Zuhause für drei, vier oder vielleicht fünf Personen kochen, das ist etwas anderes, als täglich 450 bis 500 Essen auf den Tisch zu bringen. Trotzdem muss der Gedanke der Regionalität bei so großen Mengen nicht außen vor bleiben. Jedenfalls aus der Sicht von Peter Hildmann, Chef der Siemens-Kantine in Brendlorenzen. Hildmann versorgt mit seinen 18 Mitarbeiterinnen nicht nur die Mitarbeiter von Siemens oder BSH, 130 bis 140 Essen der Tagesproduktion gehen außerdem an die Lebenshilfe in Hohenroth.
Natürlich könnte man versuchen, bei allen möglichen Anbietern die jeweils günstigsten Angebote herauszupicken, sagt Hildmann, der gelernter Metzgermeister ist. Doch das macht aus seiner Sicht ziemlich viel Arbeit und das ganze Management der Kantine viel unübersichtlicher. Deshalb hat Hildmann mit einem Großhändler im Landkreis einen Vertrag ausgehandelt über die Lieferung der Grundnahrungsmittel.
„Da haben wir schon manchen Hirsch in der Kantine verarbeitet“
Peter Hildmann zur Versorgung mit Wild aus Thüringen
Für Hildmann ist klar, wenn er Lieferanten in der Nähe hat, dann können die auch schneller mal auf Anregungen oder Wünsche von seiner Seite eingehen. „Wenn ich schnell mal extra große zusätzliche Eier brauche, dann bekomme ich die vom Eierhof aus dem Landkreis schnell geliefert. Anders muss ich auf den Lieferlaster am nächsten Morgen warten“, erklärt er und erzählt weiter von der Großbäckerei in Brendlorenzen um die Ecke. „Die bringen, wenn es dringend ist, auch mal schnell eine Lieferung im Pkw vorbei.“
Schweinefleisch bezieht Hildmann zum einen vom Schlachthof in Bad Neustadt und zum anderen von einer Metzgerei, die Tiere aus der bayerischen und hessischen Rhön verarbeitet. Das Fleisch für Gerichte vom Rind kommt größtenteils aus dem Schlachthof in Wülfershausen.
Interessant ist Hildmanns Bezugsquelle für Wild. Da greifen nämlich zwei Siemensianer selbst zum Gewehr. Sie haben eine Jagd in Thüringen. Wenn da mal wieder Treibjagd ist, dann stehen öfter mal Wildgerichte auf dem wöchentlichen Speiseplan. „Da haben wir schon manchen Hirsch in der Kantine verarbeitet“, sagt Hildmann, der seit 2004 die Siemens-Kantine in Brendlorenzen betreibt. Denn davon gibt es in Thüringen noch recht viele – und auch noch billiger als tiefgekühlte Hirschteile von sonst wo her.
Beim Fisch wird es mit der Regionalität schon ein bisschen schwieriger. Zwar gibt es ab und zu auch einmal Rhöner Forelle, die sein Großhändler aus Gersfeld bezieht, so Hildmann. Doch das gehe nicht allzu oft, weil Forelle relativ teuer sei, aber pro Essen nur ein bestimmter Betrag zur Verfügung steht. Ansonsten bezieht er frischen und tiefgekühlten Seefisch.
Regionaler wird es dann wieder bei Salat und Gemüse. Da bezieht Hildmann über einen Gemüsegroßhändler in erster Linie Waren aus Mainfranken. Unter anderem von einer Gärtnerei in Albertshofen, die mit Behinderten arbeitet.
Alles in allem, ganz schön regional, was Hildmann mit seinem Team bei Siemens auf den Tisch bringt – übrigens drei Hauptgerichte täglich am Mittag und eins davon vegetarisch. Zusätzlich hat die Kantine für kleine Gerichte und Snacks auch noch zu weiteren Zeiten geöffnet. Außerdem gibt es dann noch rollende Angebote in den Abteilungen.
Beim Kaffee, der natürlich nicht regional sein kann, hat Hildmann vor einiger Zeit umgestellt von normalem Kaffee auf eine Sorte, die fair gehandelt wird. Versuchsweise hat er erst einmal nur zwei Automaten auf die neue Sorte umgestellt, ohne dass es die Kaffeetrinker wussten. Und siehe da, so erzählt er, das waren die beiden Automaten, bei denen die Bohnenbehälter zuerst leer waren. Dann hat Hildmann alle Kaffeeautomaten auf die neue Sorte umgestellt. Jetzt kostet der Kaffee im Einkauf zwar etwas mehr, aber der Absatz ist um 30 Prozent gestiegen.
Auch das für ihn, ein Beleg dafür, dass man nicht immer auf den letzten Cent sehen sollte, wenn es ans Sparen geht. Regionale Produkte können manchmal etwas teuerer sein, weiß der Siemens-Kantinenchef. „Aber da habe ich durch meine Nähe zum Händler und Produzenten auch größeren Einfluss auf die Qualität.“ Und das ist ihm wichtig.