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BAD NEUSTADT: Vision: Kapitalismus mit menschlichem Antlitz

BAD NEUSTADT

Vision: Kapitalismus mit menschlichem Antlitz

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    Referierte zum vierten Mal im Bildhäuser Hof: der Soziologe Armin Pongs aus München.
    Referierte zum vierten Mal im Bildhäuser Hof: der Soziologe Armin Pongs aus München. Foto: FOTO Stefan Kritzer

    (kri) Längst wird in den politischen Fraktionen der Bundesrepublik eifrig diskutiert. Und nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern der Europäischen Union denkt man darüber nach. Die Rede ist von einem einheitlichen Bürgereinkommen, das der Staat finanziert.

    Kein Durcheinander mehr in den ohnehin knappen Rentenkassen, kein Arbeitslosen- und kein Hartz-IV-Geld mehr. Kein Kindergeld, aber stattdessen eine satte Konsumsteuer. Das alles wäre realisierbar, gäbe es ein bedingungsloses Bürgereinkommen, ein Einkommen, das jeder und wirklich jeder deutsche Staatsbürger erhält. Oder besser: jeder europäische Bürger.

    Die Idee ist nicht neu, aber sie wird in Anbetracht implodierender Rentenkassen und der demografischen Entwicklung in Deutschland zunehmend diskutiert. Die Einführung eines solchen Bürgereinkommens würde Jahre dauern und eine vollständige Umwandlung des heutigen Finanzierungssystems bedeuten.

    Aber warum nicht eine solche Vision entwickeln? Der Soziologe und Buchautor Armin Pongs aus München vertrat bei seinem Vortrag im Bildhäuser Hof mit Engagement die Idee – nicht die Ideologie –, wie er betonte, eines bedingungslosen Bürgereinkommens. Als Grund nannte Pongs die Finanzsituation Deutschlands und Europas. „Die heutige Steuerpolitik geht an den globalen Herausforderungen vorbei”, sagt er. Deshalb denkt Pongs einfach mal anders. Egal ob Hilfsarbeiter oder Millionär, ob Krankenschwester oder Chefarzt. Ob Kleinkind oder Rentner. Jeder sollte ein Einkommen vom Staat erhalten, das die Grundexistenz schon mal absichert. Miete, Krankenkasse und ein bisschen Haushaltsgeld sollten es schon sein. Mindestens 500 Euro pro Person, Kinder anteilig weniger.

    Die Experten haben längst schon mal ihren Taschenrechner bemüht und fleißig addiert. Da kommen Milliardenbeträge zusammen. Aber, und da sind sich viele der Experten einig, machbar wäre das mit dem Bürgereinkommen. Mit einiger Vorlaufzeit, versteht sich.

    Im nahen Thüringen wird mit einem bedingungslosen Bürgereinkommen bereits experimentiert, so Armin Pongs. Die Marktwirtschaft erhielte auf diesem Weg ihre soziale Komponente zurück. Oder, wie es Pongs formulierte: „Das wäre Kapitalismus mit menschlichem Antlitz”.

    Gründe für den Wechsel auf ein einheitliches Bürgereinkommen sieht Armin Pongs zur Genüge. Die Politik predigt heute noch die Mär von der Vollbeschäftigung für alle. Doch die ist in einem geeinten Europa innerhalb globaler Märkte nicht mehr zu halten. Nur noch 22 Millionen von insgesamt 36 Millionen Arbeitern sind in Deutschland vollbeschäftigt. Tendenz fallend. Die großen Unternehmen bauen weiter Arbeitsplätze ab. Die daraus resultierende steigende Arbeitslosigkeit sorgt für Frust in Millionen Familien.

    Die Sorge um das tägliche Brot wäre nicht mehr da, gäbe es ein bedingungsloses Bürgereinkommen. Wer bescheiden lebt, der braucht dann wenig bis gar nicht mehr zu arbeiten. Wem das aber nicht reicht und wer seinen Lebensstandard etwas höher ansetzt, der kann sich seinen Job aussuchen. Kann viel oder wenig arbeiten und trotzdem Karriere machen und trotzdem viel Geld verdienen. Ein Abrutschen in die Armut wäre beinahe ausgeschlossen. „Das Bürgereinkommen ermöglicht Freiräume zur Selbstentfaltung“, sagte Pongs. „Jeder sucht sich Arbeit nach seinem Gusto“. Dass die heutige Politik allzu oft nur bis zur nächsten Wahl denkt und solchen Visionen wenig Raum zugesteht, ist offenkundig. Aber die Idee kann ja mal jeder in einer Demokratie lebende Bürger weiterverfolgen. „Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, dass die Europäische Union einmal 27 Länder beinhaltet und mit einem starken Euro eine beinahe einheitliche Währung besitzt“, sagte Pongs. Und das könnte sich mit dem Bürgereinkommen wiederholen. In 20 Jahren ist es vielleicht selbstverständlich.

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