In einem Punkt jedenfalls erübrigt sich jegliche Spekulation: Hier ist alles andere als ein Tierfreund am Werk, der in Ostheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) sein Unwesen treibt. Die Serie von Anschlägen gegen Tiere, die seit März andauert, ist insbesondere gegen zwei Ostheimer in der Richard-Streng-Straße gerichtet. Mal streut der Tierquäler auf dem landwirtschaftlichen Anwesen eines Jägers Giftweizen unters Hühner- und Fasanenvolk, mal biegt er das Deckengitter einer Voliere auf, so dass mehr als 50 Zwergpapageien eines Züchters entweichen können. Wer dahintersteckt und warum jemand so etwas tut, darüber freilich lässt sich nur spekulieren.
„Irgendwann erwischen wir den Kerl“, macht sich Erich Küchler Mut. Äußerlich wirkt der 66-Jährige zwar ruhig, aber innerlich kocht er vor Wut. Seit 40 Jahren züchtet Küchler die bunten Zwergpapageien, sogenannte Agaporniden. Sie sind in zehn Volieren seiner Gartenanlage untergebracht, die ringsherum eingezäunt und deren Eingangstür fest verschlossen ist. Es gibt seinen Angaben nach nur wenige Züchter im Land, die sich auf die bunten Agaporniden, die im Artenschutz aufgenommen sind, spezialisiert haben. Mit seinen wertvollen Tieren ist Küchler auf zahlreichen Ausstellungen erfolgreich.
Zwischen Samstagabend und Sonntagmorgen dieser Woche hat der Tierquäler wieder zugeschlagen und das Deckengitter einer Voliere, bestückt mit etwa 100 Jungtieren, gewaltsam aufgebogen. Bei seinem Kontrollgang am Sonntagmorgen hatte Erich Küchler erst bei genauerem Hinsehen die Attacke gemerkt. Doch da war schon weit mehr als die Hälfte der Vögel aus der Voliere entwischt. Zehn Zwergpapageien konnte der Eigentümer wieder einfangen, der Rest ist auf und davon. „Die kriegst du auch nicht mehr“, gibt sich der Züchter keinen falschen Hoffnungen hin. „Die finden kein Futter, und verenden nach drei, vier Tagen.“ Den Schaden für den Züchter hat die Polizei, die die Ermittlungen in der Anschlagserie führt, auf 2000 Euro beziffert. Der materielle Schaden ist die eine Seite, vielmehr schmerzen Küchler die herzlosen Attacken gegen die Tiere.
Schon eineinhalb Monate zuvor hatte ein unbekannter Täter Giftweizen gestreut und damit vier Fasane in Küchlers Gartenanlage vergiftet. Das sei ganz alter Giftweizen gewesen, der längst nicht mehr im Handel ist. Erich Küchler: „Giftweizen von der Sorte, der nicht allein die Maus verenden lässt, sondern auch die Katze, die die Maus gefressen hat.“ Vielleicht ist dieses Gift eine heiße Spur, die den Täter überführt, gibt der passionierte Züchter die Hoffnung nicht auf.
Genau dieser Giftweizen – „das sind dunkelrote Körner“ – ist auch am landwirtschaftlichen Anwesen von Manfred Graumann ausgelegt worden. Und zwar mehrfach. Schon an den Wochenenden 27. und 28. April sowie am 10. und 11. Mai war der Tierquäler unterwegs. Im ersten Fall verendeten drei Silberfasane, als Giftkörner über ein Gitterfenster eingestreut wurden. Im zweiten Fall kamen mehrere Hühner und ein Hahn ums Leben, die ebenfalls vergiftete Körner gefressen hatten. Der hintere Bereich des Anwesens von Graumann grenzt an die Streu, dort hatten die Hühner ihren Auslauf. „Ich weiß nicht, wen das stören könnte, dass sich die Viecher hier außen aufhalten“, sagt er. Graumann siedelte das Federvieh in ein Gartenstück um, weg vom Streuufer und dem dort entlangführenden Gewässerlehrpfad.
Das hinderte den Täter allerdings nicht daran, am 31. Mai und 1. Juni, so notiert es das Polizeiprotokoll, wiederum Giftweizen unter die Hühner zu streuen. Mehrere Küken verendeten. Verständlich, dass auch Manfred Graumann sauer ist und den Kopf schüttelt. Dennoch sagt er: „Ich wüsste nicht, wer so etwas macht!“ Von Mutmaßungen über den Täter oder gar Verdächtigungen will Graumann, der Jäger, nichts wissen. „Am besten wäre, der Übeltäter wird auf frischer Tat ertappt.“
Anschläge auf Wildtiere
Einen Zusammenhang will der Hobby-Jäger Manfred Graumann nicht herstellen, auch wenn es naheliegend scheint. Nämlich den zwischen den Attacken gegen Tiere auf seinem landwirtschaftlichen Anwesen und den Giftanschlägen gegen Wildtiere in freier Wildbahn im Flurbereich „Vorderes Büchig“ in Ostheim, der zu seinem Jagdrevier zählt. Zwischen dem 20. März und 2. April waren dort 24 Wildtiere, die meisten davon Greifvögel, vergiftet worden. Das Fressen der ausgelegten Giftköder bedeutete das Ende für fünf Mäusebussarde, neun Rotmilane und einen Schwarzmilan. Doch nicht nur Greifvögel fielen den Giftanschlägen zum Opfer. Sechs Füchse, Stein- und Baummarder und eine Elster – also alles, was Aas frisst – verendeten ebenfalls in dieser Gemarkung zwischen Frickenhäuser Straße, Streutal und Segelflugplatz. Auf die leichte Schulter haben die Behörden diese Giftattacken nicht genommen. Die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Rhön-Grabfeld und die Polizei, die die Ermittlungen in allen Fällen führen, hatten die Bevölkerung gewarnt, verendete Tiere zu berühren. Die Kadaver aller getöteten Tiere wurden toxikologisch untersucht. Die Ergebnisse der Ludwig-Maximilians-Universität München hatten dann eindeutig belegt, dass die Tiere vergiftet wurden. Text: sto