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Unsägliche Sprüche wurden den Soldaten zu viel

Bad Neustadt

Unsägliche Sprüche wurden den Soldaten zu viel

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    Wildflecken

    (swg)

    Gute drei Stunden ging es um derbe Ausdrücke und wenig schmeichelhafte Komplimente. „Kommunistische Nazinutte“ war dabei noch eines der harmloseren Beispiele. Weil er Soldaten entwürdigend behandelt haben soll, musste sich ein Hauptfeldwebel des Eurokorps vor dem Amtsgericht Bad Kissingen verantworten. Gegen Zahlung einer Geldbuße von 2000 Euro wurde das Verfahren gegen ihn vorläufig eingestellt.

    Redegewandt und selbstbewusst trat der 41-jährige Angeklagte auf. Die ihm vorgeworfenen Verunglimpfungen, die sich auch in der Rhön-Kaserne Wildflecken zugetragen haben sollen, bestritt er. Stattdessen drückte er es so aus: „Mein Führungsstil beinhaltet auch lockere Sprüche und aufmunternde Scherze.“ Diese seien niemals böse gemeint.

    Ehemalige Soldaten seines Zuges beziehungsweise noch als Zeitsoldaten im Dienst des Eurokorps stehende Zeugen sahen das allerdings anders. „Es gab eine Anhäufung von Vorfällen“, sagte ein 26-jähriger Soldat über den Zeitraum von 2006 bis 2008, in dem die Truppe internationale Märsche unter der Führung des Hauptfeldwebels unternommen hatte. „Irgendwann habe ich es nicht mehr ertragen.“

    Der Zeuge schilderte, wie der Angeklagte sich nach einem 30-Kilometer-Marsch über einen Soldaten lustig gemacht habe, weil dieser wegen Blasen an den Füßen nicht mehr laufen konnte. „Er hat gesagt, der läuft, als wäre er in den Arsch gefickt worden.“ Was er noch angefügt haben soll, ist nicht druckreif, offenbart aber einiges an sexistischer Fantasie. „Ich habe mir das extra gemerkt“, so der 26-Jährige.

    Auch über zu viele Pfunde einer Soldatin soll der Angeklagte abfällige Bemerkungen gemacht haben. Ein 25-Jähriger Zeitsoldat berichtete, der Hauptfeldwebel habe ihm vorgeworfen, ein „Sozialschmarotzer“ zu sein und sich nur wegen des guten Verdienstes beim Eurokorps gemeldet zu haben.

    Sehr ambivalent war das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Untergebenen wohl, wie die Verhandlung zeigte. Einerseits, so ein Zeuge, seien viele anfangs begeistert gewesen von dem 41-Jährigen, der als eine Art väterlicher Freund für die Soldaten fungierte. Andererseits hat der Hauptfeldwebel scheinbar auch eine Neigung, Untergebene zu drangsalieren. „Ich habe mir gedacht, so geht es bei der Bundeswehr halt zu“, so ein 23-Jähriger, der zum Tatzeitpunkt gerade zwei Monate seinen Dienst angetreten hatte.

    „Er hat mich oft mit ,Frau‘ angesprochen“, klagte ein 25-jähriger Mann, der noch in Straßburg stationiert ist. Zudem habe der Hauptfeldwebel Fotos einer seltenen Hundeart in der Truppe gezeigt und mit dem Aussehen des 25-Jährigen verglichen. „So etwas ist unwürdig. So was macht man nicht.“ Er habe seinen Vorgesetzten immer mehr gehasst, fügte der Zeuge an.

    Der Hauptfeldwebel zeigte sich unbeeindruckt. „Viele Soldaten sind sportlich einfach nicht fit und zu wenig belastbar. Dass ich viel Wert auf Disziplin lege und meine Leute fordere, passt vielen eben nicht“, so der mehrfach ausgezeichnete Zugführer, der sich auch als Mobbingopfer sah.

    Die Vorwürfe der Soldaten hatten auch den Bundestag beschäftigt. Der Hauptfeldwebel musste sich in einem Disziplinarverfahren der Bundeswehr verantworten und wurde mit einem 18-monatigem Beförderungsverbot belegt.

    Das Gericht äußerte immer wieder Zweifel, ob der Tatbestand der entwürdigenden Behandlung im Sinne des Wehrstrafgesetzes tatsächlich erfüllt sei oder ob es sich juristisch betrachtet „nur“ um Beleidigungen handelte. Deswegen und weil der Angeklagte bereits durch die Beförderungssperre bestraft war, kam es zur vorläufigen Einstellung.

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