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OBEREUERHEIM: Alte Gemäuer faszinieren Maori

OBEREUERHEIM

Alte Gemäuer faszinieren Maori

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    Begeistert von alten Gebäuden: Die Maori Colleen Ottley-Karena und ihr Sohn Llewelyn zusammen mit ihrem Gastgeber Yannik Zilch aus Obereuerheim vor der Heilig-Geist-Kirche in Schweinfurt.
    Begeistert von alten Gebäuden: Die Maori Colleen Ottley-Karena und ihr Sohn Llewelyn zusammen mit ihrem Gastgeber Yannik Zilch aus Obereuerheim vor der Heilig-Geist-Kirche in Schweinfurt. Foto: Foto: Norbert Finster

    Llewelyn vermisst die Sterne, die fast jeden Abend das Firmament übersäen, wenn es dunkel wird in Neuseeland. Und er vermisst die faszinierenden Sonnenuntergänge daheim – „fast jeden Abend ein anderer“. Llewelyn ist zwölf und schon ganz schön bekannt. Er spielt die Hauptrolle in Thomas Burstyns Dokumentationsfilm „This Way of Life“ („Wie wir leben“), der kürzlich auf der Berlinale von der Kinderjury einen beachtlichen Preis, nämlich eine „Special Mention“ (besondere Erwähnung) erhalten hat.

    Mit seiner Familie lebt der junge Maori Llewelyn Ottley-Karena auf der neuseeländischen Nordinsel ein Leben in freier Natur. Über dem Kopf nur ein Tipi, darum herum viele Pferde. Kein Wunder also, dass der junge Maori Llewelyn hier in Deutschland Sterne und Sonnenuntergänge vermisst.

    Das Familienleben der Karenas ist selbst für Maoris ungewöhnlich. Denn die meisten dieser Nachfahren der neuseeländischen Ureinwohner sind „urbanized“, wie Llewelyns Mutter Colleen Ottley-Karena sagt. Das heißt, sie haben sich der verstädterten Lebensweise der westlichen Zivilisation angepasst.

    Colleen, ihr Mann Peter, ihre sechs Kinder und 50 Pferde dagegen leben in freier Natur. Peter bietet im Hauptberuf Reitausflüge an, ist daneben Hufschmied, Sattelmacher, Metzger, Jäger, Bauhandwerker und Philosoph in einem. Auch die jüngeren Geschwister Llewelyns reiten schon – ohne Sattel und Zaumzeug und ohne Helm geht es durch die neuseeländische Prärie. Und Llewelyn jagt, wie sein Vater. Sie schießen Rotwild und Kaninchen und haben damit schon mal für den Braten auf dem Tisch gesorgt. „In Neuseeland ist Jagen auch schon mit zwölf erlaubt, wenn die Eltern dabei sind“, erzählt der äußerst selbstbewusst wirkende Jung-Maori. Und: „Meistens treffe ich. Am wichtigsten ist für uns, die Tiere mit Respekt zu töten.“

    Wie die Karenas leben, ist auch in Neuseeland nicht normal. Sie sind durchaus gesellschaftliche Außenseiter. Genau das lieferte dem kanadischen Filmemacher den Stoff für seinen 84-minütigen Doku-Streifen „This Way of Life“. Er zeigt das Leben der Maori-Familie aus der Perspektive Llewelyns. Ganz traditionell geblieben ist die Rollenverteilung. Mutter Colleen kümmert sich um Kinder und Haushalt, Vater Peter sorgt dafür, dass etwas auf den Tisch kommt. Auch wenn das Familienleben idyllisch wirkt, es ist nicht frei von Konflikten.

    Peter hat einen Streit mit seinem Vater auszufechten, gleichzeitig will er ein normales Verhältnis zu seinem Sohn Llewelyn aufbauen. Das steht im Zentrum des Films. Eine weitere wichtige Botschaft des Filmemachers Burstyn: Die Karenas leben nicht in Armut, wie es zunächst scheint, sondern in Freiheit.

    Als Hauptdarsteller waren Llewelyn und seine Mutter zur Berlinale in die Bundeshauptstadt eingeladen. Dreimal lief „ihr“ Film im Zoo-Palast. Von diesem riesigen Kino mit seinen 1000 Sitzplätzen waren Mutter und Sohn vom anderen Ende der Welt am meisten beeindruckt. „Die Leute waren alle sehr nett und wir bekamen viele Fragen gestellt“, erzählt Llewelyn.

    Nach dem „offiziellen“ Teil in Berlin reisten die Maoris weiter ins Frankenland. Dorthin, genau nach Obereuerheim, hatte sie Yannick Zilch eingeladen. Während eines Neuseeland-Aufenthalts genoss der mit Freunden die Gastfreundschaft der Karenas. Yannick revanchiert sich jetzt, sehr zur Freude von Mutter und Sohn. Am meisten faszinieren die Maoris hier alte Kirchen und Burgen, die engen Gassen in den kleinen Dörfern. „Wir haben nichts, das so alt ist“, zieht die 37-jährige Colleen einen Vergleich mit daheim.

    Wenn sie durch Deutschland tingeln, fragen sich die Maori, wo hier wohl all die Tiere sind. Sie können gar nicht glauben, dass die hierzulande in festen Ställen und nicht draußen auf der freien Weide leben. Und bei den Menschen vermissen die Neuseeländer das Lächeln, das sie von zu Hause gewohnt sind. „Die Leute hier sind ernster und distanzierter“, sagt Colleen. Und lächelt.

    Österreich mit seinen Bergen und Südtirol wollen Colleen und Llewelyn jetzt noch sehen, dann geht es wieder zurück ins gewohnte Leben daheim – unter freiem Himmel, mit vielen Sternen und mit einem etwas anderen Sonnenuntergang an jedem Tag.

    Maori

    Die Maori sind die Ureinwohner Neuseelands. Vermutlich im 13. Jahrhundert besiedelten sie in mehreren Wellen das Land. Die Inselgruppe war eine der letzten Gegenden Erde, wo noch keine Menschen lebten. Die Maori gehören zu den polynesischen Völkern. Ihre Sprache sprechen heute nur noch vier Prozent der Bevölkerung. Erst seit Kurzem gibt es einige Schulen, wo Maori vor dem Englischen die erste Sprache ist. Zuvor unbekannte, aus Europa eingeschleppte Krankheiten dezimierten Mitte des 19. Jahrhunderts die Maori so stark, dass angenommen wurde, sie seien ausgestorben.

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