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SCHWEINFURT: 60 Jahre im Karton

SCHWEINFURT

60 Jahre im Karton

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    Das Ehepaar Karin und Hans-Georg Dörken brachte eine alte Schachtel mit der Aufschrift „ausgebombte Gemälde“. Im Innern befanden sich sechs Bilder von Geiger und aus dem Umfeld der Malerfamilie – alle stark ramponiert, mit Löchern, Rissen und verbogenen Rahmen. Eingebettet waren sie in einen alten Vorhang. Der Karton war ausgelegt mit einer Ausgabe des Schweinfurter Tagblatts vom 13. Juni 1950.

    Die Kunstwerke stammen wohl aus dem Haus in der Kirchgasse, das der Farbenfabrikant Wilhelm Sattler 1819 für seine Familie und sein Unternehmen gebaut hatte. Sattler war der Schwiegersohn von Conrad Geiger, hatte dessen künstlerisch begabte Tochter Catharina im Atelier ihres Vaters kennengelernt.

    Im Zweiten Weltkrieg wurde das Anwesen Kirchgasse zerstört. Die meisten Kunstgegenstände hatte die Familie in umliegenden Dörfern ausgelagert, einiges muss aber im Haus geblieben sein, wurde bei den Bombenangriffen zerstört oder stark beschädigt. Bei Aufräumarbeiten hat man dann offensichtlich die sechs Bilder gefunden und in den Karton gepackt, kurz bevor das Gelände an die Stadt verkauft wurde. Die ließ die Trümmer wegräumen und legte einen Parkplatz an. Später wurde hier eine Tiefgarage gebaut.

    Bewohnerin des Hauses damals war die Ärztin Dr. Charlotte Sattler, letzte Trägerin des berühmten Namens, die sich als Sachverwalterin der Familie Geiger/Sattler verstand. Als sie umzog, nahm sie auch jenen Karton mit. 1996 starb Charlotte Sattler, ihr Neffe Hans Georg Dürken mit Frau zog ins Haus. Die beiden hatten den Museen und Galerien bereits ein Skizzenbuch von Geiger und eine Kassette mit Malutensilien geschenkt, die im 2007 eingerichteten Geiger-Raum im Museum Altes Gymnasium zu sehen sind. Nun entschlossen sie sich, auch die alte Schachtel mit den „ausgebombten Bildern“ zu schenken.

    Tuch mit Monogramm

    Obenauf lag ein weißes Leinenhandtuch mit Monogramm. Darunter, in einen alten Vorhang gewickelt, zwei kleine Gemälde. Das Ölbild auf Holz ist völlig verzogen, der schwarze Rahmen kaputt. Es ist die Darstellung eines Blinde-Kuh-Spiels, von dem es in Schweinfurter Privatbesitz eine aquarellierte Federzeichnung gibt. Das Ölbild ist eindeutig von Conrad Geiger, sagt Schneider. Daneben lag ein Pastell, das Porträt eines Benjamin Raßdörfer. Es trägt die Signatur „1794, F. A. Schöner“. Der war ein Neffe von Conrad Geiger, hatte bei ihm gelernt, bevor er in die Welt zog, um zu studieren.

    Die nächste Schicht brachte zwei extrem ramponierte kleine Ölbilder auf Blech zu Tage, zwei Porträts von Mann und Frau. Weder der Maler noch die Abgebildeten sind bekannt. Bei dem Gemälde darunter gibt es keinen Zweifel: Es zeigt, so die blaue Schrift auf der Rückseite, „Frau Geiger, geb. Schoener, Gemahlin von Conrad Geiger“ als sehr junge, sehr schöne Frau. 1776 hatte sich Geiger bei einem Studienaufenthalt auf Schloss Rüdenhausen in die Demoiselle Schöner aus Schweinfurt verliebt. Er beschloss deshalb, sich „in den Schoos der alten Reichsstadt zu setzen und sein Maler-Atelier in ihr aufzuschlagen“. Auch dieses Gemälde auf Pappe ist stark beschädigt, könnte aber – ist sich Schneider sicher – restauriert werden.

    Allerdings kann er sich vorstellen, nicht alle „ausgebombten Gemälde“ restaurieren zu lassen, sondern zusammen mit Schachtel, Vorhang und vergilbtem Tagblatt aufzubewahren – quasi als Zeitdokument. Ganz unten im Karton lag noch eine Gouache auf Papier, mit etlichen Löchern und einem ramponierten goldenen Rahmen. Gemalt wurde es 1867 von Johann Ernst Sattler, Kunstmaler zu München. Er war ein Enkel von Wilhelm Sattler und hat die Peterstirn ausgemalt.

    Conrad Geiger wurde 1751 in Erlangen geboren und lernte beim Nürnberger Maler Johann Georg Reuß. 1780 heirateten Geiger und Barbara Schöner. 1783 kam Tochter Margarethe zur Welt, 1789 Katharina, die später Wilhelm Sattler heiratete. Ein Sohn starb im Alter von zwei Jahren. In fast 40 Jahren schuf Geiger ein umfangreiches Werk für bürgerliche Auftraggeber der Reichsstadt, aber auch für den Adel und die Klöster der näheren und weiteren Umgebung. Er starb an einer Krankheit, die „Nerven-schlagfluss“ genannt wurde.

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