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Urspringen: Urspringen: Glockenjubiläum zieht Besucher magisch an

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Urspringen: Glockenjubiläum zieht Besucher magisch an

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    Seltener Anblick: Am Samstag konnten im Rahmen der Kirchweih die Glocken in der Läutestube der Urspringer Kirche besichtigt werden.
    Seltener Anblick: Am Samstag konnten im Rahmen der Kirchweih die Glocken in der Läutestube der Urspringer Kirche besichtigt werden. Foto: Eva Wienröder

    Zu einem außergewöhnlichen Konzert hatte Pfarrer Oliver Englert im Rahmen der Kirchweih eingeladen. Seit 70 Jahren verrichten die Glocken des evangelischen Gotteshauses ihren Dienst. Anlässlich des Jubiläums gab es ein kleines Glockenkonzert, bei dem alle vier Glocken ihren Soloauftritt hatten und dann in verschiedenen Variationen zusammen erklangen. Später bestand dann auch die seltene Möglichkeit, den Kirchturm zu besteigen und die Läutestube zu besichtigen.

    70 Jahre und kein bisschen leise: Auch in Zeiten des Internets und der digitalen Medien hätten die Kirchenglocken immer noch etwas zu sagen, als ein Medium, das sich zwar den Blicken, nicht aber den Ohren entziehe. Das schickte Pfarrer Englert dem Konzert voraus. Vorher hatten die drei großen der insgesamt vier Glocken bereits für fünf Minuten geläutet, so wie es vor einem Gottesdienst üblich ist. Und der Nachrichtendienst funktionierte, es strömten nämlich zusehends Menschen zum Kirchplatz und innerhalb kurzer Zeit hatten sich mehr als 30 Besucher dort eingefunden.

    Kleinste Glocke klingt nur an besonderen Tagen

    Den ersten Soloauftritt hatte die kleinste Glocke, die Glocke Vier. Pfarrer Englert kam dabei ein bisschen ins Schwärmen: "Mit ihrem glockenhellen Ton ist sie etwas Besonderes, unsere Kleinste". Mit ihrem Schlagton setzt sie dem Zusammenhang der anderen Glocken die Krone auf, deshalb klingt sie auch nur an besonderen Tagen mit. Im Verbund mit den anderen Glocken ist sie so an Weihnachten, Ostern und Pfingsten zu hören. Alleine erklingt sie bei Taufen. Die kleinste Glocke mit der Aufschrift "Ehre sei Gott in der Höhe" habe eine bewegte Geschichte, wie Englert erzählte. Während die drei anderen Glocken bereits am 6. November 1949 ihren Dienst aufnahmen, kam sie erst im Januar 1950 dazu, weil ihr erster Guss misslungen war.

    "Der Tod ist verschlungen von dem Sieg" trägt Glocke Nummer Drei. Die sogenannte Sterbeglocke ist schon etwas größer mit einem Durchmesser von 81 cm. Mit dem Schlagton kündet sie vom Tod eines Dorfbewohners. Es gehört dazu, dass sie ihr Läuten zweimal unterbricht. "Als würde sie die Luft anhalten, ob der Nachricht, die sie überbringen muss", merkte Englert nachdenklich an.

    Glocke als mahnende Stimme für Kinder

    Am vertrautesten dürften den Urspringern die zweitgrößte Glocke sein - sie erklingt dreimal am Tag: morgens, mittags und am Abend. "Früher hatte sie zur Schule gerufen, die Arbeit auf dem Feld oder in den Häusern unterbrochen und war mahnende Stimme für die Kinder am Abend, wieder nach Hause zu kommen", erinnerte Englert an vergangene Tage. Aber auch heute strukturiert sie noch den Tagesablauf und lädt zum Gebet ein. "Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet", so lautet ihre Inschrift. Die Gebetsglocke im Urspringer Kirchturm hat einen Durchmesser von 97 cm und wiegt stolze 560 Kilogramm. Ein Hammer, der neben der Glocke angebracht ist, schlägt auf ihr zudem die Viertelstunden. "Unsere Glocke Zwei gibt unserer Zeit hier in Urspringen also den Puls", merkte der Pfarrer schmunzelnd an.

    Die größte Glocke, Nummer Eins, ist mit dem Gewicht von gut über einer Tonne im wahrsten Sinne des Wortes ein Schwergewicht. Wie Englert zu berichten wusste, hatte ihr satter und voller Klang schon seinerzeit den damaligen Glockensachverständigen, den Würzburger Domkapellmeister Prof. Dr. Schömig, ins Schwärmen gebracht. Sie gibt dem Geläute der anderen drei Glocken ihr Fundament und gibt an, was die Stunde geschlagen hat. "Niemand hat größere Liebe, denn die, dass er sein Leben lässt für unsere Freunde" aus dem Johannes-Evangelium ist auf ihr zu lesen und damit bringe sie auch den Klang der Liebe ein.

    Englert: "Ein wahrhaft himmlischer Klang"

    Die Urspringer Kirchenglocken sind zweifelsohne allesamt etwas Besonderes. Zum Konzert erklangen sie einzeln und im Verbund in bekannten Kombinationen, wie etwa zum Beginn des Festgottesdienstes an den hohen Feiertagen oder auch in Zusammenstellungen, welche die Läuteordnung nicht vorsieht. So ließ Pfarrer Englert die beiden kleinsten Glocken zusammen erschallen. "Ein wahrhaft himmlischer Klang, wenn die beiden Kleinen zusammen musizieren", sagte der Geistliche und die Zuhörer konnten ihm da nur beipflichten.

    Eine Besonderheit der von der Gießerei Czudnochowsky aus Würzburg gefertigten Glocken ist auch, dass es sich um hochwertige Bronzeglocken handelt. Das war hinsichtlich der Kosten nach dem Zweiten Weltkrieg nicht selbstverständlich. Bürgermeister Stapf, der auch den Kauf der neuen Glocken angeregt hatte, engagierte sich dafür. Und die politische Gemeinde finanzierte den Kauf schließlich mit, indem sie den Erlös aus dem Verkauf von Holz aus dem gemeindlichen Forst zur Verfügung stellte.

    Am Samstagnachmittag nach dem Konzert gab es dann auch die Gelegenheit, den Glockenstuhl in Augenschein zu nehmen. Das Angebot stieß auf großen Anklang. Viele interessierte Besucher begaben sich die Treppe des Kirchturmes hinauf und zwängten sich über die letzten Stufen in die enge Läutestube. Von so viel Interesse - auch etliche Familien mit Kindern waren gekommen - war der Geistliche selbst überrascht, wie er einräumte. Er freute sich aber umso mehr.

    70 Jahre und kein bisschen leise: Pfarrer Oliver Englert hatte anlässlich des Glockenjubiläums zu einem Glockenkonzert auf den Kirchplatz eingeladen.
    70 Jahre und kein bisschen leise: Pfarrer Oliver Englert hatte anlässlich des Glockenjubiläums zu einem Glockenkonzert auf den Kirchplatz eingeladen. Foto: Eva Wienröder
    Ausblick: Vom Kirchturm aus genossen die Besucher den Ausblick auf Urspringen und Umgebung.
    Ausblick: Vom Kirchturm aus genossen die Besucher den Ausblick auf Urspringen und Umgebung. Foto: Eva Wienröder
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