Gespannt bilden die Drittklässler der Grundschule Dittelbrunn einen Kreis um Daniel Thiel. Er ist der Leiter der Wissenswerkswerkstatt im Friedrich-Rückert-Bau in Schweinfurt und hat die Schüler zu sich eingeladen, um seine neue Konstruktion vorzustellen.
Bademütze als Lebensretter
Neben Thiel steht eine lebensgroße Puppe aus Kunststoff. Um die Hüften trägt sie einen zum Schwimmring umfunktionierten Reifenschlauch eines Schubkarrens. Damit verbunden ist eine Badekappe mit zwei Sensoren, die auf einem Styroporkopf sitzt – der „Anti-Blubb-Assistent“, wie ihn die jungen Erfinder aus Dittelbrunn nennen. Sie haben sich den Assistenten selbst ausgedacht. Doch bei der Konstruktion handelt es sich keineswegs um bloße Spielerei. Der „Anti-Blubb-Assistent“ kann im Notfall sogar Leben retten.
Wenn die Bademütze länger als drei Sekunden unter Wasser ist, wird über die Sensoren ein elektromagnetisches Ventil aktiviert, das sofort Druckluft in den Schwimmreifen strömen lässt. In Not Geratene sollen so vor dem Ertrinken gerettet werden.
Bewerbung bei deutschlandweitem Wettbewerb
Um zu beweisen, dass die Konstruktion auch wirklich funktioniert, hält Thiel die Sensoren in ein Wasserbecken. Innerhalb weniger Sekunden bläst sich der Schlauch auf. Die Kinder klatschen begeistert – der Versuch zu ihrer Erfindung ist geglückt.
Mit ihrem Anti-Blubb-Assistenten bewerben sich die Drittklässler beim deutschlandweit ausgeschriebenen Weltretter-Wettbewerb der Wochenzeitung ZEIT. Schüler aller Schularten sind dabei aufgefordert, einen möglichst kreativen Beitrag abzugeben, der die Welt retten kann. Betreut werden die Schüler von Daniela Behr.
Idee kommt beim Schwimmunterricht
Die Lehrerin hat bereits vor zwei Jahren mit einer dritten Klasse der Auenschule am Wettbewerb teilgenommen – mit dem „Schweinirobo“, einer Maschine, die Hundehaufen aufspüren und beseitigen kann. Mit ihrer Erfindung belegte die Klasse damals den ersten Platz.
Der Einfall mit dem Anti-Blubb-Assistenten kam den Kindern aus Dittelbrunn beim Schwimmunterricht: „Viele von ihnen hatten Angst, ins Wasser zu gehen“, sagt Behr. Ein Kind habe außerdem nach den Ferien vom Nordsee-Urlaub berichtet, bei dem ein Badegast ertrunken sei. Die Idee, etwas zu schaffen, was die Menschen vor dem Ertrinken rettet, habe sich so zum Selbstläufer entwickelt.
Erster Prototyp entsteht in Wissenswerkstatt
Für den Unterricht sammelten die Kinder seither Zeitungsberichte zu tödlichen Badeunfällen und entwickelten erste Lösungsansätze: Ein Tiefseeroboter, der verunglückte Badegäste retten und Haie vertreiben kann, ein Rettungsboot mit Sensoren zur Abwehr von Quallen oder ein winziges Schlauchboot an der Badehose, das sich im Notfall in Sekundenschnelle aufblasen kann. Schließlich entschieden sie sich für die lebensrettende Bademütze, die die Lehrkraft durch alarmierendes Blinken und Piepen warnen soll, sobald ein Kind mehr als drei Sekunden unter Wasser ist.
In der Wissenswerkstatt bauen die jungen Tüftler Ende Oktober unter der Anleitung von Daniel Thiel schließlich ein erstes Holzmodell inklusive elektrischer Schaltung. Aus der Bademütze ragen zu diesem Zeitpunkt noch zwei lange Fühler aus Draht heraus, die mit einer Batterie verbunden sind: „Weil das Wasser den Strom leitet, bekommen die Drähte elektrischen Kontakt und das Lämpchen leuchtet“, erklärt Dominik fachmännisch.
Drei Tage tüfteln für das perfekte Ergebnis
Doch das Warnsignal alleine ging den Schülern nicht weit genug: Sie wollten auf Nummer sicher gehen und noch einen automatisch aufblasbaren Rettungsring erfinden, falls die Lehrkraft den Alarm nicht hört.

Werkstattleiter Thiel versprach damals, alles daran zu setzen, den Wunsch technisch zu erfüllen. Mit dem erfolgreichen Testversuch hielt er sein Wort. Bis zum perfekten Ergebnis tüftelte er drei Tage lang mit seinem Kollegen Markus Dietz. Eine große Herausforderung – auch für die beiden Experten: „Die Theorie ist das eine, die Umsetzung das andere“, so der Werkstattleiter. Bis Schläuche und Anschlüsse gepasst hätten, der Strom geflossen sei und die Druckluft gestimmt habe, sei viel Zeit vergangen.
Ob er vorhabe, ein Patent anzumelden, um die Konstruktion in Serie zu bauen? „Eigentlich ist es eine Marktlücke“, so Thiel. „Wenn man es kleiner machen könnte und eine Zeitverzögerung einbauen würde, wäre das durchaus denkbar.“
Alles was die Drittklässler bei ihrem Projekt gelernt haben, haben sie in einer Projektdokumentation festgehalten. Dabei sollen die MINT-Fähigkeiten der Schüler (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) gefördert werden.
Mit einer Kofferwaage haben sie beispielsweise im Schwimmunterricht getestet, wie viel ihr Körper unter Wasser wiegt, um herauszufinden, wie viel Kraft der aufblasbare Schwimmring aufbringen muss. In Säulen- und Balkendiagramme haben die jungen Tüftler die Ergebnisse dann im Mathematikunterricht ausgewertet. Schließlich haben sie herausgefunden, dass das Gewicht unter Wasser nicht vom Körpergewicht abhängt, sondern von der Masse, die der Körper Wasser verdrängt.
Angst vor Schwimmunterricht verloren
All das haben sie in Berichten festgehalten, die teilweise auch auf der Internetseite der Schule veröffentlicht wurden. Sogar einen kleinen Film drehen die Schüler über ihr Projekt: „Aus der Angst heraus, dass die in Hamburg nicht glauben, was wir hier gemacht haben“, erklärt Behr.
Ob die jungen Erfinder aus Dittelbrunn, so wie ihre Vorgänger von der Auenschule, auch auf den vorderen Rängen landen werden, erfahren sie Ende März. Dann nämlich werden die Gewinnerklassen zur Preisverleihung nach Hamburg ins Emporio-Hochhaus eingeladen. Die Dittelbrunner sind sich ihres Sieges jedenfalls sicher: Als Werkstattleiter Thiel fragt, wie die Chancen auf einen Gewinn stehen, schreien alle „Super!“
Gewinnen oder nicht gewinnen – eines hat das Projekt jetzt schon bewirkt: Die Angst vor dem Schwimmunterricht haben die Kinder verloren.