Ein Schüleraustausch, der zweifelsohne Geschichte geschrieben hat, ist mit Ende des Schuljahres zu Ende gegangen: Für drei Wochen war eine Abordnung von Schülern und Lehrern der „Southern Cross Schools“, der neuen Partnerschule des Martin-Pollich-Gymnasiums (MPG) Mellrichstadt, aus Hoedspruit im Biosphärenreservat „Kruger to Canyons“ in Südafrika im Biosphärenreservat Rhön zu Gast.
„Schule in Südafrika sucht Partnerschule im Biosphärenreservat Rhön“, lautete die Anfrage der Privatschule „Southern Cross Schools“, nachdem regionale Akteure wie Doris Pokorny von der Regierung von Unterfranken, Michael Dohrmann, Fachbetreuer für Umweltbildung im Naturpark und Biosphärenreservat Bayerische Rhön, und Peter Kowalsky (Bionade) vor rund drei Jahren das Partnerbiosphärenreservat „Kruger to Canyons“ in Südafrika besucht hatten. Schulleiter Friedrich Steigerwald und Konrektor Stefan Wintersteiner ergriffen die Chance und knüpften einen engen Kontakt mit den „Southern Cross Schools“.
Nach einer dreijährigen Vorbereitungszeit mit Austausch von E-Mails zwischen den beiden Schulen und einem regelmäßigen Treffen der „Südafrika-AG“ im Martin-Pollich-Gymnasium war es im Juli – dank einer Förderung durch das „Entwicklungspolitische Schüleraustauschprogramm“ (ENSA) – endlich soweit: Die Schüler und Lehrer der Partnerschule aus Afrika kündigten ihren dreiwöchigen Besuch in Deutschland an. Viele Gastfamilien wurden gefunden. Der Schulleiter der „Southern Cross Schools“ kam gar beim Mellrichstädter Schulchef Friedrich Steigerwald unter.
Ein dreiwöchiges Programm wurde auf die Beine gestellt. „Schüler wie Lehrer haben in hohem Maße von- und miteinander gelernt“, so Doris Pokorny. So könne zum Beispiel die Mellrichstädter Schule sehr viel von der afrikanischen Schule lernen. Umwelt und Natur erleben, Naturerfahrung und Naturschutz bilden dort einen besonderen Schwerpunkt. Auf der anderen Seite sieht der 16-jährige Matthew Wilkinson-Luck aus Südafrika für „sein“ Biosphärenreservat „Kruger to Canyons“ noch Verbesserungsbedarf bei der Öffentlichkeitsarbeit: „Es ist sehr gut, dass an jedem Ortseingang in der Rhön ein Hinweis auf das Biosphärenreservat steht und auch Rhöner Produkte entsprechend gekennzeichnet sind - das gibt es bei uns bislang nicht.“
Den Kern des Programms im Biosphärenreservat Rhön bildeten drei Teilprojekte. Im ersten Projektteil ging es um die Frage „Wo leben wir?“ mit einer zweitägigen Wanderung durch die Rhön und einer gemeinsamen Übernachtung am Umweltbildungshaus am Schwarzen Moor, begleitet vom Landschaftsarchitekten Peter Motz. Im zweiten Projektteil ging es um die Frage „Wie leben wir?“ mit einer kulturgeschichtlichen Fahrradtour, die durch das mittelalterliche Ostheim und die Kirchenburg zur Lichtenburg führte. Nach Übernachtung im Zelt radelten die Schüler und Lehrer am nächsten Tag nach Fladungen und besuchten das Freilandmuseum. Begleitet wurde die Tour von Michael Dohrmann.
Im dritten Projektteil ging es um die Frage „Wovon leben wir?“ In Begleitung von Alan Blazyca, Geografiestudent und Praktikant bei der Regierung von Unterfranken, leisteten Schüler und Lehrer einen praktischen Arbeitseinsatz auf dem Biohof Ritter in Ostheim und lernten später die Verarbeitung von Holunderbeeren bei Bionade kennen.
Im Anschluss ging es mit dem Fahrrad nach Oberelsbach zum Rhönschäfer Josef Kolb, wo sie halfen, den Stall zu säubern und die Rhönschafe zu füttern. Auf dem Programm standen natürlich auch ein Besuch des Infozentrums Haus der Langen Rhön. Teamspiele sowie gemeinsame Aufgaben halfen, Sprachbarrieren abzubauen. Der ganze Austausch geschah in englischer Sprache.
Gemeinsam wolle man in der Zukunft zwischen den Partnerschulen und auch zwischen den Partnerbiosphärenreservaten konkrete Projekte auf den Weg bringen. So hat sich im Rahmen des Schüleraustauschs bei jeder Schule eine Gruppe gegründet, die die Ausbreitung von eingeschleppten Pflanzen regulieren. In „Kruger to Canyons“ sind es Aloen, in der Rhön sind es Staudenlupinen. Davon abgesehen hat die Südafrika-AG am Martin-Pollich-Gymnasium durch den Austausch starken Aufwind bekommen.
In Zukunft soll ein ständiger Austausch zwischen beiden Partnerschulen im Kontext ihrer Biosphärenreservate stattfinden. Schüler werden sich um die Einrichtung und Pflege eines Internet-Blogs kümmern, die Themen rund um die Biosphärenreservatsidee beinhalten. Beide Schulen wollen zudem die neu gewonnenen Erfahrungen in den Fächern Englisch- oder Wirtschaft- und Recht- in ihren Unterricht einbinden.
Die Schüler, die mit nach Deutschland in die Rhön fuhren, wurden im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens ausgewählt. Von deutscher Seite nahmen an dem Austausch Schülerinnen und Schüler der neunten bis elften Klassen des Martin-Pollich-Gymnasiums teil.
Alle Beteiligten zogen ein absolut positives Fazit von dem Austausch. „Diese Begegnung war ein Traum von mir und es scheint, als hätten wir den ersten Schritt zu einem internationalen Netzwerk von Schulen in Biosphärenreservaten getan“, so der südafrikanische Schulleiter Anthony de Boer. Bereits jetzt leistet die von ihm geleitete Privatschule in Hoedspruit Hilfe zur Regionalentwicklung durch Fortbildungsveranstaltungen für Lehrkräfte der 200 umliegenden öffentlichen Schulen.
Gemeinsame Interessen
Zwei Schulen, ein Ziel Der Verein Naturpark und Biosphärenreservat Bayerische Rhön hat in Zusammenarbeit mit dem Martin-Pollich-Gymnasium und der Regierung von Unterfranken, die das Biosphärenreservat Rhön und die Partnerschaft mit dem Biosphärenreservat Kruger to Canyons koordiniert, allen voran Doris Pokorny, ein dreiwöchiges Programm auf die Beine gestellt, in dem nicht nur die gegenseitige Begegnung der Partnerschulen, sondern vor allem auch das gemeinsame Lernen im Vordergrund stand – getreu dem Motto: „Learning together, doing together“.
Das Biosphärenreservat „Kruger to Canyons“ und das Partner-Biosphärenreservat Rhön haben trotz der völlig unterschiedlichen naturräumlichen und landeskulturellen Verhältnisse gemeinsame Ziele: Dies ist die nachhaltige Regionalentwicklung und das Bestreben, den ökologischen Gedanken in bestmöglichen Einklang mit der Kultur des Menschen bringen.