Am Schluss einer dreieinhalbstündigen Marathon-Bürgerversammlung in der Alten Schule gab es noch einmal einen flammenden Appell von Gemeinderat Harald Zimmermann. Einiges sei zwar schon getan worden, um junge Menschen in Ballingshausen zu halten, sagte Zimmermann. In jedem Fall brauche es aber einen attraktiven Spielplatz mit modernen Spielgeräten, den Erhalt des Kindergartens und neue Bauplätze. Davon war unter den 44 Besuchern öfters die Rede.
Eine "Ortsabrundung" sei sicherlich denkbar, sagte Bürgermeister Friedel Heckenlauer. Das grundsätzliche demografische Problem werde dadurch aber nicht gelöst, der Bevölkerungsschwund hänge mit dem gesellschaftlichen Wandel zusammen. Auf der anderen Seite gebe es Überlegungen in der Bundespolitik, brachliegende Potenziale außerhalb der Städte zu nutzen, Motto "raus aufs Land". Der Gesetzgeber müsse Aktivierungsanreize schaffen.
Viele ungenutzte Leerstände
Auch in Ballingshausen gäbe es noch viele ungenutzte Leerstände. Sanierungsbedarf bestehe längst auch außerhalb des Altorts, sagte Klaus Saar, es fehle an Förderung: "Früher lag Ballingshausen nur zwischen den Zementstraßen." Drei bis vier Bauplätze kämen für den Anfang gut an, so Saar, zumal sich in Maßbach ein neuer Großarbeitgeber ansiedeln werde.
Rainer Zimmermann vermisste generell Baumaßnahmen im Dorf, dessen Einwohnerzahl zuletzt von 386 auf 373 gesunken ist: "Ein Ort fällt auf, der nie auftaucht", meinte der Kritiker, nach der Rückschau auf die Gemeindeprojekte. Das wollte der Bürgermeister so nicht stehen lassen, unter Verweis auf frühere Investitionen: "Meine zehn Gemeindeteile liegen mir gleichermaßen am Herzen". Schadhafte Straßen seien oft Kreis- oder Staatsstraßen. Ballingshausen wäre bereits ein attraktives Dorf, Flächenversiegelung allein bringe nicht mehr Einwohner. Bei "für die Enkel" zurückgehaltenen Grundstücken hätte sich Heckenlauer Verkaufsanreize durch eine Grundsteuer C gewünscht.
Weder Amazon noch Ikea
Auch die "Neue Mitte" lässt im Ort noch auf sich warten. Nach der einfachen, vorhabenbezogenen Dorferneuerung hatte der Rathauschef auf eine umfassende Dorferneuerung gesetzt: Als Grundlage verlange das Amt für Ländliche Entwicklung allerdings ein Denkmalpflege-Konzept, sagte der "wenig begeisterte" Bürgermeister. Bei der Gewerbeansiedlung in Maßbach sei nur gerüchtehalber von Amazon oder Ikea die Rede gewesen. Dort werde es weniger neue Arbeitsplätze geben als erwartet.
Bezüglich der lange geforderten Umgehungsstraße wurde der Unmut im Saal besonders laut. Die bislang geplante Osttangente sollte eigentlich für Lärmentlastung sorgen, Kritiker sehen sie immer noch zu nah am Ort. Laut Norbert Hümmer würde sie durch die beste Flur schneiden: "Ich lasse es zur Enteignung kommen", sagte der sichtlich erboste Flächeneigentümer. Widerspruch gegen das Projekt des Staatlichen Bauamts war von mehreren Seiten gekommen, derzeit werden Alternativen gesucht. In der Politik mahlen die Mühlen einfach langsam, stellte Friedel Heckenlauer fest.
Oswald Schneider fragte nach der Sicherstellung der Wasserversorgung, Stichwort Klimawandel. Organisatorisch sei die Versorgung durch die Rhön-Maintal-Gruppe sicher, so Heckenlauer, trotz generell steigender Preise. Am Stadtlauringer Gewerbegebiet habe man zumindest einen guten Brunnen. Mehr Sorgen bereite ihm, dass Konzerne wie Aldi oder Nestlé Tiefenwasserbrunnen aufkaufen und privatisieren könnten.
Gewünscht wurde die Anschaffung eines öffentlichen Defibrillators. Ein solches Gerät rette sicher Leben, so Heckenlauer, allerdings müsse es dann allen bekannt und erreichbar sein. Gefragt wurde nach Beratung zur häuslichen Pflege. Der Bürgermeister verwies ob des komplexen Themas auf Fachvorträge, etwa der Krankenkassen. Beim Thema Freiflächen-PV wurde Gerechtigkeit bei der Beteiligung an den Gewinnen gefordert. Zur Bürgerfreundlichkeit soll es eigene Infoversammlungen geben, vor der Gründung einer Energiegesellschaft Oberland.
Leinenpflicht und Hundekot
Nicht fehlen durfte das Thema Leinenpflicht und Hundekot, etwa am Ellertshäuser See, wo die Hinterlassenschaften eingetütet werden sollten. Ebenso gestellt wurde die Frage nach der Hundesteuer: Laut Powerpoint-Präsentation nimmt die Gemeinde "null Euro" daraus ein, was aber nur an der "Unschärfe" des Computerprogramms liegt. Tatsächlich sind es 24.000 Euro. Beim Buswartehäuschen wurde die wilde Plakatierung moniert. Auch das Thema Vegetation im derzeit halbleeren See beschäftigte den einen oder anderen Ballingshäuser. Im Sommer kann im "Elli" wieder gebadet werden.