50 Jahre sind eine lange Zeit, in der sich viele Erinnerungen aufbauen. Ernstes und Heiter-Anekdotisches, Politisches und Persönliches erzählen Menschen, die die deutsch-französische Städtepartnerschaft über lange Zeit, teilweise seit Beginn, begleitet haben.
1. Inge und Günter Engert: In Mamers gab's schon Bier aus einer Wanne

Von Anfang an sind Günter und Inge Engert dabei. Ihr erster Besuch in Mamers war im Jahr 1972. Da saßen die Engerts zusammen mit Wolfgang Lutz und Bernd Weierich am Tisch von Alphonse und Thérèse Rocher, die große Befürworter und Initiatoren einer Partnerschaft waren. An diesem Tisch wurde viel hin- und hergerichtet und so lange improvisiert, bis alle Platz hatten. "Das war Gastfreundschaft aus dem Stegreif", erinnert sich Günter Engert, der die fünf Jahrzehnte der Partnerschaft umfassend mit unzähligen Fotos dokumentiert hat.
Lange genießen konnten die Engerts diese Gastfreundschaft allerdings nicht, denn sie erfuhren von einem plötzlichen Todesfall in ihrer unmittelbaren Umgebung daheim. Ohne auch nur einmal in Mamers übernachtet zu haben, fuhren sie nach Gerolzhofen zurück.

"Doch dieser kurze Aufenthalt hat uns den Kick gegeben, wo wir gemerkt haben, was Partnerschaft bedeutet. Das hat uns menschlich viel gegeben und mit Vereinsarbeit nichts zu tun", sagt Günter Engert. Und seine Frau ergänzt: "Immer, wenn wir seitdem nach Mamers kommen, sind wir heimgekommen."
Die Freundschaft vertiefte sich so weit, dass die Engerts sogar zusammen mit den Rochers und der Familie von Dieter Pannewig nach Spanien in den Urlaub fuhren. Und auch im Hause Engert waren über die Jahrzehnte viele Franzosen untergebracht.
Eine Anekdote erheitert die Engerts heute noch, auch wenn sie sie nicht selbst miterlebt haben. Es geschah bei einem der vielen bayerischen Feste in Mamers. Da gab es Fassbier von der Brauerei Hochrhein und die Franzosen hatten ihre liebe Mühe, den schäumenden Gerstensaft in die Maßkrüge zu bringen. Irgendwann wurde es ihnen zu viel und sie ließen das Bier einfach in eine Wanne laufen. Aus dieser schöpften sie dann die Maßkrüge voll.
2. Hannelore Hippeli: Rekordhalterin an der Spitze des Partnerschaftskomitees

Hannelore Hippeli ist die Rekordhalterin unter den Gerolzhöfer Präsidenten des Partnerschaftskomitees. 21 Jahre lang arbeitete sie unermüdlich an der Freundschaft. Höhepunkte waren für sie die Jubiläumsfeiern alle fünf Jahre. "Das hat sehr viel Arbeit gemacht, aber ich habe das gerne getan. Das Gelingen der Begegnungen war dann immer der schönste Lohn", sagt sie. Wichtig für sie ist es, dass nach Corona-Jahren ein lebendiger Neustart der Partnerschaft gelingt. Das traut sie ihrer Nachfolgerin Anja Hümpfner unbedingt zu. "Auf Anja habe ich lange gewartet. Aber sie hatte ja damals noch kleine Kinder und jetzt ist sie die ideale Nachfolgerin." Ihre Nachfolgerin unterstützt Hippeli bis heute.
3. Anja Hümpfner: eine wichtige Säule für den Frieden – gerade jetzt

Anja Hümpfer profitiert zweifellos von ihren hervorragenden Französischkenntnissen. Die Gerolzhöferin ist Lehrerin für Englisch und Französisch am Gymnasium in Scheinfeld und seit 2003 Mitglied im Partnerschaftskomitee. Dort übernahm sie bei Begegnungen vor allem Übersetzungsaufgaben. So ist ihr im Lauf der Jahre die Städtepartnerschaft immer mehr ans Herz gewachsen. "Ich habe das Amt der Präsidentin des Partnerschaftskomitees übernommen, da die Städtepartnerschaft für mich eine große Bedeutung hat. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich, und vor allem die persönlichen Freundschaften zwischen den Bürgerinnen und Bürgern unserer Städte, sind für mich eine der vielen wichtigen Säulen der Europäischen Union. Und gerade in der aktuellen Situation ist dieses friedvolle Miteinander so wichtig für unser Zusammenleben in Europa", begründet Hümpfner ihr Engagement.
Entscheidend ist es für sie daher, in der Zukunft vor allem die Jugend für die Städtepartnerschaft zu interessieren und zu begeistern, damit so das Fortbestehen der "wunderbaren Beziehungen" gesichert werden kann. "Ich würde mich daher sehr freuen, wenn junge Familien zu uns stoßen würden und zum Beispiel schon zum Jubiläum Gäste aus unserer Partnerstadt Mamers aufnehmen würden", sagt sie. Dazu sei es auch nicht unbedingt nötig, die französische Sprache zu sprechen. Die Erfahrung zeige, dass es gerade heutzutage viele Möglichkeiten gibt, sich auszutauschen.
4. Rainer Gündert: Im Keller ging die Post erst richtig ab

