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SCHWEINFURT: „All voll“ auf den „Neuen Deutschen Mittelalter-Folk“

SCHWEINFURT

„All voll“ auf den „Neuen Deutschen Mittelalter-Folk“

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    Spielleute im Hoch-Mittelalter trugen mantelartige Gewänder mit dem Namen Cotte und Gugel. Die Mitglieder der Gruppe „Minniglich“ belegten sogar Nähkurse, um solche Gewänder selbst herstellen zu können.
    Spielleute im Hoch-Mittelalter trugen mantelartige Gewänder mit dem Namen Cotte und Gugel. Die Mitglieder der Gruppe „Minniglich“ belegten sogar Nähkurse, um solche Gewänder selbst herstellen zu können. Foto: FOTO Laszlo Ruppert

    Der 27-jährige ist gelernter Schreiner und Orgelbauer, fertigt Treppen an und beschäftigt sich jüngst auch noch mit dem Bau weiterer Musikinstrumente. In seiner Freizeit singt Christian „der Viel-Saitige“ im a-cappella-Chor, und zum Bürgerfest kam er als „Ober-Spielmann“ einer der zahlreichen Gruppen, die mit Musik nach mittelalterlicher Art unterhielten.

    „Die Mitglieder unserer Gruppe sind fast alle miteinander verwandt“, meint Christian Trapp aus Haßfurt-Prappach, und so seien die mittelalterlichen Spielleute unter dem Namen „Minniglich“ eine Art Familienbetrieb, in dem er zusammen mit gleich drei wunderschönen „Adelsdamen“ wirke.

    In Obhut des Burg-Volkes

    Nicht weit von der „Minniglich“-Bühne entfernt, im „neuen“ Stadtgraben am Unteren Wall, hatte beim Bürgerfest das „Freye Burg-Volk zu Künsperg“ seine Zelte aufgeschlagen. Denn „Künsperg“ (Königsberg in Bayern) und Haßfurt liegen nah beieinander, und so arbeiten die beiden Gruppen in Sachen „Mittelalter“ gerne zusammen.

    Als „Neuen Deutschen Mittelalter-Folk“ bezeichnet Christian Trapp schmunzelnd die Musik seiner „mittelalterlichen Party-Band“, die seit sechs Jahren besteht und stets ihr Publikum als quasi „fünften Mann“ zum Einsatz bringt. Neuhochdeutsche Texte zur Musik auf mittelalterlich geprägten Instrumenten würden dabei gesungen, Texte, die zumeist selbst erarbeitet seien nach einer für diese Musik charakteristischen romantischen Vorstellung von Knappen, Rittern, dem Leben der Spielleute und schöner Frauen. Das Lebensgefühl des Mittelalters wolle man so vermitteln, freilich in einer Weise, wie Leute heute sich dieses Lebensgefühl vorstellten.

    Ähnliches, sagt Christian Trapp, gelte für die Musik. „Denn wenn wir genau das spielten, was zu Zeiten eines Walther-von-der-Vogelweide wahrscheinlich dargebracht wurde, würden uns die Leute vermutlich nicht lange zuhören.“ Denn viel zu anspruchsvoll sei das moderne Ohr für das damalige Repertoire an Tönen. So achtet „Minniglich“ im Wesentlichen auf den für die Mittelalter-Musik typischen Bordun-Ton, einen stets gleichbleibenden Ton im Hintergrund, auf dem eine Melodie aufbaut. Als Instrumente wählt die Gruppe Laute, Mandoline, Mandola oder Bouzouki, aber auch verschiedene Trommeln und natürlich die Rauschpfeife sowie die Schalmei, die jeweils leicht dröhnende Töne erzeugen.

    „All voll“ auf Künsperg

    „All voll“, das war im Mittelalter etwa gleichbedeutend mit unserem „Zum Wohl“ oder „Prost“, und „All voll“ stand auch auf den T-Shirts, die das „Freye Burg-Volk zu Künsperg“ verkaufte; für die Kinder gab's Schwerter aus Holz, und weibliche Besucher konnten sogar einen Jungfernkranz erwerben, wie ihn die Burgfräulein trugen. 15 Mitglieder zähle das 1998 gegründete „Freye Burg-Volk“, erzählt Ewald Fischer, das allerdings nicht auf einem geschichtlichen Hintergrund basiere. „Vielmehr haben wir bei uns in Königsberg ja die richtige Umgebung für mittelalterliche Aktionen, und so fanden sich einige zusammen, die auf diese Zeit regelrecht verrückt sind.“ Vor allem in Königsberg selbst tritt diese Gemeinschaft immer wieder in Aktion, bei etwa fünf Auftritten jährlich aber auch in der Region oder manch schöner alten Ortschaft von Hessen.

    In Schweinfurt stellte das Burg-Volk unter selbstgefertigten Sonnensegeln das Lagerleben der Ritter während ihrer Kriegszüge dar und zeigte den Besuchern Produkte einstiger Handwerks-Kunst. Trinkhörner aus Kuh-Horn – weil Glas aus Italien noch viel zu teuer war – konnten die Leute erstehen, oder auch Schatztruhen sowie Kampf-Ausrüstungsgegenstände, die der KFZ-Meister Fischer auch aus alten Auto-Teilen fertigt. Direkt sah das Publikum bei der Herstellung von Schmuck aus Kupfer zu. „Denn gerade Männer trugen damals wesentlich mehr Schmuck als heute“, erklärt Fischer, was aber auch daran gelegen habe, dass beispielsweise der Knopf noch nicht erfunden war. Sogar mit Materialien wie Perlen oder Muscheln seien deshalb oft reich verzierte „Fibeln“ entstanden, mit denen man die vorne zu schließenden Teile etwa von Mänteln zusammenhielt.

    Einen Eindruck vom Kampf-Gebaren im Mittelalter erhielten die Kleinsten an der Ringlein-Stechbahn. Im Sausewind ging's da die Schienen-Bahn entlang, wurden Ringe aufgesammelt oder Riesen einen Kopf kürzer gemacht; und unter dem Stich einer Lanze fiel der „Schwarze Ritter vom Zabelstein“.

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