„Ich war am Dienstag in Waldis EM-Club mit meinem Spezl Matze Knop aus meiner Heimatstadt Lippstadt“, beschrieb Stargast Michael Rummenigge den Gästen des Sponsorenabends des TSV Irmelshausen seine Eindrücke. „Es war vergleichsweise langweilig zu dem, was ihr hier auf die Beine gestellt habt.“ In der Tat war es ein Feuerwerk an Programmpunkten, das in der Milzgrundhalle mehr als vier Stunden lang anhielt und Unterhaltung auf hohem Niveau bot. Und es war dem Jubiläum angemessen, was unter dem Motto „100 Jahre grün & weiß“ an Reminiszenzen Irmelshäuser Vereinsgeschichte und von den prominenten Gästen in ihrer Karriere Erlebtes sich vermischte.
Musikalisch umrahmt wurde dieser typische Milzgründer Abend mit viel liebenswert Selbergemachtem von den Irmelshäuser Kirmesmusikanten. Und durchs Programm moderierte eminent eloquent, ebenso witzig wie schlagfertig, Kuno Mordhorst, dritter Vorsitzender des TSV. Und weil er, selbst ein Fußball-Globetrotter von Meiningen über München und Tokio bis Rio, seinem jahrzehntelangen Duzfreund Michael Rummenigge an Wissen über dessen Profikarriere in nichts nachsteht, bot diese den Abend dominierende Talkrunde mehr, als der Ex-Profi und seine Mitarbeiter der Fußballschule sonst vielleicht von sich gegeben hätten.
Im Mittelpunkt des Interesses stand natürlich Michael Rummenigge, inzwischen auch schon 47, DFB-Fußballlehrer mit UEFA Pro Lizenz. Als Profi beim FC Bayern München (1981 – 1988), Borussia Dortmund (1988-1993) und den Urawa Red Diamonds (Japan, 1993 – 1995) gewann er je drei deutsche Meisterschaften und Pokalsiege, zwei Supercupsiege, bestritt 309 Bundesliga-, 50 Europacup- und zwei A-Länderspiele. Der gelernte Bankkaufmann betreibt seit 1996 die nach ihm benannte Fußballschule, die von Freitag bis Sonntag in Irmelshausen von 65 Kindern besucht wurde. „Es ist unser Ziel, den Straßenfußball zurückzubringen auf die grüne Wiese.“ Er betreibt weiterhin eine Soccer-Halle in Münster, hat eine Sport-Marketing-Agentur in Dortmund und eine Firma, die Kunstrasenplätze baut.
Von seinem Trainerstab mit dabei waren Frank Benatelli, 13 Jahre lang Profi beim VfL Bochum und heute als Scout für den VfL Wolfsburg tätig, Andy Lichtner, ehemaliger Jugend-, Regionalliga- und Bundesligaersatztorwart bei Borussia Dortmund, und Roland Thiel, A-Scheininhaber mit Einserexamen, der nie Profi war.
„Erhaltet euch das, was ihr hier in eurem Dorf an Kult habt“, zeigte er sich begeistert vom Klima in der Dorfkneipe wie im Vereinsheim. „So etwas gibt es woanders fast nicht mehr.“
„Das hier bei euch ist die Basis des Fußballs und erinnert mich an meine Jugend und die meines Bruders in Lippstadt, 60 km von Dortmund entfernt“, berichtete Rummenigge. „Kalle und ich, wir haben aber noch einen Bruder, Wolfgang, den Ältesten. Er war ohne Zweifel der Talentierteste von uns, aber auch der Faulste. Ein Angebot von Robert Schwan zu den Bayern zu kommen hat er abgelehnt. Er begnügte sich mit der DJK Gütersloh, wenn das jemand kennt.“
„Erhaltet euch das, was ihr in eurem Dorf an Kult habt“,
Frank Benatelli, Ex-Profi in Bochum
Dann verblüffte er die Zuhörer mit seinen Bekenntnissen über die Bayern: „Ich war zehn, als ich Gerd Müller kennenlernte, weil da mein Bruder schon in München war. Ich folgte ihm mit 18, bekam aber zunächst keinen Profivertrag. Als wir mit der A-Jugend in Augsburg 4:1 gewannen und ich zwei Tore schoss, war der Uli Hoeness auf der Tribüne und hat mich danach mit einem Vertrag für ein Jahr in den Profikader genommen. Hier war ich dann für ein halbes Jahr auf der Tribüne oder auf der Bank. Im Mai 1983 durfte ich mein erstes Spiel machen, wir verloren 0:1 gegen Schalke.“
Und dann diese Einschätzung: „In der Zeit hatte ich das große Glück, Udo Lattek auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft als Trainer zu haben. Er war mehr für mich, mein Mentor, eine Vaterfigur. In Bezug auf Fußball und das Leben insgesamt hat er mir viel beigebracht. Von Training an sich hatte er nicht viel Ahnung. Das erledigte der Egon Coordes. Aber er hatte das Bauchgefühl, zur richtigen Zeit die richtigen Entscheidungen zu treffen.“ Und über Lothar Matthäus: „Von ihm hat man viel lernen können – im Fußball!“
Michael Rummenigge weiter über den Fußballnachwuchs: „Es gibt viele Talente, ein breit angelegtes Scouting-System, eine hohe Leistungsdichte im Juniorenbereich. Und es rücken immer mehr junge Spieler in die Profikader. Die Spieler werden aber durch eine Vielzahl von Spielen körperlich überfordert. Viele bleiben auf der Strecke. Mesut Özil zum Beispiel hat diese Saison 61 Spiele absolviert. Das geht an die Substanz.“
Frank Benatelli ist Teil dieses Scouting-Systems in Holland, Belgien, Nordfrankreich und der 2. Bundesliga für den VfL Wolfsburg. „Von Freitag bis Sonntag beobachte ich manchmal fünf Spiele. Die Stärken und Schwächen auffälliger Spieler kommen dann auf eine Datenbank.“ Eine Zuschauerfrage nach Felix Magath beantwortete er so: „Bei ihm heißt es, friss oder stirb. Wenn man bei ihm verliert, zieht das eine schlimme Trainingswoche nach sich. Die kann so aussehen, dass man 100 Steigerungsläufe über 80 Meter eine Stunde lang macht. Vom Grundsatz her halte ich aber seine Art, eine Mannschaft zu führen, richtig. Die Spieler haben einfach die Verpflichtung, sich am Samstag zu zerreißen.“