Nicht viele Kommunen sind erpicht darauf, dass die Partei Alternative für Deutschland (AfD) in ihren Gemeindegrenzen eine Veranstaltung ausrichtet. Was aber soll der Bürgermeister tun, wenn sich ein geachtetes Mitglied der Dorfgemeinschaft höchstpersönlich dafür stark macht – auch für die Anmietung der Gemeindehalle?
Am Ende kommt ein Mietvertrag zustande, so wie in Poppenhausen. Alfred Schmitt, Vorsitzender der Musikkapelle, hat jüngst laut Bürgermeister Ludwig Nätscher zunächst etwas „zurückhaltend“ nach einem freien Termin für die Werntalhalle angefragt, dann aber „Ross und Reiter genannt“: um eine Veranstaltung der AfD gehe es.
Nätscher: „Wir sind in Poppenhausen nicht AfD-lastig, aber auch nicht linkslastig.“
Die Gemeinde habe der AfD die Werntalhalle vermietet, sagt Nätscher. Das sei laufendes Geschäft und kein Thema für den Gemeinderat. Es gebe keinen rechtlichen Grund, dies zu verweigern, andere Parteien hätten darin auch schon Veranstaltungen abgehalten. Begeistert sei er nicht von dem Mieter, „Hurra haben wir nicht geschrien“, so der Bürgermeister. Und: „Wir sind in Poppenhausen nicht AfD-lastig, aber auch nicht linkslastig.“
So wird am Samstag, 29. Juli, ab 19 Uhr in der Werntalhalle ein „Politischer Info-Abend mit Leyla Bilge und Alexander Tassis“ eröffnet. Er wird auf der Facebook-Seite der AfD schon seit 5. Juli beworben.
Leyla Bilge, eine Kurdin, wird laut Ankündigung „Das Leben der Frau in der Scharia“ referieren, und Alexander Tassis, „griechisch-deutscher Geschichtswissenschaftler“ und Abgeordneter der Bremischen Bürgerschaft soll über „Neudeutsche Hoffnung – Überraschung für Merkel“ sprechen. Laut AfD ist Tassis außerdem „Bundesvorsitzender der ,Neudeutschen Hoffnungsträger-Migranten in der AfD' sowie Bundessprecher der ,Interessengemeinschaft Homosexuelle in der AfD'“. Er engagiere sich „gegen Multikulturalismus sowie Gender-Mainstreaming“.
„Hurra haben wir nicht geschrien.“
Bürgermeister Ludwig Nätscher zur AfD-Veranstaltung in der Werntalhalle
Am Sonntag erst, beim 20. Poppenhausen-Treffen plus zeitgleichen Jubiläen der Soldaten- und Reservistenkameradschaft, warb Alfred Schmitt für den „politischen Informationsabend“ am 29. Juli, bei dem „Wahldeutsche“ sprechen würden. Damit sind wohl Bilge und Tassis gemeint. Dass die AfD Veranstalter ist, hat Schmitt, auch Oberstleutnant der Reserve, nach Informationen dieser Redaktion dabei nicht erwähnt.
Veranstalter des „Politischen Info-Abends zur Bundestagswahl 2017“ ist jedenfalls der AfD-Kreisverband Kitzingen-Schweinfurt. Neben den beiden „mutigen Patrioten“ mit ausländischen Wurzeln, „die ihre Stimmen erheben und sich engagiert für Demokratie, Recht und Freiheit in Deutschland einsetzen“, treten laut Ankündigung die unterfränkischen AfD-Direktkandidaten auf: Thomas Thiel, Andrea Klingen, Christian Klingen sowie der stellvertretende Kreisverbandsvorsitzende Richard Graupner, der in Schweinfurt im Stadtrat sitzt und vor seinem Wechsel zur AfD lange Jahre Mitglied der rechten Republikaner war.
Polizei wird am 29. Juli vor Ort sein
Ist Alfred Schmitt selbst AfD-Mitglied? Sein Umfeld meint, ja. Er selbst war für die Redaktion bisher nicht erreichbar. Laut AfD-Facebook-Seite hielt er Mitte Juni auf einer Veranstaltung des AfD-Kreisverbands einen Vortrag mit dem Titel „Patriot und Toleranz? Liebe und Last im christlichen Abendland.“
Die Polizei in Schweinfurt ist über die Veranstaltung der AfD am 29. Juli in der Werntalhalle informiert und wird vor Ort sein, sagt ein Polizeisprecher. Mit 100 bis 200 Besuchern rechne der Veranstalter. Nach Informationen dieser Redaktion ist zur gleichen Zeit eine Veranstaltung in der Poppenhäuser Kirche in Planung, bei der zu Toleranz aufgerufen werden soll. Bei der Gemeinderatssitzung am Montag ist die AfD-Veranstaltung in der Werntalhalle kein Thema. Zumindest steht sie nicht auf der Tagesordnung.