In Schweinfurt wollte man jedoch von dem Freitod nichts wissen. Von „einem tragischen Geschick“ war die Rede. Darauf hatten sich Familien und Unternehmen für die Todesanzeigen verständigt, die Zeitung selbst griff die Formulierung auf. Auf den beliebten, leutseligen und großzügigen Mann, der seiner Stadt ein großartiges Stadion geschenkt hatte, sollte kein Schatten fallen.
Es ist ausgerechnet diese Schenkung, die Willy Sachs viele Jahre nach seinem Ableben immer wieder in die Schlagzeilen gebracht hat. Das Stadion solle umbenannt werden, hieß es zuletzt angesichts des Spiels einer israelischen Mannschaft, weil Sachs ganz eng mit den Nazis verbunden, ja selbst ein Nazi gewesen sei.
Dafür gibt es Belege. Zur Einweihung des Stadions waren Nazigrößen wie Heinrich Himmler und Hermann Göring nach Schweinfurt gekommen, beide sind wiederholt seine Jagdgäste gewesen. Und mit Spenden an die NSDAP hat sich Sachs nicht gerade zurückgehalten.
In der 2005 erschienenen Biografie geht Wilfried Rott der Nazi-Verwicklung Willy Sachs' nach. Er schildert ihn als einen unsteten jungen Mann, der die Schule kaum schafft, beim Militär ein Studium vortäuscht und sich im Betrieb des Vaters kaum mehr als Grundlagenkenntnisse angeeignet habe. 1932 muss er nach dem Tod des Vaters die Leitung der Firma übernehmen, seine Direktoren Heinz Kaiser und Rudolf Baier nennen ihn später unreif und naiv.
In dieser Situation kommt Sachs in Kontakt mit der NSDAP und den Nazigrößen. Am 1. Mai 1933 steht er in SA-Uniform vor seinen Mitarbeitern.
Er steigt zum Wehrwirtschaftsführer und Obersturmbannführer auf, erhält hohe Auszeichnungen, wie den Ehrendegen der SS, und will doch im Spruchkammerverfahren 1948 nur im Betriebsinteresse gehandelt haben. Zeugen tischen der Kammer „ein geschickt gemischtes Gebräu von einiger Wahrheit und ziemlich viel Unwahrheit“ (Rott) auf – Sachs wird schließlich als Mitläufer eingestuft.
Sachs hat zwar 1932 die Leitung der Werke übernommen, das Handeln jedoch weitgehend Managern überlassen, die dafür sorgten, dass das Unternehmen kräftig expandiert. 1948 zieht sich Willy Sachs in den Aufsichtsrat zurück. Die letzten Jahre des genussfreudigen Lebemanns waren von einer schweren Zuckerkrankheit geprägt.
Monatelang hatte er sich auf Gut Rechenau zurückgezogen. Rott nennt ihn depressiv. Er sei wohl wegen einer Abtreibungsgeschichte erpresst worden, fürchtete sich vor einem Prozess. In dieser Situation griff Sachs zum Gewehr, schoss sich in den Mund. Das war heute vor 50 Jahren.