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SCHWEINFURT: Ärztetag in Schweinfurt sucht Lösungen für den Hausarztmangel

SCHWEINFURT

Ärztetag in Schweinfurt sucht Lösungen für den Hausarztmangel

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    Der Vorsitzende des Ärztlichen Bezirksverbandes Unterfranken, Christian Potrawa, spürt das Problem am eigenen Leib: Er findet keinen Nachfolger. Hausärzte wie der 67-jährige Allgemeinarzt mit Praxis im Würzburger Stadtteil Versbach sind in Unterfranken inzwischen eine aussterbende Spezies. Der Nachwuchs lässt sich lieber anstellen, statt eine Praxis zu übernehmen. Dabei praktiziere er mit Versbach noch in einem relativen Ballungsraum, sagt Potrawa. „Viele Kollegen arbeiten bis in ihre 70er Jahre hinein. Die Zahlen sind beängstigend.“

    Dem Hausarztmangel im ländlichen Raum und anderen medizinpolitischen Themen widmet sich derzeit der 75. Bayerische Ärztetag, der von 21. bis 23. Oktober in Schweinfurt stattfindet. Die Bayerische Landesärztekammer BLÄK, die rund 80 000 in Bayern wohnende Pflichtmitglieder hat, diskutiert über Beschlüsse, die dann der bayerischen Politik empfohlen werden. Auch zwei Delegierte der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) sind bei dem Arbeitstreffen vertreten: Die KVB ist die zweite Körperschaft von bayerischen Ärzten, rund 20 000 niedergelassener Vertragsärzte. Sie ist für die ausreichende Verteilung von Ärzten verantwortlich.

    In einem Jahr 57 weniger Hauärzte

    In einer Pressekonferenz vor Tagungsbeginn am Freitag befand Ärztekammerpräsident Max Kaplan: „Gerade in Nordbayern gibt es viele unversorgte oder von Unterversorgung gefährdete Gebiete.“ Nicht nur Allgemeinärzte, sondern auch in den Bereichen Urologie, Dermatologie, Hals-Nasen-Ohren und Augen gebe es immer größere Praxislücken. „Die Bereitschaft, eine Praxis zu übernehmen, hat deutlich abgenommen“, sagte Kaplan. Allein zwischen 2014 und 2016 sank die Zahl niedergelassener Hausärzte in Unterfranken von 743 auf 686.

    Auch der am 20. Oktober vorgestellte bundesweite Ärztemonitor 2016 der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zeichnet ein ähnliches Bild: Demnach gaben Dreiviertel der befragten niedergelassenen Ärzte an, ihre Praxis in den nächsten fünf Jahren abgeben zu wollen. Einen Nachfolger hat die Mehrheit (54 Prozent) nicht. Auch Potrawa beschäftigt derzeit eine angestellte Ärztin.

    Akut dürfte die ärztliche Mangelversorgung zum Jahresende 2016 zum Beispiel in Haßfurt (Lkr. Haßberge) werden, erklärt Lothar Schmid, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Schweinfurt. Bereits seit drei Jahren wurde dort nach einem zweiten Hautarzt gesucht, der entsprechend der Einwohnerzahl angebracht wäre. Stattdessen praktizierte Dermatologe Dieter Rosenzweig bislang allein auf weiter Flur. Doch zum Jahresende will auch er aufhören. Ob rechtzeitig eine Lösung gefunden sein wird, hält Schmid für fragwürdig.

    Viele waren auf einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an der Uni Würzburg

    Einig sind sich die Ärztevertreter in Schweinfurt: Die politischen Voraussetzungen stimmen noch nicht. „Wir warten für die Universität Würzburg seit zehn Jahren auf einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin“, sagt Potrawa. Wenn Stellschrauben jetzt gedreht würden, seien die Auswirkungen ohnehin erst in zehn Jahren zu spüren.

    Die Faktoren für die ärztliche Unterversorgung sind vielfältig: stagnierende Studienplatzzahlen, beliebte Teilzeitmodelle unter den inzwischen mehrheitlichen Frauen und eine allgemeine Scheu vor der Selbstständigkeit. Während die Gesamtzahl der Ärzte immerhin leicht ansteigt – in Bayern um gut zwei Prozent in einem Jahr –, wächst der Bedarf laut Ärzte-Chef Kaplan um ein Vielfaches. „Man braucht mindestens 1000 Medizinstudienplätze mehr“, schätzt Schmid und verweist auf die Länderpolitik. Anwärter gäbe es genügend: Auf einen Medizinstudienplatz bewerben sich im Schnitt fünf Abiturienten. Zu wenige Absolventen wollen anschließend aber aufs Land. Ärzte aufs Land locken, „das erreiche ich nicht durch eine Quote, sondern durch eine Steigerung der Attraktivität“, sagte Kaplan auch im Interview mit dieser Redaktion.

    Kooperationsmodelle wie Gemeinschaftspraxen seien das Mittel der Zukunft, um der jungen Generation zum Beispiel eine Fünf-Tage-Woche zu ermöglichen. Eine Nebenwirkung der schwindenden Hausarztpraxen: Immer weniger Suchtpatienten finden einen Arzt, der ihnen einen Heroin-Ersatzstoff verabreicht.

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