Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Neustadt
Icon Pfeil nach unten

HOLLSTADT: Selbst der Bundespräsident kam zu Besuch

HOLLSTADT

Selbst der Bundespräsident kam zu Besuch

    • |
    • |

    (eh) 2008 haben die Vereinten Nationen zum internationalen Jahr der Kartoffel ausgerufen. Ziel ist es, auf die Kartoffel als Grundnahrungsmittel in den Entwicklungsländern aufmerksam zu machen. Über dieses Stadium ist der Anbau in Hollstadt weit hinaus. Doch in seinen Anfängen war die Situation durchaus vergleichbar, heute zählt die Gemeinde zu den wichtigsten Saatkartoffelregionen in Deutschland.

    Die Geschichte des Kartoffelanbaus in Hollstadt lässt sich bis in die 20-er Jahre zurückverfolgen und darf als Folge der Hungerjahre nach dem 1. Weltkrieg angesehen werden. Damals fuhren noch Pferdefuhrwerke nach Weimarschmieden, um bei dem dort ansässigen Gutshof das aus Pommern stammende Saatgut einzukaufen. Aus dem Zuchtmaterial werden Pflanzkartoffeln gewonnen, die dann zum Anbau von Speisekartoffeln verwendet werden, erklärt Willi Zwierlein, langjähriger ehemaliger Vorsitzender der Saatkartoffel-Erzeugervereinigung.

    Guter Boden

    Zunächst wagte sich nur ein kleiner Kreis an den neuen Anbau heran, doch der hiesige Lös- und Muschelkalkboden erwies sich als äußerst geeignet. Daher wuchs das Interesse an der Bodenfrucht, weil auch die Kunden aus der Landwirtschaft mit den Erzeugnissen aus Hollstadt zufrieden waren.

    Die Vermehrung des Saatguts sei mit erheblichem Aufwand und Risiko verbunden, weil der daraus gewonnene Pflanzkartoffelbestand äußerst anfällig für Schädlinge sei, beteuert Zwierlein. 1934 stellten dann zwölf Landwirte ihre Produkte unter staatliche Kontrolle. Vier Jahre später schlossen sich die Vermehrungsbetriebe zur „Saatkartoffel-Erzeugervereinigung Rhöner Land“ zusammen. Hollstadt brachte sich mit insgesamt 70 Hektar in den Verband ein.

    Siegeszug durch Unterfranken

    Von Hollstadt aus trat die Pflanzkartoffel ihren Siegeszug durch ganz Unterfranken an, sodass bis zu 2000 Hektar für den Anbau verwendet wurden. Misserfolge ließen die Anbaufläche bis Mitte der 50-er Jahre auf ein Viertel schrumpfen. Inzwischen war Hollstadt von der bayerischen Regierung zur geschlossenen Saatbaugemeinde erklärt worden und ist bis heute Schwerpunkt des unterfränkischen Pflanzkartoffelbaus geblieben.

    Als besonders mühselig gestaltet sich die Lagerung der Pflanzkartoffeln. Ehemalige Weinkeller wurden zum Überwintern verwendet. Aus dieser Not heraus entstanden in der Umgebung die ersten Lagerhäuser. Hollstadt zog erst etwas später mit zwei Gebäuden nach, dafür errichtete es das wohl modernste Lager seiner Zeit, das sogar 1964 von Bundespräsidenten Heinrich Lübke in Augenschein genommen wurde.

    Strukturwandel

    Doch gleichzeitig hatte ein Strukturwandel eingesetzt, bei dem viele Menschen Arbeit in der Industrie fanden. Bis Mitte der 80-er Jahre schrumpfte die Anbaufläche auf etwa 100 Hektar zusammen, die heute gerade einmal noch von acht Betrieben bewirtschaftet werden und die fast ausschließlich in Hollstadt beheimatet sind.

    Die Konkurrenz der Zuckerrübe und ihr weniger risikoreicher Anbau habe ihr übriges dazu beigetragen, dass eine Reihe von Landwirten dem Kartoffelanbau in Unterfranken den Rücken kehrte, fährt Harald Zwierlein fort, der in die Fußstapfen des Vaters getreten ist und heute an der Spitze der Erzeugervereinigung steht. Außerdem werde nur zugelassenen Betrieben, die auch noch strengsten Kontrollen unterstehen, die Erzeugung von Pflanzkartoffeln gestattet.

    Grund dafür ist, dass die Landwirte bei der Bereinigung der Vermehrungsflächen und Bekämpfung der Blattlaus, dem Feind Nummer eins, höchste Sorgfalt walten lassen müssen, da ja immerhin aus einem Zentner Pflanzgut etwa 15 Zentner Speisekartoffeln entstehen. Gerade in Deutschland spielt das eine Rolle, weil es weltweit den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch hat und mit rund 250 Sorten auch die größte Vielfalt aufweist. „Schließlich soll am Ende ja auch höchste Qualität auf den Tisch kommen“, hebt Zwierlein hervor.

    Ob das auch bei der Aktion der Fall ist, die morgen ansteht? 16 Sorten sollen von politischer Prominenz unter die Erde gebracht werden. Treffpunkt ist um 10 Uhr an der Lagerhalle am östlichen Ortseingang. Zum Kartoffelfest, bei dem historische Anbaugeräte präsentiert werden, wird sich dann am 14. September zeigen, wer die dickste Knolle hervorgebracht hat.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden