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SCHWEINFURT: Acht Frauen formen den Raum

SCHWEINFURT

Acht Frauen formen den Raum

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    Anna Bien.
    Anna Bien. Foto: Foto: Charlotte Wahler

    Ein Symposion bedeutete im alten Griechenland eine gesellige Zusammenkunft. Bildhauersymposien gibt es seit Mitte des letzten Jahrhunderts, hier kommen Künstler zusammen und arbeiten gemeinsam an einer Sache oder zu einem Thema.

    Genau dies geschieht momentan im Rahmen der Triennale IV. Acht Künstlerinnen arbeiten dort zum Thema Erinnerung. Alle haben Ausbildungen an renommierten Akademien oder Bildhauerschulen absolviert und alle haben einen Bezug zu Franken.

    Andrea Brandl, Leiterin der Kunsthalle, kann sich nicht erinnern, dass es in der bayerischen Geschichte bereits ein Frauensymposium für Bildhauerei gegeben hätte. Nun sei es an der Zeit, denn die Frauen träten verstärkt im Raum der Kunst an. Die Frage, ob Frauen andere Kunst machten als Männer, spiele dabei keine Rolle, aber dass sie ebenso gute Qualität hervorbrächten, sei relevant.

    Ein besonderes Zeichen

    Und sie setzten ein besonderes Zeichen in der Reihe der Veranstaltungen rund um die Triennale IV, die heuer zum ersten Mal auf ein spezifisches Thema ausgerichtet ist, nämlich auf „RaumZustände“ auf die heutige Bildhauerei im fränkischen Raum.

    Am Platz vor der Kunsthalle unter den Arkaden haben sich Kathrin Hubl aus Eltingshausen und Monika Linhard, geboren in Bad Kissingen, ihren Arbeitsplatz eingerichtet. Hubl arbeitet an einem klobigen Stück Holz, aus dem einmal ein Kissen werden soll. Ein zusammengeknülltes und geknotetes Kissen.

    Christina von Bitter.
    Christina von Bitter. Foto: Foto: Charlotte Wahler

    Und schon ist das Gespräch bei den Erinnerungen, die oft wie aus den Träumen der Nacht schwer hervortauchen. Die Weichheit des Kissens ist im harten Holz bereits zu erahnen, eine Häkelbordüre wird die Zartheit des Objekts noch betonen. Linhard dagegen arbeitet mit einem ganz anderen Material, nämlich mit Polyurethan und mit grüner Plastikfolie. Ihr Objekt verweist auf die Entstehung von Erinnerung, wie Schichten um Schichten über die Zeit hin aufeinandergelegt werden und wie sich diese durch Einflüsse von außen formen und verformen und dann ganz anders wirken. Wie im echten Erinnerungsleben eben!

    Der freie Raum der Erinnerung

    Im Innenhof arbeitet Anke Oltscher aus Fürth an zwei großen Holztafeln. Die Tafeln zeigen jeweils Vorder- und Rückseite eines Frauenkörpers. Sie werden so aufgestellt, dass dazwischen ein freier Raum entsteht – der freie Raum der Erinnerung, der Freiraum einer jeden Einzelnen, der sichere Raum. Rosa Brunner aus Bamberg hat sich eins der härtesten Materialien der Natur ausgesucht, einen hessischen Basalt. Köpfe sind ihr seit vielen Jahren ein wichtiges Thema, ihr Material der Stein, diesmal will sie einen Kopf ohne Gesicht schaffen, eine fast architektonische Skulptur. Sie zeigt den Ort der Erinnerung als begehbaren Raum, als Schall- und Echoraum.

    Anke Oltscher.
    Anke Oltscher. Foto: Foto: Charlotte Wahler

    Christine Deuring-Berthel aus Rannungen arbeitet in einem Seitenraum des MuSe-Ateliers mit Sandstein und Metall. Aus dem Gegensatz der Materialien entsteht ein reizvoller Dialog. Schon jetzt zeigen sich „Raumzustände“, die neu sind und neugierig machen auf das vollendete Werk.

    Anna Bien aus Nürnberg ist „mit 55 gleichen und einem anderen“ Hasen nach Schweinfurt gekommen. Sie graviert in die Gipshasen seltsame Zeichen, die sich als Anleitungen für Musiker erweisen. Bien wird daraus eine Installation bauen, die mit einem Musikstück des Nürnberger Barockkomponisten Johann Pachelbel zu tun hat.

