Ausblick auf die kommende Saison am Staatstheater Meiningen. Das Leitungsensemble hat vor der bedrohlichen Wolkenkulisse des Bühnenbildes der neuen "Madame Butterfly"-Inszenierung Platz genommen. Ist das etwa ein böses Omen im Jahr der Landtagswahl in Thüringen?
Wohl kaum. Intendant Jens Neundorff von Enzberg beginnt die Pressekonferenz mit Zahlen zur Auslastung des Theaters. Sie beträgt in dieser Saison bereits Ende März mit 110.000 Besuchern in 360 Veranstaltungen knapp 86 Prozent (vorhergehende Saison: 106.000/78). Allein die in den vergangenen Jahren etwas mageren Besuchszahlen im Schauspiel stiegen auf beachtliche 82,5 (70) Prozent. Was Bürgermeister Fabian Giesder zum erstaunten Ausruf verleitete: "Solche Zahlen kenn ich nur aus den 1990er Jahren!" Der Intendant verweist stolz auf die Anerkennung, die das Theater in jüngster Zeit erfahren durfte.
Nach dem Titel "Publikum des Jahres 2022" erhielten die Meininger bei der Verleihung der "Oper! Awards" in Amsterdam den Preis für die "Beste Wiederentdeckung", für "Ivan IV.". Neundorff-von Enzberg sieht sein Haus selbst für den Fall einer politischen Verwerfung sicher aufgestellt. Mit einem ausgewogen Programmangebot zwischen Klassik und Moderne, publikumsfreundlich, Neugier erweckend und experimentierfreudig. Wem das zur politisch-moralischen Grundrüstung nicht reichen sollte, dem steht das neue Format "Foyergespräche" offen.
Überfliegt man das eben erschienene Spielzeitbuch, fallen einem ein paar Schlagzeilen ins Auge: Schostakowitsch. Thüringer Spezialitäten. Tannhäuser für Kinder. Zwischen Theaterfest (8. 9.) und Sommerfest (12. 7.): 23 Premieren, darunter sechs Uraufführungen.
Große Oper trifft auf Bildende Kunst
Zu Rameaus "Castor und Pollux" (21. 2.) wird der renommierte Künstler Sir Tony Cragg den Bühnenraum entwerfen. Auch der Maler und Bildhauer Markus Lüpertz ("La Bohème") wird wieder ausstatten: Vicente Martín y Solers "Una cosa rara" (Wiederaufnahme 11. 9.). Und der inzwischen 90-jährige Theaterkünstler, Maler, Bühnenbildner und Regisseur Achim Freyer ("Die Zauberflöte") inszeniert Verdis Oper "Don Carlos" zum Saisonstart (6. 9.).
Weitere Großereignisse im Musiktheater sind eine wiederentdeckte Oper der britischen Komponistin Ethel Smyth, "The Wreckers" (Premiere 25. 10.), Frank Wildenhorns und Steve Cudens "Jekyll & Hyde" (6. 12.), Wagners "Tristan und Isolde" (12. 4.) und Mozarts "Don Giovanni" (30. 5.). Beim Ballett widmet sich der Eisenacher Ballettchef Andris Plucis in seiner letzten Saison vor allem Sergej Prokofiews Ballettmärchen "Cinderella" (30. 1.).
Im Dialog mit Musik von Schostakowitsch
Die Musik des russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch wird anlässlich seines 50. Todestages 2025 im Mittelpunkt des Konzertprogramms stehen. Generalmusikdirektor Killian Farrell bringt sie in den acht Sinfoniekonzerten der Hofkapelle in Dialog unter anderem mit Werken von Berlioz, Schnittke, Schubert und Bach. An junge Zuhörer richtet sich das "Mittendrin-Konzert" für Kinder ab acht Jahren und "Reingehört" heißt ein neues Angebot für erwachsene Konzertbesucher. Ein weiterer Höhepunkt des Konzertlebens wird die Liszt-Biennale am Pfingstwochenende sein.
Das Schauspiel blickt mit einem breiten Themenspektrum sozusagen in den Teller und weit über den Tellerrand hinaus. Hausgemachtes wird in einem Liederabend mit "Thüringer Spezialitäten" (14. 3.) serviert. Jenseits des Randes: Andreas Kriegenburg kommt wieder nach Meiningen und inszeniert Brechts "Herr Puntila und sein Knecht Matti" (5. 1.). Der Franzose Nicolas Charaux bringt Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" auf die Bühne (9. 5.). In Eugène Ionescos Groteske "Die Nashörner" (20. 9.) geht es um eine bedrohliche Verwandlung von Kleinstadtbürgern.
Das Känguru, Hexe Hillary, und der Lebkuchenmann

Wiederentdeckt wird die jüdische Autorin Anna Gmeyner mit ihrem Gerichtsdrama "Ende einer Verhandlung" (27. 9.). Auch ein Stück der Autorin Maria Milisavljević ("Alte Sorgen), "Es war Sommer", kommt als Auftragswerk auf die Bühne. Miriam Haltmeier, Schauspielerin und Musikerin, entwickelt zudem ein Stück namens "Die Rückeroberung der Hoffnung" (22. 3.), in dem es um das Miteinander unterschiedlicher Ansichten in einer Gesellschaft geht.
Das Junge Staatstheater wagt sich mit "Hexe Hillary geht in die Oper" (17. 10.) an eine Kinderoper. Die "Känguru-Chroniken" (29. 9.) dürften nicht nur Fans von Marc-Uwe Kling gefallen. Und 30 Jahre nach dem Meininger Karrierebeginn von Jörg Hartmann als "Lebkuchenmann" feiert das Weihnachtsmärchen seine Wiederauferstehung im Großen Haus (9. 11.), allerdings ohne den schrägen Tatortkommissar. Das Puppentheater schließlich möchte Kinder mit einem Genremix aus Wagner, Bechstein und Wartburgführung für die ganz große Kunst begeistern: "Tannhäuser und die Wartburg" (21. 3).
Detaillierte Informationen finden sich im neuen Spielzeitbuch, in der "Spektakel"-Sonderausgabe und unter www.staatstheater-meiningen.de; Kartentelefon: (03696) 451 222,