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SCHWEINFURT: Alter Friedhof: Steine verwittert oder verschwunden

SCHWEINFURT

Alter Friedhof: Steine verwittert oder verschwunden

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    So wie am Jungfernkuss sollen an einigen weiteren Stellen Hinweistafeln auf die eine oder andere Persönlichkeit oder Historie hinweisen.
    So wie am Jungfernkuss sollen an einigen weiteren Stellen Hinweistafeln auf die eine oder andere Persönlichkeit oder Historie hinweisen.

    Stadtrat Peter Hofmann widmet sich dem Erhalt und der Erinnerung von Alt Schweinfurt auf vielfältige Weise. Jetzt widmet sich der SPD-Stadtrat dem Alten Friedhof. Der sei zwar schön umgestaltet, um die Grabsteine als historische Denkmale „hat sich aber niemand gekümmert“.

    Mit SPD-Fraktionsgeschäftsführerin Julia Stürmer hat Hofmann in akribischer Kleinarbeit zusammengetragen, was er über die Grabmale und Epitaphe finden konnte und einen Antrag ans Rathaus formuliert.

    In einer Dokumentation sind viele im Alten Friedhof beerdigte Persönlichkeiten beschrieben

    Die umfangreiche Dokumentation „Alter Friedhof“ liegt der Redaktion vor. Im Antrag an die Stadt fordern Hofmann/Stürmer, alle noch vorhandenen Grabsteine gegen eine weitere Verwitterung zu schützen, sie möglichst zu restaurieren und vor allem an Grabplatten und Gräbern erläuternde Tafeln aufzustellen. „Leider verfallen viele dieser Grabplatten immer mehr, etliche sind bereits nicht mehr bestimmbar“, bedauert Hofmann.

    Der Alte Friedhof sei heute beliebte Parkanlage. Eine Restaurierung aller und Beschilderung der Grabplatten, soweit es sich um verdiente und/oder geschichtlich bedeutende Personen handelt, „macht den Besuch dieser zentral gelegenen Parkanlage auch für Touristen attraktiver und trägt zu einem besseren Geschichtsbewusstsein bei den Schweinfurtern bei“, sagen Hofmann und Stürmer.

    Viele einst noch beschriebene Grabsteine sind schlichtweg verschwunden

    Die beiden Genossen haben recherchiert, dass zahlreiche Grabsteine und Gedenktafeln, die unter anderem im Unterfränkischen Heimatblatt vom September 1949 noch beschrieben wurden, „heute nicht mehr vorhanden sind“. Im Antrag fragt Hofmann deshalb: Wo sind die verblieben? Wurden diese restauriert bzw. gegen weiteren Zerfall woanders gelagert und geschützt? Hofmann/Stürmer haben Fotografien von Grabsteinen beigefügt, die in den Arkaden des Hauptfriedhofs aufgestellt sind. Sie vermuten, dass diese aus dem Alten Friedhof stammen.


    Die Sage von der wiederauferstandenen Susanna

    Der Alte Friedhof war der Garten des 1363 bis 1365 an dieser Stelle gegründeten und von dem Schweinfurter Bürger Peter Esel und seiner Frau Kunigunde gestifteten Karmeliterklosters. Es diente im Markgräfler-Krieg 1553/1554 als Geschützstellung, wurde schwer beschädigt, 1560 abgebaut und das Areal zum Leichenhof bestimmt. Um 1634/35, also während des Dreißigjährigen Krieges, wurde er um einen Pestfriedhof erweitert.

    Über 40000 Bürger der Stadt sind im Alten Friedhof beerdigt

    Bis 1874 diente er als Friedhof der Stadt Schweinfurt. Dieser hatte seinen Standort vor jener Zeit noch an der Sankt Johanniskirche. Um die 40 000 Schweinfurter Bürger wurden im Alten Friedhof beerdigt, darunter eben auch eine ganze Reihe von Berühmtheiten. Hofmann erinnert an die ersten Präsidenten und Gründer der Deutschen Akademie der Naturforscher, Johann Lorenz Bausch und Johann Michael Fehr.

    Im Friedhof sind die Eltern von Friedrich Rückert, Johann Adam (1763 bis 1831) und Maria Barbara Rückert (1766 bis 1835) beerdigt. Auch seine Schwester Maria Rückert (1810 bis 1835) hat ihre letzte Ruhestätte im Alten Friedhof. Die Rückert-Grabsteine sind im Gegensatz zu fast allen anderen in eine guten Zustand.

    Weiter ist dort der Schweinfurter Rechtsanwalt und Historiker Dr. Friedrich Stein beerdigt. Stark verwittert ist auch das Epitaph des Bürgermeisters Johann Hartlaub (1625 bis 1684) und die Gedenktafel für den einstigen Gymnasialdirektor Johann Philipp Raßdörfer (1736 bis 1802), allesamt Persönlichkeiten, an die Schweinfurt deshalb auch in Straßennamen erinnert.

    Im Alten Friedhof aber werde diese Erinnerung vernachlässigt, bedauern Hofmann und Stürmer. Als eines vieler Beispiele nennt er das Grabmal des Ritters Werner Wittstein. Seine Tochter war mit Johann Schopper verheiratet, der das Roth'sche Haus erbaute. Der Fuß ist abgebrochen, Stadtrat Hofmann hat ihn „gesichert“.

    Im Alten Friedhof fanden fast bis in den Zweiten Weltkrieg hinein Beerdigungen statt. Der älteste Grabstein aus dem Jahr 1535, somit vor dem großen Stadtverderben, steht an der Südmauer und trägt den Namen eines Klas Sellmann. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aus dem Friedhof eine Parkanlage, bis heute allerdings „mit hervorragend dargestelltem historischen Bezug“, stellt Hofmann fest.

    Der restaurierte Wehrturm Jungfernkuss war Teil einer größeren Turmanlage

    In der Mitte der Anlage wurde ein Rondell entsprechend alten Plänen geformt, zu dem aus drei von ehemals vier Richtungen Wege führen. Alten Vorgaben entsprechend wurden Säulenhainbuchen gepflanzt. Die ebenfalls mit historischen Grabmälern bestückte Westmauer der Anlage endet in einem Wehrturm, dem so genannten „Jungfernkuss“. Dieser ist eine teilweise erhaltene Turmanlage, die einst die Südwestecke der Schweinfurter Stadtmauer markierte. Denn im 16./17. Jahrhundert standen dort zwei Türme.

    Der Name Jungfernkuss stammt aus einer viel späteren Zeit, vermutlich um 1800, als historisch nicht belegbare Geschichten aufkamen, dass in diesem Turm in und nach der Zeit des Karmeliterklosters gefoltert worden sei. Es soll dort eine „Eiserne Jungfrau“ gestanden haben, bei deren „Kuss“ der Gefolterte automatisch von scharfen Schwertern enthauptet und sein Kopf in den Wassergraben unterhalb des Turms befördert wurde. Eine Hinweistafel, wie sie sich Hofmann und Stürmer auch für den Alten Friedhof wünschen, erzählt ein wenig von der Geschichte. Wegen der vielen offenen Fragen verzichtete Hofmann im Antrag auf eine Kostenschätzung. Das „Projekt Alter Friedhof“ könne mit einem Griff in die gut gefüllte städtische Rücklage finanziert werden.

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