Magdalena Wedler ist eine selbstbewusste Frau. Sie ist 39 Jahre alt, Lehrerin, Ehefrau und Mutter, in Vereinen aktiv und in der Pfarrgemeinde im Einsatz. Auch die Kommunalpolitik interessiert sie sehr, doch hier engagiert sie sich nicht. "Ich trau' mir das nicht zu", sagt die junge Frau aus Kolitzheim.
So wie Magdalena Wedler denken auch andere Frauen. Sie unterschätzen die eigenen Fähigkeiten, es mangelt an Selbstvertrauen, und es fehlt an Unterstützung in den Parteien sowie dem persönlichen Umfeld. Hinzu kommt die Belastung durch ein Amt: der hohe Zeitaufwand, die Bürokratie, die fehlende Wertschätzung, die nicht ernst genommene Mitsprache und die Machtspiele der männlichen Politiker. Die Folge: Frauen kandidieren seltener als Männer und werden in der Folge auch seltener gewählt.
Das soll sich ändern. Was getan werden muss, dass bei den nächsten Kommunalwahlen am 8. März 2026, die übrigens am Internationalen Frauentag stattfinden, mehr Frauen in die Gremien gewählt werden, war Thema der Demokratiewerkstatt "Wir machen Kommunalpolitik attraktiv" im Landratsamt Schweinfurt. Rund 20 Interessierte waren der Einladung des Deutschen Land-Frauenverbands gefolgt. Das Seminar war Teil des bundesweiten Aktionsprogramms "Kommune – Frauen in die Politik", mit dem mehr Frauen vor allem für die Kommunalpolitik gewonnen werden sollen. Der Landkreis Schweinfurt ist als eine von zehn Kommunen in Deutschland dafür ausgesucht worden.
"Wir müssen alles mobilisieren, um Frauen für politisches Engagement zu begeistern."
Landrat Florian Töpper
"Das Thema treibt uns seit Jahren um", sagte Landrat Florian Töpper bei der Begrüßung. "Wir feiern zwar 75 Jahre Grundgesetz, in dem in Artikel 3 die Gleichberechtigung von Frauen und Männern festgeschrieben ist", eine echte Gleichstellung allerdings sei noch lange nicht erreicht. Obwohl Frauen die Mehrheit in der Bevölkerung abbilden, seien sie in den Parlamenten nur bunte Tupfer, zitierte er die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU). Töpper: "Wir müssen alles mobilisieren, um Frauen für politisches Engagement zu begeistern."

Im Bundestag und in den Länderparlamenten liegt der Frauenanteil laut Bundesfamilienministerium bei 34 Prozent, auf Kreisebene nur noch auf bei 30 Prozent und auf kommunaler Ebene durchschnittlich bei 23 Prozent. Im Landkreis Schweinfurt sitzen in 29 Rathäusern nur vier Bürgermeisterinnen. 25 Prozent der Personen in den Gemeinderäten sind weiblich.
Aktionsprogramm zeigt erste Erfolge
Gleichstellungsbeauftragte Ute Suckfüll wirbt seit Jahren mit diversen Programmen dafür, dass sich Frauen verstärkt in der Politik engagieren. Mit dem Aktionsprogramm "Kommune – Frauen in die Politik" sollen nun strukturelle Veränderungen angestoßen und die Teilhabe der Frauen verbessert werden. Dass dies gelingen kann, zeigt der Blick auf die Regionen, in denen das Aktionsprogramm bereits gelaufen ist.
Im ersten Durchlauf, der bis Mai 2023 ging, hatten laut Projektleiterin Rebekka Rupprecht 73 Prozent der Teilnehmerinnen kein Mandat. Immerhin 43 Prozent sagten danach, dass sie sich eine Kandidatur vorstellen könnten. Und tatsächlich sei der Frauenanteil in etlichen Kreis- und Stadtvertretungen danach gestiegen. Im sächsischen Stadtrat Pirna zum Beispiel von elf auf 19 Prozent oder im Kreistag Jerichower Land in Sachsen-Anhalt von 11,9 sogar auf 26,2 Prozent. "Das ist als wesentlicher Erfolg des Programms zu bewerten", sagt Rebekka Rupprecht.
Konkrete Arbeitsliste für künftige Aktivitäten aufgestellt
Wie auch im Landkreis Schweinfurt der Frauenanteil in der Kommunalpolitik gesteigert werden kann, das erarbeitete die Gruppe mit Referentin Dagmar Wirtz. Die Politikwissenschaftlerin und Soziologin mit Schweinfurter Wurzeln ist selbst kommunalpolitisch engagiert und konnte viel aus dem Nähkästchen plaudern. Ergebnis war eine konkrete "To-Do-Liste", wie und wo man nun besonders aktiv werden will.
Punkt 1: an den Sitzungszeiten arbeiten. Diese seien oftmals mit Ehrenamt, Beruf und Familie nicht vereinbar, monierten die Frauen.
Punkt 2: Umgangsformen und Verhaltensnormen entwickeln. Oftmals würde Männern das Bewusstsein für Grenzüberschreitung fehlen, war ein Kritikpunkt. Es soll deshalb ein Verhaltenskodex entwickelt werden, in dem Richtlinien festgeschrieben werden, wie man sich rechtlich korrekt, ethisch und sozial verhalten soll.
Punkt 3: gezielte Ansprache von politisch interessierten Frauen fördern. Denn Frauen kandidieren nicht, wenn Männer sich vordrängen, ist eine Erfahrung der Anwesenden. Sie wollen auch nicht als Quotenfrau benutzt oder alibimäßig gefragt werden.
"Eins ist klar: Wir müssen immer besser sein als die Männer"
Gabriele Jakob, CSU-Gemeinde- und Kreisrätin
"Eins ist klar: Wir müssen immer besser sein als die Männer", stellt Gabriele Jakob klar. Die Gemeinde- und Kreisrätin aus Obbach führt seit 2020 die CSU-Kreistagsfraktion an. Frauen wie die langjährige Wernecker Bürgermeisterin Edeltraud Baumgartl oder die frühere Schweinfurter Oberbürgermeisterin Gudrun Grieser sind ihre Vorbilder. Wichtig sei auch der Austausch mit anderen Frauen, rät sie interessierten Teilnehmerinnen.
"Es gibt Hürden, die sind aber nicht unüberwindbar", macht auch die Stadtlauringer Gemeinde- und Kreisrätin Barbara Göpfert den Frauen Mut. Fakt sei aber auch, dass man gewisse Dinge ertragen müsse. Auch Männer erlebten Anfeindungen und persönliche Abwertungen.
Frauenquote in den Gemeinderäten steigern
Apropos Männer: An dem Seminar nahmen auch die beiden stellvertretenden Bürgermeister Edwin Hußlein aus Gochsheim und Stephan Schäflein aus Werneck (beide Freie Wähler) teil. Beiden ist es ein Anliegen, mehr Frauen in die Kommunalpolitik einzubinden. "Ich möchte konkret was ändern", sagt Hußlein. Im Gochsheimer Gemeinderat sind nur fünf von 20 Mitgliedern Frauen. Was er an Frauen schätzt: "Sie sind konsequenter, die besseren Verhandlungspartner, und bei Frauen stehen die Sachthemen im Vordergrund."
Im Wernecker Gemeinderat ist die Frauenquote mit fünf von 24 noch schlechter. Stephan Schäflein will dagegen etwas unternehmen. Denn: "Viele Frauen haben politische Fähigkeiten, man muss nur den Startknopf drücken, damit sie diese umsetzen."
Am Ende des Tagesseminars wollen wir wissen, ob dieser Startknopf nun bei Magdalena Wedler gedrückt wurde. "Die Veranstaltung hat mir ganz viel Mut gemacht", sagt die 39-Jährige. Wertvoll war für sie auch die Vernetzung mit den anderen Frauen. Für die Kolitzheimerin steht fest: "Ich werde auf die Kommunalpolitik weiter zugehen."