Wie oft er schon in Mamers war, kann Rainer Gündert heute nicht mehr sagen. Er hat aufgehört zu zählen. Fast 30 Jahre lang hat er bei jedem Aufenthalt in Mamers die Gastfreundschaft in der Familie Cohin genossen. Dann hat der Sommeracher bei Pierre Gautier ("Pierot") gewohnt. Den zog es bei Gegenbesuchen immer zuerst nach Sommerach, wo sich eine tiefe Freundschaft mit Paul Zang von der Häckerstube entwickelte. "Die zwei waren Brüder im Geiste", erinnert sich Gündert.
Als "Hochzeit" der Partnerschaft bezeichnet Rainer Gündert die alljährlich stattfindenden "Drei Tage von Mamers". "Was da im Zelt los war und erst recht nachher ... Im Caveau (Keller) ging die Post erst richtig ab." Es war die große Zeit des Rock’n Roll. Die Mamersfahrt war oft mit einem Besuch von Paris verbunden. "Da kannte ich mich besser aus als in Nürnberg."
5. Robert Herbig: Europäischer Gedanke wichtiger als Globalisierung

In den Führungspositionen des Partnerschaftskomitees mangele es schon etwas an jüngeren Mitarbeitern, sagt Robert Herbig, der Zweite Präsident des Partnerschaftskomitees. Mit 60 ist er einer der Jüngeren im Komitee. Vielleicht komme bei Kindern und Jugendlichen jetzt aber wieder mehr Interesse, denn sie haben noch nie einen Rückgang wie derzeit mit Corona und Krieg erlebt. "Ihnen wurde immer nur Globalisierung eingebleut; der europäische Gedanke ist aber wichtiger als der Globalisierungswahn. Die Nachbarn müssen wieder in den Vordergrund rücken", sagt Herbig. In Mamers sei man da vielleicht schon einen Schritt weiter, denn dort arbeiten auch Jüngere in der Partnerschaft mit.
6. Michel Corbin: Weiter für den zerbrechlichen Frieden eintreten

Michel Corbin war Bürgermeister von Mamers von 1995 bis 2014 und Präsident des Partnerschaftskomitees von 2014 bis 2019. Er erinnert sich: Als Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre einige junge und weniger junge Menschen nach Deutschland in die Gegend von Gerolzhofen gefahren sind, haben sie einige Bürger getroffen und Kontakte, fast freundschaftliche Verbindungen zu diesen Personen geknüpft.
Als sie nach Hause gekommen sind, habe sie ihren Familien, ihren Freunden und den Bürgern davon erzählt. Nach Kontakten zwischen den damaligen Bürgermeistern, die offen für eine Annäherung zwischen den beiden Städten waren, sogar eine Freundschaft verfestigen wollten, haben die Herren Kreppel und Courant beschlossen, eine offizielle Städtepartnerschaft einzugehen und haben den Vertrag im Jahr 1972 in Gerolzhofen und im Jahr 1973 in Mamers unterschrieben.
Diese Art Vertrag zwischen den beiden Städten, ohne zeitliche Begrenzung, musste die direkte Teilnahme der Bürger mit sich bringen. Diese Entscheidung wurde von den Bürgern sehr geschätzt und viele Busse haben in diesen ersten Jahren unsere Städte miteinander verbunden. Seitdem besteht diese Städtepartnerschaft fort und zahlreiche Begegnungen haben zu sehr starken, tiefen und ehrlichen Freundschaften geführt – "Freundschaften, die andauern und in meinem Geist verankert bleiben werden“, sagt Corbin.
Nun gelte es weiter für den Frieden zwischen beiden Ländern einzutreten, "den Frieden, der in unseren Tagen so zerbrechlich ist", meint der Ex-Bürgermeister mit Hinweis auf die Ukraine.
Und Corbin abschließend: "Es scheint mir wichtig, dass unsere Stadträte und unsere Komitees stärker unsere Bürger sensibilisieren, die möglicherweise nicht oder nicht mehr die Wichtigkeit einer solchen Städtepartnerschaft empfinden. Wir sollten die jungen Menschen einbeziehen und ihnen Verantwortung übertragen, damit die ehemaligen Mitglieder unserer Komitees diese jungen Menschen diese Beziehungen weiterführen lassen können, die es wirklich wert sind, gelebt zu werden, Beziehungen der Freundschaft und des Friedens."
7. Philippe Ory: Unterstützung der Stadtoberhäupter ist unerlässlich

Philippe Ory, Mitglied des Komitees in Mamers, sagt: "Eine Städtepartnerschaft einzugehen, heißt mitzuwirken an der Verwirklichung einer besseren Welt, deren Ideal nicht ein Wettlauf um die Macht wäre, sondern die Suche nach einem vollständigen Humanismus, mit einem immensen Verlangen nach Frieden für ein großes wiederversöhntes Europa." Das waren die Worte des ersten Präsidenten des Partnerschaftskomitees von Mamers, Maurice Viard.
In den 50 vergangenen Jahren seien verschiedene Bürgermeister und Präsidenten aufeinander gefolgt und haben dafür gesorgt, dass diese tiefe Freundschaft zwischen diesen beiden Städten weiterlebt. Heute arbeiten die Mitglieder der Partnerschaftskomitees weiter daran, diese unzerstörbaren Bande durch verschiedene Aktionen weiterleben zu lassen: Jubiläen der Städtepartnerschaft, kulturelle, sportliche und schulische Begegnungen, private Begegnungen in den Familien – die Verbindung zwischen den Bürgern von Gerolzhofen und Mamers gehe viel weiter als die Freundschaft. "Es ist eine große Familie."
Die Partnerschaftskomitees müssen nach Ansicht Orys mit Hilfe ihrer Mitglieder weiterbestehen, mit der wichtigen und unerlässlichen Unterstützung der Stadtoberhäupter. Man müsse die jungen Generationen in den Schulen sensibilisieren und ihnen die Komitees vorstellen. Und man müsse weiterhin Reisen mit den verschiedenen kulturellen Vereinen und Sportvereinen zu verschiedenen Themen organisieren.