Junge Stadt in alten Mauern – mit diesem Slogan rührt Mellrichstadt in Sachen Stadtmarketing die Werbetrommel. Ein deutlicher Hinweis auf die noch weitläufig erhaltene Stadtmauer und das historische Flair der Altstadt. Den Erhalt seiner mittelalterlichen Verteidigungsmauern lässt sich die Stadt auch einiges kosten: 2,5 Millionen Euro werden laut Bürgermeister Eberhard Streit in den kommenden Jahren investiert werden müssen.
Die Anlieger in der Stadt, die ihre Häuser angrenzend an und zum Teil auch aufliegend auf den alten Steinquadern errichtet haben, müssen sich an den Kosten nicht beteiligen. Ganz anders soll das künftig im mittelfränkischen Erlangen gehandhabt werden: Bürger, die entlang der Stadtmauer gebaut haben und die Innenseite der Mauer als Außenseite für ihre Häuser nutzen, sollen die Sanierung der historischen Wehranlage mitfinanzieren. Die Redaktion von „quer“, einer Sendung des Bayerischen Rundfunks, berichtet darüber. Bei Recherchen im Internet, wie es auch anders geht, sind die Fernsehleute auf Mellrichstadt gestoßen und haben Stadtchef Streit am Dienstag interviewt. Die Sendung wird an diesem Donnerstag, 14. April, um 20.15 Uhr im Bayerischen Fernsehen gezeigt.
Die Stadtmauer in Mellrichstadt bröckelt an vielen Stellen. Und hat die Stadt auch schon ordentlich Geld gekostet. In den 90er Jahren etwa war ein Teilbereich der Mauer am alten Schloss eingefallen, erinnert Eberhard Streit, und auch im Bereich der Eichersmühle musste bereits ein Stück Mauer neu hochgezogen werden. Eine Bürgerbeteiligung an den Kosten der Stadtmauersanierung schließt der Stadtchef aber kategorisch aus. „Für uns ist die Stadtmauer unser kulturelles Erbe“, beschreibt er die Position des Stadtrats.
Mauer bereits im 13. Jahrhundert gebaut
Dokumente belegen, dass die ältesten Teile der Mauer im 13. Jahrhundert gebaut wurden. Schwarz auf weiß steht auch geschrieben, dass die Stadtmauer der Stadt gehört – sie steht auf städtischem Grund und Boden. Und auch wenn es Zeiten gab, in denen das historische Erbe niemandem etwas wert war, Steinquader zum Bauen herausgebrochen wurden und der Bereich zwischen den Mauern als Schweine- und Hühnerhof genutzt wurde: Heute schätzen viele Mellrichstädter und Gäste beim Rundgang um die Stadt den Anblick der gewaltigen Mauern, überragt von bunt verputzten Häusern.
Bürger nicht belasten
In Mellrichstadt wurde es stets geduldet, dass Häuser auf der Stadtmauer aufliegen, die Innenseite der Mauer als Außenseite des Hauses genutzt wird. Ist die Mauer instabil, könnte die Stadt möglicherweise sogar von den Hausbesitzern für die Haftung herangezogen werden, vermutet Streit. Daher geht man in Mellrichstadt einen Weg, der keinem Bürger extra Geld aus dem Beutel zieht. „Wir wollen in den nächsten acht bis zehn Jahren die ganze Stadtmauer sanieren“, sagt Streit. Und fügt scherzhaft an: „Wahrscheinlich müssen wir, wenn wir einmal außen herum sind, wieder von vorne anfangen.“ Das könnte stimmen – das alte Gemäuer zu erhalten, wird eine Daueraufgabe für die Stadt werden.
Dennoch: Dem Stadtrat ist es das wert. 2011 hat das Fachbüro Zeune ( Eisenberg-Zell) den Zustand der Stadtmauer auf ihrer ganzen Länge dokumentiert und ein Instandsetzungskonzept erstellt. Schäden wurden registriert und mit Experten und Statikern besprochen. Mit diesen Unterlagen ist die Stadt an das Landesamt für Denkmalpflege herangetreten, um eine möglichst hohe Förderung für die Sanierung zu erhalten. Dr. Annette Faber hat dem Stadtchef diesbezüglich Unterstützung zugesagt. Entschieden ist noch nichts.
Stadt will Bauen fördern
Fest steht aber, dass für die Bürger das Wohnen an der Mauer keine versteckten Kosten birgt, die bei der Sanierung aufschlagen. „Wir machen uns viele Gedanken, das Bauen in der Stadt zu fördern, da wäre eine Kostenbeteiligung an der Mauersanierung kontraproduktiv“, bringt es Streit auf den Punkt. Über der Stadtmauer prangen Häuser mit einer tollen Aussicht, die sollten von den Bürgern saniert werden. „Wir übernehmen die Mauer“, sagt der Stadtchef.
Gleichwohl: Bei Arbeiten am historischen Gemäuer in neuerer Zeit, etwa im Fronhof, wurde die Mauer stets mitsaniert, und es wurden Grunddienstbarkeiten eingetragen. Damit sind die Bürger in der Pflicht, die Mauer innen – also in den Häusern – zu erhalten, die Stadt sorgt für das Äußere.
Die Arbeiten an der Stadtmauer werden die Mellrichstädter in den kommenden Jahren weiter begleiten. Doch Angst, von einer horrenden Rechnung überrascht zu werden, müssen die Mellrichstädter nicht haben.