Bruder Wolfgang redet nicht viel. Er lächelt lieber. Aufhebens will er eigentlich keines machen um seine Kunst. Dabei ist es gewissermaßen die Kunst der Verführung, die er beherrscht. An höchster Stelle des heiligen Bergs der Franken.
An welcher süßen Leckerei er sich selbst am liebsten ergötzt? Ein Lächeln. Was das Geheimnis seiner Lebkuchen sei, denen ein legendärer Ruf vorauseilt? Ein Lächeln. Eins, zwei kurze Sätze dazu, und für Bruder Wolfgang ist alles gesagt. Gesagt zu dem Umstand, dass er als einer von drei verbliebenen Klosterbrüdern des Franziskanerordens der Herr über Sahnetorten, Käseplootz, Schokoladenschnitten, Marillen-Kuchen und vielerlei andere schmandbeladene Köstlichkeiten ist.
Bruder Wolfgang, ein hochgewachsener Mann, trippelt lieber den engen Gang in der Küche des Gasthauses Elisäus entlang, um in sein ganz persönliches Reich von Rührwerken, Streichpaletten, Zuckertüten, Kakao-Beuteln und all den anderen Werkzeugen und Zutaten zu gelangen.
„Nach 20 Jahren musste ich mich wieder einarbeiten.“ Bruder Wolfgang, Konditor am Kloster Kreuzberg
Zwei große Formen mit dem Teig für die späteren Schokoladenschnitten hebt Bruder Wolfgang in den Konvektomat. 30 Minuten, dann ist der Teig gebacken. Routine für Bruder Wolfgang.
„Ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet, dass ich noch einmal so intensiv meinem Konditorenhandwerk nachgehe“, sagt Bruder Wolfgang. Konditor war der 55-Jährige vor seinem Leben als Klosterbruder. Gelernt hat er sein Handwerk in Planegg bei München, aber seine Kindheit und Jugend hat er in Geisenfeld im oberbayerischen Teil der Hallertau verbracht. Dem tief bayerischen Idiom an höchster fränkischer Stelle hört man es an.
Mit dem Konditoren-Job im Orden änderte sich viel
„Mit 25 Jahren bin ich in den Franziskanerorden als Novize eingetreten und habe in vielen Klöstern in Bayern gelebt“, erzählt der Gottesmann. 30 Jahre sind das jetzt. Und über 20 davon hat er seinen Mitbrüdern als Koch gedient. „Nur ab und an habe ich mal etwas gebacken“, sagt Bruder Wolfgang. So lange war sein Leben auch geteilt in Stunden der klösterlichen Arbeit am Herd und Stunden für Gebet und Kontemplation. „Die Nachmittage waren eigentlich frei von Arbeit“, sagt Bruder Wolfgang.
Doch im Jahr 2008 änderte sich alles. Die Franziskaner hatten das ehemalige Gasthaus Hohn übernommen und führten es als Gasthaus „Zum Elisäus“ in Eigenregie weiter. Der damalige wirtschaftliche Leiter, Bruder Johannes Matthias, wusste von Bruder Wolfgangs Konditorenausbildung und fragte, ob er sich eine Arbeit im „Elisäus“ vorstellen könnte.
„Ich habe mir schon Bedenkzeit erbeten“, sagt Bruder Wolfgang. Und lächelt wieder. Denn ihm war klar, dass sich mit dem Konditoren-Job der Lebensrhythmus ändern würde.
„Nach dem Frühstück haben wir täglich eine Messe, danach geht es in die Küche“, erzählt der Mönch. Bis etwa 16 Uhr dauert in der Regel sein Arbeitstag. Montags und freitags hat er frei. Aber an den Wochenenden ist viel zu tun für die Gäste, die im Elisäus lieber Kaffee und Kuchen genießen wollen, statt sich in die Reihe der Durstigen an der Biertheke zu stellen.
Viele Lebkuchen-Variationen zur Adventszeit
„Ich habe mir zu Beginn wieder Back- und Fachbücher gekauft. Nach 20 Jahren musste ich mich ja erst wieder einarbeiten in das Handwerk“, erzählt Bruder Wolfgang. Und natürlich lächelt er dabei, wie es seinem fröhlichen Wesen entspricht.
„Da ist der eine oder andere Kuchen auch mal missraten“, schmunzelt der Mann. In den allermeisten Fällen läuft aber alles reibungslos, und seine Kollegen von der Küche dürfen gelungene Kreationen kosten. „Dass ich Bruder bin, ist nichts Besonderes im Mitarbeiterkreis, ich bin einer von ihnen“, sagt der Franziskaner. Der eine oder andere Kuchen wird auch für die Mitbrüder gebacken. Und auch die Mutter zu Hause in der Hallertau bekommt das eine oder andere Stück bei Besuchen.
Außer einem Taschengeld erhält der Konditor kein Gehalt. „Ich arbeite hier für den Orden, also für Gotteslohn“, sagt er.
Jetzt, zur Adventszeit, hat er wieder viele Lebkuchen-Variationen gebacken. Sie finden beim jährlichen Adventsmarkt an einem eigenen Stand reißenden Absatz. „Ich verwende dafür alte Rezepturen“, verrät der Konditor-Geselle.
In solchen arbeitsintensiven Wochen findet Bruder Wolfgang nicht so viel Zeit für seine Lieblingsbeschäftigung. „Ich wandere sehr gerne, zum Beispiel vom Kreuzberg nach Gersfeld in die hessische Rhön“, erzählt er.
Seine bevorzugte Jahreszeit in der Rhön? „Wenn's nicht so batzig ist“, gibt sich Bruder Wolfgang oberbayerisch, wenn also die Wege nicht so schlammig oder glitschig sind.
Der Konvektomat hat geklingelt. Bruder Wolfgang macht mit einer Stricknadel die Garprobe. An der Nadel bleibt kein ungarer Teig kleben. Also holt er den fertigen Kuchen aus dem Backofen.
„Gut“, heißt es kurz. Bruder Wolfgang redet nicht viel. Er lächelt lieber.
Adventsmarkt im Kloster Auf dem Kreuzberg besteht in diesem Jahr von Freitag bis Sonntag Gelegenheit, Kunst und Kunsthandwerk aus der Region in den Buden rund um das Klostergebäude zu bestaunen. Neben hausgemachten Lebensmitteln werden Laubsägearbeiten oder handgefertigtes, kindgerechtes Holzspielzeug angeboten. Täglich von 14 bis 16 Uhr ist der Nikolaus unterwegs. Öffnungszeiten: Freitag von 12 bis 19 Uhr; Samstag von 10 bis 19 Uhr und Sonntag von 10 bis 18 Uhr. FG