Die Sache stank bereits zum Himmel: der gesamte Inhalt einer Tiefkühltruhe lag verstreut im Graben der Straße zwischen Grettstadt und Gochsheim, verdorben, verwest, von Fliegen umschwirrt. Ein Unbekannter hatte illegal seinen Abfall "entsorgt".
Waltraud Epp, Bürgermeisterin der Gemeinde Grettstadt, ist einfach sprachlos, wie "unverschämt und rücksichtslos gegenüber Umwelt und Mitbürgern" manche Leute ihren Müll nicht nur gezielt in Wald und Straßengraben abladen, sondern immer häufiger auch an den Standplätzen der Wertstoff-Container - oftmals mitten im Ort. Sie spricht dabei ein Problem an, das im gesamten Landkreis in den letzten Jahren zunehmend schlimmer geworden ist.
Auch ihr Kollege Friedel Heckenlauer aus Stadtlauringen weiß ein Lied davon zu singen. Vor allem Besucher von außerhalb, erkennbar an den Autokennzeichen anderer Landkreise, laden oft Kartonagen, Tapeten, aber auch Sperrmüll an den Containern ab. Die Bürger der eigenen Gemeinde gehören so gut wie nie zu den "Sündern", dazu sei die Sozialkontrolle zu stark. Viele der Anwohner haben bereits ein Auge dafür bekommen, ob jemand seinen Abfall in oder neben die Wertstofftonnen wirft. Im Ortsteil Altenmünster legen die Bürger auch schon mal selbst Hand an und räumen auf. Dennoch muss die Gemeinde einen enormen Aufwand betreiben, um die Standorte sauber zu halten. über 130 Stunden haben die Arbeiter des Bauhofes in diesem Jahr schon damit zugebracht, für Sauberkeit zu sorgen.
Ihre Kollegen in Niederwerrn rücken jede Woche zwei Mal aus, um die Hinterlassenschaften zu beseitigen. Freitags komme dabei meistens ein ganzer Lkw-Anhänger voll Müll zusammen. Im Jahr 2001 hat die Gemeinde so knapp 29 000 Euro für die Müllbeseitigung aufbringen müssen. Dass es sich beim illegalen Abladen von Müll nicht um ein Kavaliersdelikt handelt, bestätigt Gerhard Roos vom Ordnungsamt in Niederwerrn. Wer Haus- oder Sperrmüll auf diese Weise zu entsorgen versucht, begeht eine Straftat und wird auch angezeigt.
Um an die Adressen der Täter zu kommen, sind die Gemeinden oft auf Augenzeugen angewiesen. Die Bürgermeister ermutigen deshalb ihre Bürger, solche Vorfälle auch zu melden. Das habe nichts mit Petzen zu tun. In Werneck fanden die Arbeiter des Bauhofes einen Umweltverschmutzer sogar anhand seines Briefkopfes, der ebenfalls im Müll gelandet war. Er wurde umgehend angezeigt.
Eine weitere Verschärfung der Lage befürchteten die Gemeinden, als der Landkreis die kostenlose Annahme von alten Autoreifen abschaffen wollte. Doch auf den Widerstand der Bürgermeister hin wurde das Vorhaben schnell fallen gelassen. Die Furcht, im Wald ganze Müllhalden an Altreifen entdecken zu müssen, war zu groß. Deshalb lässt es sich der Landkreis weiterhin rund 28 000 Euro kosten, die Pneus zu entsorgen.
Auch Waltraud Epp weist darauf hin, dass es genügend Möglichkeiten gäbe, Müll ordnungsgemäß los zu werden. So falle Plastik- und Verpackungsmüll bei der Müllverwiegung gar nicht ins Gewicht, Sperrmüll werde weiterhin kostenlos abgeholt und kompostierbare Abfälle schlügen gerade mal mit 0,9 Euro pro Kilogramm zu Buche. Darum gehe es dem Großteil der Bürger auch gar nicht. Sie seien bereit, ihren Müll zu trennen und zu sortieren. Epp und ihre Kollegen sind sich einig, das Problem seien einzig die wenigen "unverschämten Leute, die zu bequem sind, ihren Müll fachgerecht zu entsorgen."