Das Telefon klingelt. "Hallo, Herr Böck" ruft Betriebsleiter Mayk Schwarz. Dann spricht er Zahlen in den Telefonhörer und verabschiedet sich. War das gerade Willibald Böck, einst Thüringer Innenminister und als Landtagsabgeordneter so altgedient wie als Pfeifenraucher?
"Ja", sagt Schwarz bescheiden, aber sichtlich zufrieden mit der Bekanntheit seines "guten Kunden". In Böcks Galerie in Erfurt, die der Politrentner jetzt betreibt, will er in Kürze Tabakpfeifen präsentieren. Schwarz hofft, damit jene Kundschaft anzusprechen, die als Inbegriff des Pfeifenrauchers gilt: Individualisten und Ästheten, denen ihr brennendes Verlangen einiges wert ist.
Der Einstiegspreis für die Erzeugnisse des Schweinaer "Pfeifenstudios Hubert Hartmann GmbH" liegt bei rund 25 Euro. So schnell wie Rauch in einem gut ziehenden Schlot steigt allerdings auch der Preis: Die Pfeifen-Mittelklasse bewegt sich zwischen 50 und 150 Euro. Danach kommen die Einzelanfertigungen. Bei 1500 oder 2000 Euro wird für die Meisten wohl die Luft zu dünn - zumal man mit nur einer Pfeife nicht auskommt.
Etliche solcher Einzelstücke - Freehands genannt - hat Schwarz in seinem Büroregal stehen. Darunter sind auch jene, die der gelernte Holzbildhauer als Modell für eine Serie selbst gedrechselt, geschliffen und gebeizt hat. Manch ein Stück bleibt Waise, weil es nicht die Zustimmung der Geschäftsleitung in Berlin findet. Viele aber gehen in die Serienproduktion.
Das Rauchen selbst verlangt Zeit und Muße. "Zwei- bis dreimal die Woche rauche ich selbst eine Pfeife" sagt Schwarz. Weil zu Hause strenges Rauchverbot herrscht, geht er in den Garten. Jetzt im Winter pafft er, wenn er mit seinem Hund unterwegs ist. Obwohl Frau Schwarz durchaus der Meinung ist: "Zigaretten stinken, Pfeifen riechen."
Allerdings haftet den Tabakpfeifen, in deren Mundstück mittlerweile ein Filter gesteckt werden kann, auch ein Geruch von Biederkeit an. Um die jährliche Produktion von rund 25 000 Stück zu halten, möchte Schwarz neue Wege gehen. Deshalb die Präsentation in der Böckschen Galerie; deshalb auch neue Formen, Farben und Ideen. "Ich will die Pfeife etwas revolutionieren", hat sich der 44-Jährige vorgenommen. Seine Inspiration hole er sich vor allem aus der Landschaft des Thüringer Waldes. "Die Natur ist das beste Vorbild."
Nach der Ausbildung in Empfertshausen bei Meiningen und in einer Design-Fachschule in Sonneberg kam er über die Stationen Spielzeugindustrie und Blockhaus-Branche erst vor knapp einem Jahr zur Pfeifenproduktion. Doch schon seine ersten Modelle sind Rauchzeichen an die Zukunft: Weg von den traditionellen Formen, hin zu Farben und neuem Material. Statt des traditionellen Holzes aus der Bruyèreknolle, einer um das Mittelmeer vorkommenden Heideart, hat Schwarz erstmals mit Olivenholz gearbeitet.
Zugleich will das Unternehmen, das zum Berliner Tabakhersteller Planta gehört, das alte Betriebsgelände in Schweina wieder beleben. Mehr als 700 Menschen waren hier vor dem Zweiten Weltkrieg in Deutschlands größter Pfeifenfabrik beschäftigt. Um an die mehr als zwei Jahrhunderte dauernde Tradition Dutzender Firmen in Schweina und im benachbarten Ruhla zu erinnern, soll nun ein Café für genussvolles Rauchen eingerichtet werden.
Die Tabakpfeifen aus Schweina werden unter der Marke "db - Design Berlin" verkauft. Nach dem Zweiten Weltkrieg war einer der südthüringischen Pfeifenmacher nach Westberlin gegangen und hatte dort eine Firma aufgemacht. Anfang der 90er Jahre kehrte sie zu ihren Wurzeln nach Thüringen zurück.
Im Blickpunkt

Pfeife rauchen bei der WM
Mit der Fußball-Weltmeisterschaft
in Deutschland kommt jetzt zu-
sammen, was vom Namen her zu-
sammengehört. Passend zum Ereig-
nis wurde eine der rotbraunen
Tabakpfeifen aus Schweina auf den
Namen "Golden Goal" getauft. Der
Pfeifenkopf wurde mit dem stilisier-
ten WM-Pokal versehen.