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Gerolzhofen: Als es noch das Sakrarium gab

Gerolzhofen

Als es noch das Sakrarium gab

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    Bei der Ausgabe der Heiligen Öle in der Sakristei des Gerolzhöfer Steigerwalddoms: (von links) Mathias Kupczyk aus Grafenrheinfeld, der Gerolzhöfer Mesner Klaus Schanz, Nikolaus Düring aus Mönchstockheim und Josef Zull aus Grafenrheinfeld.
    Bei der Ausgabe der Heiligen Öle in der Sakristei des Gerolzhöfer Steigerwalddoms: (von links) Mathias Kupczyk aus Grafenrheinfeld, der Gerolzhöfer Mesner Klaus Schanz, Nikolaus Düring aus Mönchstockheim und Josef Zull aus Grafenrheinfeld. Foto: Klaus Vogt

    Am Karfreitagvormittag herrschte in der Sakristei des Steigerwalddoms ein reges Kommen und Gehen: Die Küster der katholischen Kirchen aus dem Dekanat Schweinfurt-Süd holten zwischen 10 und 12 Uhr die Heiligen Öle ab. Der Gerolzhöfer Mesner Klaus Schanz war für den Ausschank der geweihten Öle zuständig. Und natürlich wurde dabei auch ausgiebig gefachsimpelt.

    Bischof Franz Jung hatte am vergangenen Montag zum Auftakt der Karwoche im Kiliansdom zusammen mit Weihbischof Ulrich Boom, Bischof em. Friedhelm Hofmann und zehn Dekanen in der so genannten „Missa chrismatis“ die Weihe der Öle vollzogen. Vertreter der Dekanate erhielten anschließend im südlichen Querhaus der Bischofskirche die Öle, die für die 156 Pfarreiengemeinschaften und 17 großen Einzelpfarreien im Bistum Würzburg bestimmt sind.

    Drei verschiedene Öle

    Zur Erklärung: In der „Missa chrismatis“ weiht der Bischof die drei verschiedene Öle. Grundstoff ist jeweils Olivenöl, das mit unterschiedlichen wohlriechenden Duftstoffen versehen wird. Mit dem Chrisam-Öl werden Neugetaufte und Firmlinge gesalbt, ebenso wird es bei der Priester- sowie der Altarweihe verwendet. Mit dem Katechumenen-Öl werden die Taufbewerber, mit dem Öl für die Krankensalbung Kranke und Sterbende gesalbt. Die Salbung ist ein symbolischer Hinweis auf die Kraft und Gnade, die der Gesalbte empfängt. Im Alten Testament gilt sie als Zeichen der Anerkennung durch Gott und Auszeichnung vor den Menschen. Im Neuen Testament wird die Salbung mit Öl zur Gesundung der Kranken beschrieben.

    Für das Bistum Würzburg werden pro Jahr insgesamt rund 60 Liter benötigt. Für das Dekanat Schweinfurt-Süd verteilte Klaus Schanz am Karfreitag von allen drei Ölen jeweils rund einen halben Liter. Doch was passiert eigentlich mit den Ölresten aus dem zurückliegenden Jahr, die schon leicht ranzig geworden sind? "Die werden bei uns im Osterfeuer verbrannt", erzählt Schanz. In das Feuer, das in der Nacht auf Ostersonntag vor dem Hauptportal der Stadtpfarrkirche entzündet wird, werden neben den Ölresten dann auch die ölgetränkten Wattebäuschchen gegeben, die vom Priester oder Diakon bei den Taufen verwendet wurden. Am Feuer wird danach zum Auftakt der nächtlichen Auferstehungsfeier die neue Osterkerze entzündet. Auch in Grafenrheinfeld werden die alten Öle im Osterfeuer entsorgt, berichten Josef Zull und Mathias Kupczyk, die am Karfreitag ebenfalls nach Gerolzhofen gekommen waren. Ins Feuer gegeben werden dort auch die geweihten Palmkätzchen, die von Palmsonntag übrig geblieben sind.  

    Hinter dem Hochaltar in der Gerolzhöfer Stadtpfarrkirche haben sich eine gotische Sakramentsnische und ein Sakrarium (die gesprungene quadratische Bodenplatte im Vordergrund) bis heute erhalten.
    Hinter dem Hochaltar in der Gerolzhöfer Stadtpfarrkirche haben sich eine gotische Sakramentsnische und ein Sakrarium (die gesprungene quadratische Bodenplatte im Vordergrund) bis heute erhalten. Foto: Klaus Vogt

    Ausguss im Kirchenboden

    In früheren Zeiten wurden die alten Öle noch in das so genannte Sakrarium gegossen, eine Art Ausguss im Kirchenboden. In der Gerolzhöfer Stadtpfarrkirche hat sich so ein Ausguss bis in die heutigen Zeit erhalten. Er befindet sich auf der linken Seite hinter dem Hochaltar und ist somit den Blicken der Kirchenbesucher entzogen. In der Wand der Apsis ist ein gotisches Sakramentshäuschen eingelassen, das noch aus der Zeit stammt, als im Steigerwalddom ein gotischer Flügelaltar und noch nicht der heutige große barocke Hochaltar von Johann Peter Wagner stand. Weil die gotischen Flügelaltäre keinen eigenen Tabernakel hatten, wurden die bei der Messe übriggebliebenen Hostien in dieser abschließbaren Wandnische aufbewahrt. Direkt unterhalb dieser Sakramentsnische befindet sich bis heute das Sakrarium, eine kleine quadratische Bodenplatte mit einem Loch, um sie anheben zu können.

    Ehrfürchtiger Umgang

    Doch wozu brauchte man ein Sakrarium? Es entstand vor Jahrhunderten aus der Überlegung, mit geweihten Materialien angemessen und ehrfürchtig umzugehen. Einfach in den Müll oder in die Kanalisation kippen? Das kam nicht in Frage. Deswegen hat man eine Art "heiligen Ausguss" geschaffen, eine Öffnung im Boden der Kirche, die direkt ins Erdreich führt. Die Erde unterhalb des Kirchengebäudes wurde durch die Kirchenweihe ebenfalls als heilig und somit als geeigneter Ort erachtet, um die Materialien würdig zu entsorgen. Gelegentlich gab es statt des Sakrariums auch eine so genannten Piscina, eine Wandnische mit Vertiefung, von der das Material langsam ins Gemäuer des Gotteshauses versickern konnte. An so ein "Loch in der Mauer" kann sich der Mönchstockheimer Küster Nikolaus Düring noch erinnern, der am Karfreitag in der Gerolzhöfer Sakristei ebenfalls die Heiligen Öle abholte.

    Doch nicht nur Öle wurden im Sakrarium entsorgt, sondern beispielsweise auch geweihte Hostien, die aus Versehen auf den Boden gefallen, die von Gläubigen versehentlich ausgespuckt oder erbrochen worden waren. Diese Hostien wurden in ein Glas Wasser gegeben, wo sie sich auflösten. Das Wasser wurde dann in das Sakrarium gegossen. Wenn nach der Wandlung etwas Messwein verschüttet worden war, wurde die Altardecke sorgfältig ausgewaschen und das Wasser dann ebenfalls in den "heiligen Ausguss" geschüttet, wo es im Boden versickerte. Denn wenn sich die Gestalten von Brot und Wein im Wasser auflösen, ist nach kirchlicher Vorstellung die Gegenwart Christi nicht mehr gegeben.

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