Der Mietendeckel ist tot. Die Mietpreisbremse greift nicht so recht. Nur das Wohngeld aus den 1960er-Jahren funktioniert. Heuer wieder mal als "Zuckerle" zur Bundestagwahl. Denn 2020 wurden überall und auch im Kreis Rhön-Grabfeld die Einkommensgrenzen angehoben und dürften für einen Anstieg der Wohngeldempfänger im Jahr 2020 und 2021 sorgen, heißt die Prognose. Fakten gibt es für 2019. Da waren es zum Jahreswechsel nach 2020 bei uns insgesamt 215 mit Wohngeld unterstützte Haushalte.
Geld bekommen Menschen, deren Miete sonst für sie nicht bezahlbar wäre, aber auch Hausbesitzer, die mangels Einkommen mit dem Unterhalt ihres Häusles Probleme haben. Im Kreis Rhön-Grabfeld lag das durchschnittliche Wohngeld zuletzt bei 150 Euro. Das führte zu Platz 169 unter 405 ausgewerteten Städten und Kreisen inklusive Stadtstaaten. Spitzenreiter ist der Kreis Offenbach in Hessen. Dort lag das durchschnittliche Wohngeld zuletzt bei 242 Euro. Seit Jahresanfang 2021 funktioniert das Wohngeld auch noch als Notbremse bei der CO2-Bepreisung: Wohngeldempfänger bekommen einen Zuschlag, der die Mehrkosten bei der Heizung abfangen soll.
215 Wohngeld-Haushalte in Rhön-Grabfeld
Dass die Menschen im Kreis Offenbach mehr als die im Kreis Rhön-Grabfeld bekommen liegt daran, dass ihre Mieten besonders hoch sind. Denn je nach Kreis oder Ort und lokalen Mieten gelten Mietenstufen und Höchstbeträge, die den Betrag bestimmen, bis zu dem die Miete durch das Wohngeld bezuschusst wird. Ein Beispiel: Für zwei Personen in der niedrigsten Stufe sind es 409 Euro. In der Mietenstufe 6 sind bis zu 697 Euro Miete zuschussfähig. Das war bisher der Höchstbetrag. Aber ab 2020 wurde jetzt auch eine Mietenstufe 7 eingeführt, weil die Bandbreite nicht mehr reichte. Mietenstufe 7 deckt jetzt bis zu 767 beim Paar und bis zu 1217 Euro bei einer fünfköpfigen Familie ab. Wohlgemerkt, das ist die Miete, nicht der Zuschussbetrag. Denn dessen Höhe hängt vom Einkommen ab.
An Zuschuss hat ein Wohngeldhaushalt im Kreis Rhön-Grabfeld bis zum 31. Dezember 2019 (das sind die neusten Daten) durchschnittlich 150 Euro pro Monat erhalten und es gab 215 Empfänger-Haushalte (2018: 224). Nach den Daten der Regionaldatenbank der Statistischen Landesämter wurden 178 Haushalte bei der Miete unterstützt (137 Euro im Monat), 37 Haushalte erhielten Lastenzuschuss (214 Euro pro Monat), sprich, sie hatten ein eigenes Häuschen oder eine Eigentumswohnung. Insgesamt wurden im Kreis Rhön-Grabfeld 2019 rund 0,39 Millionen Euro ausbezahlt. (2018: 0,36 Millionen Euro).
Die Geschichte des Wohngeldes
Das Wohngeld hat eine lange Geschichte. Wenn wir in heutigen Begrifflichkeiten arbeiten, war es die Mietpreisbremse 1.0, die in den 1960er-Jahren erfunden wurde. Das Problem damals: zu wenig Wohnungen, zu hohe Mieten. Die Lösung: Als 1965 das erste Wohngeldgesetz beschlossen wurde, sollte es Einkommensschwachen helfen, ihre Miete zu bezahlen oder ein Häusle behalten zu können. Das Wohngeld wird deswegen seitdem nur zusätzlich zum Einkommen aus Arbeit oder Rente als Mietzuschuss bei Mietern oder Lastenzuschuss bei Eigentümern gezahlt.
Eigenes Einkommen ist also Voraussetzung, um Staatshilfe zu bekommen. Tragbar schien damals für eine vierköpfige Familie mit über 1000 DM monatlich ein Anteil der Miete von 21 Prozent, sprich bei 210 Mark Miete gab's nichts. Für eine Familie mit acht und mehr Köpfen und einem Einkommen von 200 DM sah die Tabelle fünf Prozent als Eigenanteil an - 10 DM. Den Rest der Miete übernahm der Staat. Bund und Länder zahlen das Wohngeld je zur Hälfte.

Mehr Wohngeldempfänger in der Stadt
Heute gibt es für eine vierköpfige Familien mit 2300 Euro Einkommen und einer Miete von 740 Euro beispielsweise 262 Euro. Über den Daumen gepeilt und ohne Gewähr, weil die Berechnung recht kompliziert geworden ist. In der Stadt gibt es mehr als auf dem Land. Es gibt zwar Wohngeldrechner im Internet, aber die liefern nur einen Daumenpeilwert, weil die Berechnung des maßgebenden Einkommens nicht so einfach ist. Die Rechner zeigen aber, dass das 21-Prozent-Mieteanteil-am-Einkommen-Ziel aus den Sechzigern heute wacker verfehlt wird: Da wären bei der Beispielfamilie nur 483 Euro Miete zu berücksichtigen.
Der gute Rat an die Zielgruppe heißt, lasst das beim Amt ausrechnen. Aber lasst es ausrechnen. Auch weil es seit Jahresanfang Extrageld gibt: "Wohngeldhaushalte werden gezielt bei den Heizkosten entlastet, um soziale Härten im Kontext der CO2-Bepreisung zu vermeiden", sagt die Bundesregierung. 12, 13, 14 Euro pro Monat sind drin. Und Wohngeld wird jetzt auch regelmäßig erhöht, nicht nur zufällig vor Bundestagswahlen: Die Dynamisierung des Wohngeldes wird ab 2022 eingeführt. Das Wohngeld wird regelmäßig alle zwei Jahre an die eingetretene Miet- und Einkommensentwicklung angepasst. Das ist jetzt gesetzlich geregelt.
Aber wenn der Oldtimer rund läuft, warum dann Mietpreisbremse 2.0 und die blutige Nase beim Mietendeckel? Es geht um Geld: Beim Wohngeld müssen Bund und Länder ins eigene Kässle greifen, Mieter werden entlastet. Das Geld landet aber am Ende beim Vermieter, der seine Marktmiete bekommt. Mietpreisbremse und Mietendeckel sind Regelungen, bei denen der Staat per Gesetz dem Vermietenden mit der schlichten Anweisung in die Kasse greift, was er kassieren darf. Sagen wir mal so: Wohngeld gibt's für bundesweit 479 245 Haushalte, von denen wir wissen, dass ihr Einkommen niedrig ist, Mietpreisbremse ist auch etwas für Einkommensstärkere. Wählende sind beide Gruppen und über die Hälfte der Haushalte wohnt zur Miete. Schätzungsweise und mal mehr, mal weniger, je nach Wohnort und Wahlkreis.