Gerade mal zwei Schulsäle hatte einst die alte Schule von Heustreu. 1978 wurden diese jeweils durch eine Zwischenwand geteilt. So entstanden vier neue Räume – jedoch nicht mehr für Schüler, sondern es waren die ersten Büroräume der neuen Verwaltungsgemeinschaft Heustreu. „An ein paar Küchentischen haben wir damals angefangen“, erinnert sich Josef Krause noch genau. Denn der derzeitige Geschäftsstellenleiter hatte bereits vor 40 Jahren diesen Job.
Krause ist damit einer der ganz wenigen VG-Geschäftsstellenleiter in Bayern, die vier Jahrzehnte lang, von Beginn an bis jetzt, eine Verwaltungsgemeinschaft leiten. 16 Bürgermeister hat er seitdem erlebt. Und mit jedem von ihnen hat er sehr, sehr gut zusammengearbeitet, wie er betont. „Aber gescheppert hat es trotzdem manchmal“.
Aus drei Gemeinden wurde eine
Heustreu, Hollstadt und Unsleben hatten sich in der freiwilligen Phase vor 1978 bereits dafür entschieden, sich zu einer VG zusammenzuschließen. Mit der Besonderheit, dass sich zuvor erst Hollstadt, Wargolshausen und Junkershausen zu einer Gemeinde zusammenschließen mussten. Wargolshausen und Junkershausen waren als eigenständige Gemeinden zu klein. Denn die Vorgabe bei der Gebietsreform war laut Krause, dass Gemeinden in einer VG mindestens 1000 Einwohner haben sollten, die VG selbst dann mindestens 5000. So wurde am 1. Januar 1978 die Gemeinde Hollstadt mit ihren beiden Ortsteilen gegründet. Die VG-Gründung folgte vier Monate später am 1. Mai.
Die 5000er-Grenze hat die VG dann aber erst geschafft, als Wollbach dazukam. „Dort hielt sich die Begeisterung allerdings in Grenzen“, weiß Krause noch gut. „Wollbach wollte eigentlich nach Bad Neustadt“, so Krause. Das war in der Zeit ab 1972, als die Gemeinden Wünsche äußern konnten, mit wem sie zusammengehen wollten. Amtsrat Hermann Langental, der damals für die Kommunalaufsicht am Landratsamt in Bad Neustadt zuständig war und damit ein wichtiges Wort bei der Gebietsreform mitredete, hat die Wollbacher dann aber überzeugt. „Heute sind die Wollbacher, glaub' ich, ganz zufrieden“, sagt Krause.
Viele neue Bauflächen
Mit Wollbach zusammen hatte die VG dann rund 5500 Einwohner. Diese Zahl hat sich bis heute kaum geändert, erklärt Krause. Sehr wohl geändert hat sich allerdings, dass für die gleichbleibende Zahl an Einwohnern in den vergangenen vier Jahrzehnten viele neue Bauflächen ausgewiesen werden mussten.
Als die Verwaltung für die vier Gemeinden in die Heustreuer alte Schule einzog, war man sehr sparsam. Das Mobiliar kam aus den ehemaligen Gemeindeverwaltungen. Es gab gerade einmal zwei neue Schreibtische. „Das waren die für Helmut Späther und für mich“, erinnert sich Krause. Späther und Krause, das sind so etwas wie die Urgesteine der VG Heustreu. Späther war Kämmerer und ging erst im vergangenen Jahr – nach 39 Jahren in der VG Heustreu – in den Ruhestand.
Alte Hasen
Krause und Späther waren nicht allein, als der VG-Betrieb begann. In jeder Gemeinde gab es ja zuvor Gemeindeschreiber und Kassierer. Jeweils einer wurde aus allen vier Orten als Mitarbeiter in die Verwaltungsgemeinschaft übernommen.
Dass in den Zeiten der Gebietsreform natürlich jede Gemeinde möglichst wenig von ihrer Eigenständigkeit abgeben wollte – auch kein Bürgermeister –, das war klar, so Krause. Mit Richard Radina in Hollstadt, Gosbert Kergaßner in Unsleben, Otto Valentin in Wollbach und Konstantin Werner in Heustreu, der allerdings nicht mehr wieder antreten wollte, waren ja schließlich alte Hasen in Amt und Würden.
