In der Sattlerstraße 21 verschmelzen zwei Kulturen miteinander: In dem urigen Lokal hängen über einem olivgrünen Kachelofen aus Holz geschnitzte Tiermasken mit Elefanten- und Antilopenköpfen. Direkt daneben hängt ein Bild, das einen Sonnenuntergang in der afrikanischen Savanne zeigt. Auf den langen Tischreihen sind blau-silberne Christbaumkugeln, Tannenzweige und kleine Sterne verteilt. An der Wand mit Holzlamellen steht in roter und goldener Schrift „Mama Africa“. Es ist das Restaurant von Abdifatah Hussen Mohamed. Vor rund einem halben Jahr eröffnete der gebürtige Somalier das Lokal.
Ursprünglich arbeitete Abdifatah als Reporter beim Sender Radio Shabelle, einer als kritisch geltenden Rundfunkstation in Mogadischu. Weil er als Reporter verfolgt wurde, musste er sein Land vor acht Jahren verlassen. Nun lebt er gemeinsam mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Schweinfurt.
Als er nach Deutschland gekommen ist, wollte der 28-Jährige eigentlich als Journalist weiterarbeiten. Er absolvierte verschiedene Praktika, musste aber schnell feststellen, dass seine Deutschkenntnisse noch nicht ausreichten. Neben den Sprachkursen arbeitete er daraufhin in den verschiedensten Berufen – mal in einem Supermarkt, dann als Bäckergehilfe in Würzburg oder bei einem Sicherheitsdienst in der Notunterkunft Ochsenfurt. Für ihn ist klar: „Man bekommt zwar Hilfe, wenn man hierher kommt, aber für den Inhalt muss man selber sorgen“. Über die Jahre spart er Geld an, um ein eigenes Projekt zu finanzieren.
Kein Problem mit den Behörden
Die Idee eines Restaurants kommt von Abdifatahs Ehefrau Faisa. Sie reist 2013 über den Familiennachzug nach Deutschland. Bereits in Mogadischu hat sie mit ihren Eltern ein Restaurant betrieben: „Wir haben uns gefragt: Warum können wir das nicht auch in Schweinfurt probieren?“.
Der Weg zu den Behörden bereitet Abdifatah keine Schwierigkeiten, wie er sagt. Vorab informiert er sich über Buchhaltung und Steuerrecht. Das notwendige Gesundheitszeugnis hat er schon in der Zeit beim Bäcker abgelegt. Der gebürtige Somalier ist sich sicher: „Ich will es machen, dann kann ich es auch schaffen“ – dafür ist er auch bereit, das finanzielle Risiko einzugehen: Die Gründung von „Mama Africa“ bezahlt er komplett selbst.
Seine Frau Faisa bringt das Wissen über die afrikanische Küche mit. In Kenia hat sie in einem Restaurant ausgeholfen, von ihrer Freundin lernt sie, wie man in Äthiopien kocht. Die verschiedenen kulinarischen Einflüsse des Kontinents finden sich auch auf der Speisekarte wieder – daher auch der Name „Mama Africa“. „Wir wollten zeigen, dass wir offen sind und uns mit den anderen Ländern verknüpfen“, erklärt Abdifatah.
Er selbst isst am liebsten Baris, eine somalische Reispfanne mit verschiedenen Gewürzen, Gemüse, Fleisch – und Bananen. Viele Gäste würden sich zuerst nicht trauen, aber wenn sie einmal davon probiert hätten, würden sie doch auf den Geschmack kommen. Ihm ist es ähnlich ergangen, als er zum ersten Mal gesehen hat, wie Ofenkartoffeln zubereitet werden, lacht er.
Schweinfurt ist zur Heimat geworden
Mittlerweile sei Schweinfurt wie seine Heimat geworden: „Wenn ich über die Autobahn fahre und von weitem das Schild zur Autobahnabfahrt sehe, fühle ich mich sofort wieder zu Hause“. Nicht einen Tag habe er sich fremd gefühlt. Entgegen dem, was er gehört habe, seien die Menschen sehr nett und immer offen, egal wo er hingehe. Noch nie habe er Probleme bekommen oder sei beleidigt worden. Weil man ihm so sehr geholfen habe, wolle er der Stadt nun wieder etwas zurückgeben – nicht nur mit der Eröffnung des Restaurants.
Als psychosozialer Berater unterstützt er andere Menschen bei ihrer Ankunft in Deutschland, die wie er im Krieg aufgewachsen und geflüchtet sind. Auf einem Youtube-Kanal informiert er außerdem Menschen in Somalia mit kleinen Videos und Interviews über die tatsächlichen Risiken und Hürden der Flucht. Viele der Schlepper würden falsche Versprechungen über Europa machen; er wolle darüber aufklären, was einen Flüchtling in Europa wirklich erwartet.
Landsleuten helfen
Seit einiger Zeit versuche er auch mit anderen somalischen Flüchtlingen einen Verein zu gründen, um seinen Landsleuten, die hier schon eine Weile leben, Hilfe anzubieten. Für ihn persönlich habe es lange gedauert, ein System mit anderer Sprache und Kultur zu verstehen: „Wenn man irgendwo aufgewachsen ist, wo nur Krieg herrscht, braucht man am Anfang Zeit“.
Abdifatah ist es wichtig aufzuklären – gegen Vorurteile. Dazu hat er auch schon einen Vortrag in seinem Restaurant gehalten. „Wer über die Straße läuft, sieht häufig geflüchtete Menschen oder Asylbewerber.“ Oft lese man in der Zeitung von Schlägereien im Erstaufnahmelager oder anderen Zwischenfällen; er wolle hingegen zeigen, dass es viele Menschen gibt, die hier leben wollen, sich Mühe geben und ihren Alltag meistern.