Julia Baum war gerade fünf Jahre alt, als ihre Eltern sie für die allererste Sommerkunstschule von Ronni Zettner anmeldeten. Das ist 14 Jahre her. Julia ist inzwischen erwachsen, macht eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin, aber die erste Ferienwoche ist immer noch für den Kurs bei Ronni – wie alle Teilnehmer die Schweinfurter Künstlerin nennen – reserviert. Seit wenigen Jahren gehört Julia allerdings nicht mehr zu den Schülern, sondern zu den unentbehrlichen Helferinnen.
Es ist der vierte Tag der Sommerkunstschule, im Pfarrsaal von St. Peter und Paul stehen und liegen inzwischen etliche fertige Werke. Unter den 20 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen acht und 14 sind einige „alte Hasen“ wie die 13-jährige Jella Ranke. Ihrem Bild „Fegefeuer“, einer freien, sehr farbstarken Komposition sieht man an, dass die Schülerin Erfahrung im Umgang mit Farbe, Komposition und Textur hat. In diesem einen großen Bild, das die Teilnehmer gegen Ende des Kurses malen, sollen sie versuchen, all das umsetzen, was sie im Lauf der Woche gehört, gesehen und erprobt haben. „Sie können nachspüren, was Kunst sein kann“, sagt Ronni Zettner.
Die Grundlagen für diesen freien Umgang mit Farbe und Form erarbeitet Ronni Zettner in den ersten Tagen. Dieses Jahr gab sie als Thema „Das Nashorn“ vor. Auf großformatigen Fotografien zeigte sie, wie man in einem Tier geometrische Formen erkennt und dann mit deren Hilfe eine Zeichnung aufbaut. Nicht nur im Nashorn, in jedem Lebewesen, in jedem Gesicht, stecken Vierecke, Dreiecke und Mehrecke. Hat man die einmal entdeckt, fällt es viel leichter, eine Skizze zu machen, die stimmig ist. Das konnten die Teilnehmer am dritten Tag am lebenden Objekt ausprobieren.
Den ganzen Tag verbrachten die Sommerkunstschüler im Wildpark An den Eichen, zeichneten mangels Nashorn Störche, Hasen und Rinder. Das Geschwisterpaar Enja und Tim Heger beispielsweise setzte folgenden einfachen Trick schon gut um: wenn die Augenbrauen-Linie in einem Gesicht auf einer Zeichnung nach unten gewölbt ist, schaut das Tier oder der Mensch nach unten, ist sie nach oben gewölbt, blickt er nach oben.
Nicht nur eine Zeichnung, auch eine Plastik baut sich aus einzelnen Formen auf. Das erprobten die Sommerkunstschüler mit Modelliermasse. Lauter kleine Nashörner entstanden, manche dick, manche lang, manche sehr lustig. Wer am vorletzten Tag keine Lust hatte, eine Collage zu machen, durfte einfach das malen, worauf er Lust hatte. Für Ronni Zettner ist das wichtigste, dass die Kinder Spaß haben“. „Schließlich ist das keine Schule hier.“