Bewährtes Konstrukt
Da hat sich das Konstrukt der Verwaltungsgemeinschaften aus der Sicht von Krause sehr bewährt. Es lässt jeder Gemeinde ihre Entscheidungshoheit, entlastet aber vor allem die Bürgermeister von vielen Verwaltungsarbeiten. Dass es die VGs immer noch gibt, sieht Krause als Beleg dafür, wie gut sie funktionieren. Vor 40 Jahren sei man von staatlicher Seite nämlich eher davon ausgegangen, dass aus den Verwaltungsgemeinschaften früher oder später doch noch Einheitsgemeinden würden. Eine Entwicklung, die jedoch nicht eintrat. Die VG-Gemeinden blieben selbstständig.
Und sie arbeiten gut zusammen, wie Heustreus Bürgermeister und derzeitiger VG-Vorsitzender Ansgar Zimmer mit dem Hinweis darauf feststellt, dass es keine Reibereien zwischen den Mitgliedsgemeinden der VG Heustreu gibt. „Das ist ein Geben und ein Nehmen.“ Und das funktioniere auch beim Abwasserzweckverband gut, der – eher eine Ausnahme – ebenfalls bei der VG angedockt ist. Und Hollstadts Bürgermeister Georg Menninger verweist nicht ohne Stolz darauf, dass es in den vergangenen 40 Jahren bei der VG Heustreu keine Skandale gab.
Mehr Zusammenarbeit
Krause denkt nicht, dass die VGs größer werden müssen. Mehr Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Verwaltungsgemeinschaften hält er dagegen für notwendig, einfach um Ressourcen besser zu nutzen. In kleineren VGs, so erklärt er, gibt es für bestimmte Sachgebiete oft nur einen Fachmann oder eine Fachfrau. Da wäre es seiner Ansicht nach doch gut, wenn bei Krankheit oder Urlaub eine Fachkraft einer anderen VG weiterhelfen könnte. Oder bestimmte VGs spezialisieren sich auf bestimmte Fachgebiete und tauschen sich untereinander aus.
„Man muss das Rad nicht immer wieder neu erfinden“, sagt Krause in diesem Zusammenhang. Die Arbeit, die sich die Mitarbeiter einer VG beispielsweise mit einer neuen Satzung gemacht haben, müssten andere VGs doch nicht noch einmal machen. Oft reiche da eine einfache Anpassung. In diese Richtung geht die Arbeit heute schon, erklärt Krause. Ein Anruf bei einer benachbarten VG mit der Frage „Hast du so was schon mal gemacht?“, ist demnach jetzt schon üblich.
Noch bis nächstes Jahr wird Krause die VG Heustreu leiten. Dann geht er in Ruhestand. Seine Nachfolge als Geschäftsstellenleiter ist bereits geregelt. Christina Saal, die bisher für die Kasse der VG verantwortlich ist, wird dann die Geschäftsleitung der VG Heustreu übernehmen.
40 Jahre Verwaltungsgemeinschaften in Rhön-Grabfeld Sieben Verwaltungsgemeinschaften gibt es im Landkreis Rhön-Grabfeld. Am 1. Mai konnten sechs davon 40. Betriebsjubiläum feiern. Denn 1978 hat die ab dem 1.5.1972 umgesetzte Landkreisreform ihren Abschluss gefunden. Die Gemeindegebietsreform wurde zunächst in der Freiwilligkeitsphase zum 1.5.1972 und hauptsächlich zum 1.5.1978 umgesetzt. Am 1.5.1978 wurden gegründet: Fladungen, Ostheim, Heustreu, Saal, Bad Königshofen und Bad Neustadt. Die VG Mellrichstadt gibt es schon seit 1975, sie war die Erste in Unterfranken. Die VG Elstal – Oberelsbach und Bastheim – wurde zwar auch 1978 gegründet, aber vor 1980 wieder aufgelöst. In einer Serie wollen wir deshalb an diese Gründungen erinnern und hinter die Kulissen der Verwaltungsgemeinschaften blicken.