Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Schweinfurt
Icon Pfeil nach unten

WERNECK: Alle setzen auf das Prinzip Hoffnung

WERNECK

Alle setzen auf das Prinzip Hoffnung

    • |
    • |

    Das Thema der hausärztlichen Versorgung treibt die Wernecker um. Wie wird die mit 10 000 Einwohner größte Gemeinde im Landkreis in einigen Jahren dastehen? Wird es noch Allgemeinärzte geben, die Hausbesuche absolvieren?

    Ein düsteres Bild zeichnen die Freien Wähler mit ihrem neugewählten Vorsitzenden, Gemeinderat Andreas Klenkert: Es drohe Hausärztemangel angesichts der Tatsache, dass die meisten praktizierenden Mediziner über 60 Jahre alt sind und kürzlich einer, Reinhold Wittye, altersbedingt aufhörte. Er hatte zwei Jahre vergeblich einen Nachfolger gesucht. Die Gemeinde unternehme zu wenig, habe kein Konzept, wie es weitergehen solle, so Klenkert.

    Ein Ärztehaus oder Ärztezentrum müsse her, vielleicht in den leer stehenden Räumen im Marktkrankenhaus. Und wenn keiner der Allgemeinärzte das Projekt leiten wolle, müsse es die Gemeinde machen, wie es bereits in Norddeutschland vorgemacht werde, schlägt Klenkert vor.

    Bürgermeisterin weist Vorwürfe zurück

    Den Vorwurf, nichts unternommen zu haben, weist Bürgermeisterin Edeltraud Baumgartl von sich. Zum einen sei das Thema längst in der Allianz Oberes Werntal verortet, wo man sich um gemeinsame Lösungen bemühe. Zum anderen habe sie unzählige Gespräche geführt und einen Arbeitskreis gegründet mit den Allgemeinmedizinern und ihren Bürgermeister-Stellvertretern.

    Das Kommunalbüro für ärztliche Versorgung war im Frühsommer zur Beratung vor Ort, so Baumgartl. Auch ein Vertreter des Hausarztzentrums, Dr. Schott/Dr. Schmier aus Grafenrheinfeld/Bergrheinfeld, wollte die Arbeit in einem Ärztezentrum schmackhaft machen: mit angestellten Ärzten, die keine wirtschaftliche und personelle Verantwortung tragen, mit geregelten Arbeitszeiten für alle. „Einen Investor für eine Gemeinschaftspraxis zu besorgen, wäre möglich“, sagt Baumgartl. Aber es brauche einen Arzt, der es leite.

    Diese Möglichkeit verwirft für sich Dr. Christa Heuß-Full, die mit ihrem Mann Dr. Johannes Full und mit Dr. Dietmar Weinbeer eine der fünf Allgemeinarztpraxen in der Gemeinde führt. „Vor zehn Jahren wäre das interessant gewesen. Aber ich bin jetzt 62“, meint sie. Sie werde wohl noch fünf Jahre weiterarbeiten, aber ein Ärztezentrum zu führen, sei für sie nicht möglich. „Wir sind fast alle über 60, der jüngste ist 53.“

    Keine Antworte auf Inserate

    Zur Praxis mit rechnerisch 3,25 Ärzten zählt auch eine Weiterbildungsassistentin. Das sind Jung-Ärzte, die nach ihrem Studium auf dem Weg zum Allgemeinarzt noch fünf Jahre als Assistent arbeiten müssen, darunter zwei Jahre in einer Allgemeinarztpraxis. Die jetzige Assistenzärztin aber werde aus privaten Gründen nicht in Werneck bleiben.

    Deshalb suchen die Doktores seit Juli per Annonce einen neuen Anwärter, mit der Option, angestellt zu werden. Keine einzige Antwort habe es bislang gegeben, vor 20 Jahren seien auf ein Inserat noch 20 Bewerbungen gekommen, erklärt Dr. Heuß-Full. „Das Interesse an Allgemeinmedizin schwindet.

    “ Im Verhältnis zum Facharzt sei dieser Medizinzweig finanziell nicht so attraktiv. Dazu komme das Image des Hausarztes, an den Unis sei der Stellenwert gering. Erst langsam besinne sich die Ausbildung darauf.

    Dabei gebe es doch den Hausarzt alter Prägung, der Tag und Nacht unterwegs sei, gar nicht mehr. Auch die Residenzpflicht ist seit 2014 aufgehoben, weshalb Allgemeinmediziner mit Praxis auf dem Land auch in der Stadt wohnen könnten.

    Bei der Gemeinde hofft sie auf Unterstützung, sei es bei einer Imagebroschüre oder bei Annoncen. „In der neuen Oberlandpraxis war die Gemeinde ganz anders dahinter gestanden“, meint sie. Oder in Grafenrheinfeld habe die Gemeinde Parkplätze an der Praxis ermöglicht, in der Mainbogen-Praxis in Sennfeld wenigstens eine Bushaltestelle forciert.

    „Aufs Land will keiner“

    Eine gute Nachricht verkündet Dr. Karola Dösch, die mit ihrem Mann Alois eine Hausarztpraxis in Werneck führt: Im Januar 2018 werde ihre Tochter in die Praxis einsteigen.

    Möglicherweise komme eine familieninterne Nachfolge auch bei der Praxis Dr. Manfred Nöller und Dr. Hermine Klein-Kranenberg infrage, weiß Baumgartl. Auf Anfrage der Redaktion wollten sich die Doktores nicht dazu äußern. An den Arbeitskreisgesprächen nicht teilgenommen hat Dr. Andreas Mayer, der in Eßleben praktiziert. Auch er war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

    „Wir sind uns der langfristigen Situation bewusst“, sagt Bürgermeisterin Baumgartl. Aber sie konstatiert, „aufs Land will eben keiner mehr“, und „die Ärzteschaft wird weiblicher“, die Frauen wollten Beruf und Familie vereinbaren. Künftig werde es wohl mehr Großpraxen geben.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden