschfeld einen in Oberelsbach groß gewordenen Baum.
2014 hatte der Bund Naturschutz deutschlandweit Christbäume auf Rückstände von Pestiziden untersucht. Zwei der damals untersuchten Nadelbäume stammten aus Bad Neustadt. Helga Werner von der BN-Kreisgeschäftsstelle hat die damaligen Testkäufe im Toom und Obi Bad Neustadt getätigt. Sie erinnert sich, wie „aufwändig es war, 100 Gramm Nadeln abzuzupfen“. Die hat sie dann eingeschickt. Beim Obi-Baum wurde letztlich Glyphosat, beim Toom-Baum Prosulfocarb nachgewiesen.
Gespritzt
Zwei Jahre später in der Gartenabteilung des Obi-Marktes in Bad Neustadt: Zu besagter Untersuchung kann und will sich der aktuelle Verkäufer nicht äußern. Zu seinen derzeit im Angebot befindlichen Bäumen aber gibt er bereitwillig Auskunft: Die Mehrzahl, vor allem die Nordmanntannen, stammen aus Dänemark, erklärt er, manche, darunter beispielsweise die Blaufichten, kämen aus Deutschland.
„Gespritzt“ würden die Bäume schon, gibt er zu. Das sei bei Massenproduktion in Monokultur gar nicht anders möglich, allerdings passiere das zu einem Zeitpunkt weit vor der Ernte. Erst kürzlich habe eine allergiegeplagte Kundin diesbezüglich im Vorfeld ihres Kaufes Auskunft verlangt und er deshalb eigens mit seinem Lieferanten telefoniert. Deshalb könne er nun aus voller Überzeugung sagen: „Da ist jetzt definitiv nix mehr dran.“ Besagte Kundin habe er überzeugen können, sie habe anschließend bei ihm gekauft.
„Spricht der Baum auch Deutsch?“, diese Frage stelle sie prinzipiell, erzählt eine Bad Neustädterin über ihren Weihnachtsbaum-Einkauf. „Am liebsten ist es mir, er spricht Rhönerisch“, schmunzelt sie. Letztlich kauft sie deshalb seit Jahren in Herschfeld bei Karl-Heinz Eisenbrand und Bernhard Hahn. „Wir sind noch ein klassischer Onkel-Otto-Laden“, versichert der mittlerweile bald 67-jährige Eisenbrand. Auf ihrer Kultur in Oberelsbach werde nicht gespritzt, das Gras werde gemäht und nur mit Bittersalz und Asche gedüngt, erklärt er.
Fichten will kaum jemand
„Ich dachte hier gibt's Weihnachtsbäume aus der Rhön, jetzt seh ich doch nur wieder Nordmanntannen“, beklagt sich dennoch ein Kunde. „Ein Rhöner Urbaum ist die Nordmanntanne natürlich nicht“, gesteht Eisenbrand ein, ursprünglich stamme die Nordmanntanne aus dem Kaukasus. Auf Wunsch hält er vereinzelt noch ein paar heimische Fichten bereit. „Die werden aber kaum noch gesucht“, sagt Eisenbrand.
Als „fast biologisch“ bezeichnet Nebenerwerbslandwirt Christian Rützel aus Burgsinn seine Weihnachtsbäume, die er seit acht Jahren vor dem Mercedes-Benz-Autohaus am Rudolf-Diesel-Ring verkauft. Hauptberuflich arbeitet Rützel bei der Gemeinde, nebenbei bewirtschaftet er acht Hektar Weihnachtsbaumkulturen. So eine Baumkultur mache „richtig viel Arbeit“, erzählt er. Spritzmittel versuche er „so gut es geht zu vermeiden“, etwa durch den Einsatz von circa 20 Shropshire-Schafen, die bei der Bekämpfung der Grasflora helfen. Gedüngt würden seine Bäume aber schon der „kräftigen Äste“ wegen. Geschlagen werden sie Rützel zufolge erst Anfang Dezember.
Spessart und Sauerland
Aus Mittelsinn stammen die Bäume, die am Tegut und beim Angermüller verkauft werden. In beiden Fällen sind die Verkäufer vor Ort nicht zugleich Anbauer der Kulturen. Während der Verkäufer vor dem Teegut-Markt darüber informiert, dass anfangs Spritzmittel eingesetzt würden, „in den letzten Jahren vor der Ernte aber nicht mehr“, erklärt der zuständige Verkäufer am Angermüller, die von ihm verkauften Bäume seien „reine Natur“ und „langlebig“. Wegen einer Umschulung, erzählt er, sei er im Vorjahr viel unterwegs gewesen, bis April sei sein Baum deshalb gestanden. „Und ich hatte nicht mehr als eine Kehrschaufel Nadeln“.
Nur vage äußert sich der Verkäufer am E-Center in Herschfeld. Aus dem Spessart stammen seine Bäume, konkreter möchte er nicht werden. Die bei Burglauer verkauften Bäume kommen aus der „Hochburg“ des deutschen Weihnachtsbaumanbaus, dem Sauerland.
Baum & Brauch Vorchristliche Tradition Der Weihnachtsbaum-Brauch geht möglicherweise schon auf die vorchristliche Tradition zurück, das Haus mit immergrünen Zweigen zu schmücken. Diese dienten zur Abwehr allen Unheils und gaben den Menschen Hoffnung für ein gutes Jahr nach dem harten Winter. Erstmals erwähnt wurde ein geschmückter Baum 1419. Die Freiburger Bäckerschaft hatte einen Baum mit allerlei Naschwerk behängt. Im christlichen Zusammenhang tauchte der Weihnachtsbaum wohl zunächst als Paradiesbaum im Krippenspiel auf. Erst im 18. Jahrhundert wurde der Christbaum dann zum Zentrum des weihnachtlich geschmückten Wohnzimmers, zuerst in protestantischen Häusern, während die Katholiken anfangs nur die Krippe aufstellten. Daten & Fakten zum Weihnachtsbaum Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald hat einige Daten und Fakten zum Weihnachtsbaum zusammengetragen. • Etwa 24 bis 25 Millionen Weihnachtsbäume stehen jedes Jahr in deutschen Wohnzimmern. Von den 40,5 Millionen Haushalten hat fast die Hälfte einen Weihnachtsbaum. • Rechnet man mit einem Durchschnittspreis von 20 Euro pro Baum, beträgt der jährliche Umsatz der Weihnachtsbaum-Branche fast 700 Millionen Euro. • Pro Baum investiert der Produzent circa zwölf Minuten Arbeitsaufwand. • Die Nordmanntanne ist mit fast 80 Prozent der mit Abstand beliebteste Baum. Dann folgt die Blaufichte mit 15 Prozent, sonstige Fichten mit sieben Prozent und die Edeltanne mit drei Prozent. • 90 Prozent der Weihnachtsbäume stammen aus Deutschland. Dänemark ist das wichtigste Importland für Weihnachtsbäume (jährlich circa 4 Millionen), Deutschland exportiert etwa eine Million Weihnachtsbäume, vor allem in die Schweiz, Frankreich, Österreich und Polen. IR