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Von der Garnison zur Gartenschau

Mellrichstadt

Von der Garnison zur Gartenschau

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    In Kitzingen war die Sache von Anfang an klar: Wenn das mit der Gartenschau klappen sollte, müssten der Main und Etwashausen als Gärtnereistadt im Mittelpunkt stehen. Das war 1999, als die CSU erstmals im Stadtrat die Idee präsentierte. Was man damals zwar ahnen, aber nicht wissen konnte: Sieben Jahre später hätte ein ganz anderes Gelände zur Verfügung gestanden. Durch den Abzug der Amerikaner verwaiste plötzlich fast ein Drittel der Stadt und fiel in den Dornröschenschlaf.

    Gehen wir mal in die Hätte-Wenn-und-Wäre-Ecke und stellen uns vor, dass zeitlich alles ein wenig anders gelaufen wäre. Dann hätte man vielleicht das Thema Main und Gärtnerei kurzerhand zur Seite geschoben und sich auf die freistehenden Flächen konzentriert. Wie so etwas aussehen könnte, zeigt das Beispiel der Stadt Hemer. Die liegt im nordrhein-westfälischen Sauerland im märkischen Kreis und richtet dieses Jahr eine Landesgartenschau aus. Zur Eröffnung im Frühjahr hob NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers die Ungewöhnlichkeit des Projektes so hervor: „Die Stadt Hemer nutzt die Chance eines großen städtebaulichen Neubeginns und bezieht vorhandene und markante Gebäudestrukturen des rund 30 Hektar großen ehemaligen Bundeswehrgeländes der Blücher-Kaserne ein.“

    „Die Stadt Hemer nutzt die Chance eines großen Neubeginns.“

    NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers bei der Gartenschau-Eröffnung

    Und das kam so: Im November 2004 stand fest, dass die Blücherkaserne auf der Liste der 100 Standorte ganz oben rangierte, die der Bund letztendlich geschlossen hat. Die Situation in Hemer: 28 Hektar Kasernengelände mitten im Stadtkern. Im Oktober 2006 wurden schließlich die ersten Pläne in Richtung Landesgartenschau erarbeitet, ein Jahr später bekam man den Zuschlag.

    Die Stadt machte sich selber Mut: Das Aus eines Bundeswehrstandorts ist das Ende einer Ära – zugleich aber auch ein Anfang. Normalerweise läuft es so: Vielerorts entstanden aus ehemaligen Kasernengeländen Wohn- oder Industriegebiete. Das nennt man dann gerne Konversion und bedeutet nichts anderes als die Umwandlung von militärischer in zivile Nutzung.

    Hemers Bürgermeister Michael Esken (CDU) ging einen anderen Weg und holte die 15. NRW-Landesgartenschau in seine Stadt. Ein griffiger Titel war schnell gefunden: „Zauber der Verwandlung“. Eine Verwandlung, die so aussieht: Aus einer Kaserne wurde auf 360 000 Quadratmetern ein blühender Gartenschau-Park. Darin 816 neu gepflanzte Großbäume, 40 000 Quadratmeter neue Rasenfläche, 1,5 Hektar Wildblumenwiese, ein Park der Sinne, 2000 Meter Heckenpflanzungen, 3700 Meter Rundweg, 15 Mustergärten, zehn neue Straßen, 7000 Quadratmeter neue Gehwege, eine 4500-Quadratmeter-Skateranlage, Aussichtsturm, Multifunktionshalle, ein Platz für 7500 Konzertbesuchern, bis zu 3500 Quadratmeter große Spielplätze sowie Riesen-Irrgarten. Investitionsvolumen: 42 Millionen Euro.

    Nicht nur im ehemaligen Kasernengelände wurde in die Hände gespukt – nebenbei brachte man auch in der Innenstadt einiges auf Vordermann, trieb die Stadtentwicklung voran und zog Projekte vor, die erst in 15 oder 20 Jahren vorgesehen waren.

    Die Kürze der Zeit bedeutete für die Landschaftsarchitekten Christof Geskes und Kerstin Hack vor allem eines: Stress pur. Ihnen blieben 21 Monate Zeit vom Baubeginn im August 2008 bis zur Eröffnung am 17. April 2010. Das größte Problem: Aus der Tristesse des verlassenen Kasernengeländes – unter den Nationalsozialisten Kriegsgefangenenlager und von 1956 bis 2004 Bundeswehrstandort – einen neuen, belebten Stadtteil zu machen und einen angrenzenden Höhenzug samt Naturschutzgebieten einzubinden.

    Der Höhenunterschied wurde gelöst, indem man das auffälligste Objekt der Gartenschau baute: Eine 70 Meter hohe „Himmelsleiter“ mit 343 Stufen, die von den Kasernenhöfen in den angrenzenden Berg führt. Ein massives Treppenbauwerk, das an einem hölzernen Aussichtsturm endet.

    Für Hemer bedeutet die Gartenschau neben Fördermitteln vor allem den Wandel. Die Betonung der landschaftlicher Reize soll auch künftig touristische Perspektiven eröffnen. Etwa so: Der einstige Exerzierplatz, verkleinert auf die Hälfte, kann mit Wasser gespeist werden und wird bei Bedarf zum 800 Quadratmeter großen, wenige Zentimeter tiefen Wasserbecken. In die umliegenden Kasernengebäude zog eine Schule ein. Außerdem eine neue Gedenkstätte, die die Geschichte des Ortes aufarbeitet.

    Damit fühlt man sich gerüstet für die Zeit nach der Gartenschau, die am 24. Oktober endet. Dann erhalten die Hemer einen Gartenschaupark als Erholungsgelände mit all seinen Attraktionen.

    Dazu gesellt sich ein weiterer Glücksfall: Bereits jetzt steht die Ansiedlung des Zentrums für Sicherheits- und Katastrophenschutztechnik (ZSK) fest, das bis zu 500 Arbeitsplätze schafft.

    ONLINE-TIPP

    Mehr Informationen unter www.landesgartenschau-hemer.de

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