    Heike Metz arbeitet während des Symposiums im MuSe-Atelier der Kunsthalle
    Heike Metz arbeitet während des Symposiums im MuSe-Atelier der Kunsthalle Foto: Charlotte Wahler

    Im MuSe-Atelier arbeiten auch Heike Metz aus Langenleiten und Christina von Bitter, geboren in Erlangen. Sie arbeiten beide mit Gips an Styropor, jedoch in ganz unterschiedlicher Herangehensweise. Metz baut einen Turm der Erinnerung. Treppen führen daran – ins Nichts? Oder in die Höhe? Neue Blickwinkel sollen entstehen können, findet Metz und weist darauf hin, dass es vor dem Erinnern kein Entkommen gibt, höchstens ein Verdrängen. Von Bitter experimentiert mit Stelen, „die eine ganz alte Geschichte als Grabsäulen haben“. Auf die Stelen modelliert sie Stühle, die als leere Fläche auf die Abwesenheit verweisen.

    Die Themen Kunst, Erfolg und Geld, die zuvor von Otmar Hörl, dem ehemaligen Präsident der Kunstakademie Nürnberg, bei einem Vortrag zur Triennale angesprochen wurden, sind auch bei den Frauen in der Kunst relevant. Sie gehen jedoch anders damit um als Männer und es wird auch anders mit ihnen umgegangen.

    Monika Linhard.
    Monika Linhard. Foto: Foto: Charlotte Wahler

    „Künstler sein ist eine Lebensweise und hat erst einmal wenig mit Erfolg zu tun“, meint beispielsweise Oltscher, „unter Erfolgsdruck geht gar nichts mehr.“ Die Frage nach dem Erfolg sei für sie hauptsächlich eine innere Angelegenheit, so Kathrin Hubl, „die Frage, ob ich mich entwickeln kann, ob ich ganz autonom meinen künstlerischen Weg realisieren kann.“ Auch Bien äußert sich deutlich: „Freiheit ist das Glück der Welt!“

    „Es ist die größte Anerkennung, wenn jemand sagt, dafür leg' ich jetzt was hin“, erzählt Christina von Bitter und erinnert sich an viele Jahre des Kunstschaffens und an eine lange Durststrecke von rund 15 Jahren. Sie gibt ein klares Statement zur Situation von Frauen in der Kunst: „Als Frau ist es nicht einfach und ich möchte behaupten, wir sind genauso gut, wenn nicht sogar besser! Wir werden nicht so vom Testosteron beeinflusst. Frauen müssen Kämpferinnen sein, unser Gehirn ist auch ein Raumzustand!“

    Kathrin Hubl arbeitet während des Symposiums unter den Arkaden an der Kunsthalle.
    Kathrin Hubl arbeitet während des Symposiums unter den Arkaden an der Kunsthalle. Foto: Charlotte Wahler

    Die meisten Künstlerinnen haben Nebenjobs, um sich und ihr Kunstschaffen zu finanzieren. „Wir wurden an der Akademie gleich in den Kunstmarkt geschmissen“, erzählt Oltscher, „das war zwar gut, aber alles andere als sexy.“ Die Bedingungen seien dort für Frauen deutlich schwerer. „Männer verkaufen sich mit viel mehr Selbstbewusstsein,“ so Linhard. Das gehe oft nicht unbedingt mit der Qualität ihrer Arbeit einher. „Das Verkaufen liegt mir nicht und es interessiert mich auch nicht“, äußert unter anderem auch Brunner. Sie möchte Objekte in größeren Dimensionen machen, „das kostet auch Geld!“ Ihre Haltung dabei: „Ich lebe ohne Strategie und konzentriere mich auf das, was ich wirklich will.“

    Am Sonntag um 11 Uhr werden bei der Finissage die Preisverleihungen der Triennale IV stattfinden. Um 14 Uhr wird es eine Kuratorenführung geben.

    Rosa Brunner arbeitet während des Symposiums im Innenhof der Kunsthalle.
    Rosa Brunner arbeitet während des Symposiums im Innenhof der Kunsthalle. Foto: Charlotte Wahler
    Christine Deuring-Berthel arbeitet während des Symposiums im Vorraum des MuSe-Ateliers der Kunsthalle.
    Christine Deuring-Berthel arbeitet während des Symposiums im Vorraum des MuSe-Ateliers der Kunsthalle. Foto: Charlotte Wahler
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