Das Grüne Band, ein fast durchgängiger Streifen relativ unberührter Natur hat sich entlang der Grenze entwickelt, die sich durch ganz Europa zog. Fast 40 Jahre lang teilte der eiserne Vorhang in Europa Ost und West und durchquerte 24 europäische Staaten vom Eismeer im Norden Norwegens bis zum Schwarzen Meer an der Grenze zur Türkei. Die Unmenschlichkeit dieser über 8500 Kilometer langen Grenze ist den Betroffenen auch nach mehr als 20 Jahren nach der Maueröffnung immer noch bewusst. Mauer, Stacheldraht, Wachtürme und Minen trennten Familien, Freunde und Wirtschaftsbeziehungen über Jahrzehnte.
Für die Natur war der Grenzstreifen jedoch ein Gewinn, er wurde zum Rückzugsgebiet für vom Aussterben bedrohte Tierarten und seltene Pflanzen. Nicht umsonst wurde das „Grüne Band“ als das „Tafelsilber der Deutschen Einheit“ bezeichnet und im November 2005 zum „Nationalen Naturerbe“ ausgerufen. Besonders die Weltnaturschutzunion und der BUND haben dieses Gebiet unter ihre Fittiche genommen. Es gibt Exkursionen und Freizeitangebote von verschiedenen Veranstaltern, aber nirgends in Europa wird am „Grünen Band“ innerhalb einer festen Station das Gesamtprojekt beworben, wie es in Zukunft in Höchheim geschehen soll, sagt Ingenieur Raimund Böhringer, dessen Büro den Auftrag für die Umgestaltung des örtlichen Burgguts erhalten hat. Neben einer Dauerausstellung soll ein Erlebniszentrum mit Seminarbetrieb, Burgforum und eventuell Burg-Café aufgebaut werden (wir berichteten). International und grenzüberschreitend müsse man denken, denn das Grüne Band sei ein europäisches Projekt, entsprechend groß seien die Möglichkeiten, Gäste aus dem Ausland für einen Aufenthalt mitten in Deutschland zu gewinnen und ihnen mit Exkursionen, ökologischem Feldlabor, „Walking Safaris“ und ähnlichem ein unvergessliches Programm zu bieten.
70 Prozent Zuschuss
Welche Tragweite das Projekt hat, signalisiert die EU durch einen Zuschuss in Höhe von 70 Prozent, der für den Umbau in Aussicht gestellt wurde. Allen Naturschützern war nach der Grenzöffnung klar, welche Bedeutung das Gebiet entlang des eisernen Vorhangs in Bezug auf die Biodiversität hat. Darunter versteht man nicht nur die Artenvielfalt allgemein, sondern auch die Vielfalt von Ökosystemen.
50 bis 200 Meter breit ist der Streifen, der in Deutschland das Rückgrat eines einzigartigen nationalen Biotopverbunds und gleichzeitig ein Symbol deutscher Zeitgeschichte ist, das es zu erhalten gilt.
Dass dies nicht überall auf Verständnis stößt, zeigen Beispiele in mehreren Ländern, wo der Grenzstreifen für die Landwirtschaft freigegeben und damit eine Unterbrechung zugelassen wurde. Auch andere Maßnahmen gefährden den Bestand des Grünen Bandes und machen die Vernetzung von Schutzgebieten unmöglich, wie die zunehmende Abholzung und der Neubau von Verkehrsinfrastruktur wie Autobahnverbindungen in Mitteleuropa und auf dem Balkan. In Deutschland sind derzeit etwa 85 Prozent des Grünen Bandes in einem naturnahen Zustand.
Das Grüne Band Europa wurde in drei Hauptabschnitte unterteilt, um leichtere Koordination zu ermöglichen: Für Mitteleuropa hat das BUND-Projektbüro Grünes Band die regionale Koordination übernommen. Zu diesem Abschnitt gehören Deutschland, Tschechien, Österreich, Slowakei, Ungarn, Slowenien, Italien und Kroatien.
Auch wenn noch nicht alle Bedingungen, unter denen das in Höchheim angestrebte Zentrum laufen soll, geklärt sind, wie die Gründung einer Trägergemeinschaft und das Tragen der laufenden Kosten, geht die Planung weiter. Anfang Juli treffen sich Vertreter der vier Schullandheime und Gästehäuser aus Rappershausen, Gleichberge, Salem und Sambachshof zu einer Besprechung zum Thema „Kooperation - Übernachtung für das Erlebniszentrum“. Da im Burggut selbst keine Zimmer angeboten werden, könnten die Gäste in den vorhandenen Einrichtungen ein Domizil finden - das würde auch für diese Häuser höhere Auslastung bedeuten und sich positiv auf die Umgebung auswirken.