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OBERWERRN: Als Kinder am Flughafenzaun „gehängt“

OBERWERRN

Als Kinder am Flughafenzaun „gehängt“

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    Das Modell eines deutschen
Flakgeschützes (rechts), wie es
am Willy-Sachs-Stadion stand.
    Das Modell eines deutschen Flakgeschützes (rechts), wie es am Willy-Sachs-Stadion stand. Foto: Uwe Eichler

    Die deutsch-amerikanischen Beziehungen in Schweinfurt sind nach dem Abzug der US-Army nicht mehr gar so gewichtig wie auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs, als noch „Atomic Annie“ durch das Umland rollte: Über 50 Tonnen wog die stattliche Amerikanerin, ein riesiges Atomgeschütz Marke M65, das im Ernstfall unter anderem nukleare Granaten abgefeuert hätte.

    Ob die „atomare Annie“ beim Rangieren durch Geldersheim, zwischen zwei Zugmaschinen, wirklich mal eine Hausecke ramponiert hat? Nicht einmal der ortskundige Heimatforscher Alfred Popp mag das bestätigen. Ansonsten bietet seine Sonderausstellung „Flugplatz – Geldersheim – Niederwerrn – Schweinfurt“ in der Oberwerrner Festscheune einen tiefen Blick in manch verblüffende Geschichte hinter der Geschichte, rund um Conn Barracks, Geldersheimer Fliegerhorst, Schweinfurter Panzerkaserne, Brönnhof und Heerestraße.

    Aus 7000 Bildern hat der leidenschaftliche Sammler Popp 350 Fotos ausgewählt, ergänzt um Zeitungsausschnitte aus dem Schweinfurter Tagblatt. Es geht um die Bauzeit (1934 bis 1936), die Nutzung in der NS-Zeit (von 1936 bis 1945) und die Ära als „Air Field“ der Amerikaner (bis 2014).

    Nun wurde die Bilderschau zusammen mit Vizelandrätin Christine Bender, dem Niederwerrner Altbürgermeister Peter Seifert, Nachfolgerin Bettina Bärmann sowie Euerbachs Vizebürgermeister Ewald Schirmer eröffnet. Der dortige Rathauschef Arthur Arnold hat das Projekt maßgeblich mitunterstützt. Nicht zuletzt war George Ohl als langjähriger Pressesprecher der Garnison nicht nur auf manchem Foto, sondern auch persönlich anwesend, wie Bärmann bei der Begrüßung feststellte. Für die Kolitzheimerin Christine Bender, die an den Fliegerhorst Herleshof ihrer Heimatgemeinde erinnerte, waren solche Militäranlagen „Fluch und Segen zugleich“. Nach 1945 sei der Flughafen immerhin „zum Nutzen und zur Sicherheit der heimischen Bevölkerung“ verwendet worden, so Bender.

    Nach den Schrecken des Krieges wurden aus den Siegern Verbündete im Kalten Krieg und vielerorts Freunde im Alltag. Davon künden auch zwei (deutsche) GIs, die sich in Tarnfleck unters Publikum gemischt haben. Außerdem zwei US-Jeeps, aus der Sammlung Bausenwein des Rütschenhäuser Militärmuseums, sowie der Sammlung Kraus aus Geldersheim.

    Im Rahmen der Konversion harren neue Aufgaben auf das 203 Hektar große „Flächenjuwel“ (Bender) mit 280 Gebäuden und einer 700-Meter-Startbahn – zunächst die Unterbringung von Asylbewerbern. „Ich wünsche mir, dass durch die Ausstellung mehr jüngere Bürger angeregt werden, sich intensiv mit der Geschichte unseres Landkreises zu beschäftigen“, so die stellvertretende Landrätin.

    Diese Haltung ist nicht selbstverständlich: „Lasst doch das alte Zeug ruhen“, das habe er Ende der 1960er-Jahre noch aus der Politik zu hören bekommen, meint Gästeführer und Ausstellungsleiter Popp, vor allem dann, wenn es um die Nazizeit ging. Vor 80 Jahren wurde der Geldersheimer Militärflughafen hochgezogen, erste Bestrebungen, einen Fliegerhorst zu erhalten, waren schon im Kaiserreich vorhanden.

    Bei Geldersheim gab es in erster Linie Schulungsbetrieb, so Popp, und immer wieder Unfälle: Der eine oder andere Sturzkampfbomber bohrte sich schon in Friedenszeiten in den Boden. Trainiert wurde auch auf einem kleinen Bombenabwurfgelände in Sulzheim. Im Krieg wurden die Stukas geschickt verborgen, viele Bombenschäden auf dem Areal waren vorgetäuscht. Die Dörfer der Umgebung, geschweige denn die Schweinfurter, kamen nicht so glimpflich davon.

    Das Minitaturmodell einer Flakbatterie ruft die heftigen Luftkämpfe rund um die Stadt in Erinnerung. Fast auf den Tag genau vor 70 Jahren kamen die Amerikaner, brachten Süßigkeiten, Soft Ice, Chewing Gum. Ein deutsch-amerikanisches Seifenkistenrennen am 9.Juni 1951 in Schweinfurt brach endgültig das Eis, später folgten Schlauchbootrennen mit Cowboyhut.

    „Was haben wir als Kinder am Flughafenzaun gehängt“, erinnert sich Popp für die Nachkriegsgeneration, der auch die Schattenseiten nicht verschweigt: Lärm, Manöverschäden und Unfälle, bis hin zum Extrem der Amokfahrt eines liebeskranken Panzerfahrers 1973. Auf der anderen Seite hätten die Bergepanzer auch im privaten Schwerlastverkehr ausgeholfen, „als es den Markewitsch noch nicht gab“, schmunzelt der Geldersheimer.

    Es wurde gemeinsam gefeiert, mit Truthahnessen und Volksfestbier. Auch zusammen getrauert, nach dem Schock der Mega-Anschläge vom 11. September 2001: das „Tagblatt“ berichtete.

    Korea, Vietnam, Bosnien, Irak, Afghanistan: Immer wieder ging es von Schweinfurt aus in echte Kampfeinsätze. Auf dem Flughafen tuckerte zunächst die robuste Propellermaschine U6 Beaver über die grüne Wiese. Später hoben von hier die berühmten „Bananen-Lasthubschrauber“ ab ebenso wie die Apache-Kampfhubschrauber. 1993 landete umgekehrt eine deutsche Cessna auf dem US-Stützpunkt, „aus heiterem Himmel“ wie bei Mathias Rust. Grund war allerdings Spritmangel, aus dem Gelände wurde kein Zivilflughafen.

    Hinweis: Die Ausstellung in der Festscheune hat noch bis einschließlich Samstag, 18. April, von 13 bis 18 Uhr geöffnet.

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