Kurzer Rückblick: Nach der Insolvenz des von der Bildfläche verschwundenen Traditionsvereins Weiß-Blau Schweinfurt und dem Absprung anderer Interessenten für Halle und Gelände machte sich vorneweg die SPD stark für den Erwerb der Halle durch die Stadt. Die Genossen wollten in der Dreifach-Arena die Ballsportarten interessierter Vereine unterbringen. Die SPD berechnete die Umrüstung auf maximal eine Million Euro. Die Mehrheit im Stadtrat schreckte dann aber ein Gutachten ab, das von Sanierungskosten in bis zu dreifacher Höhe sprach. Aus dem Erwerb durch die Stadt wurde nichts.
Vom wenig später vorgelegten Betreiberkonzept der Eheleute war der städtische Bauausschuss gleichwohl überzeugt und stimmte im November 2008 dem Verkauf und der Nutzungsänderung zu. Im Frühjahr 2009 starteten Silke und Matthias Ebert ihr Projekt, das die 35-Jährige und ihr Mann (39) gar nicht so abenteuerlich nennen, wie es Außenstehende tun. Wenn die Jongleure auch ein bestimmtes Maß an Mut einräumen, nennen sie ihr Vorhaben absolut realistisch.
Firlefanz sehr gefragt
Als verbeamteter Berufsschullehrer (Kolping-Berufsschule Bamberg) verfügt Matthias Ebert ebenso über ein festes Einkommen wie seine Frau Silke. Die freiberufliche Artistin gibt Jonglierunterricht an Schulen in Schweinfurt Stadt (Celtis, Rathenau) und Land (Stadtlauringen, Schleerieth) sowie am Haus Marienthal. Dritte feste Einnahmequelle sind die Gagen für Firlefanz. Die Nachfrage nach Auftritten der 1989 gegründeten Jonglier-Gruppe ist ungebrochen gut. 60 Termine im Umkreis von 200 Kilometern stehen pro Jahr im Kalender.
Eberts organisieren auch Varietéshows oder Workshops für öffentliche, private und betriebliche Veranstaltungen. Die Betreiber der Jonglierschule haben ausgerechnet, dass „wir schon mit regelmäßig 20 Schülern eine schwarze Null schreiben“.
Was ist bisher geschehen? Die Wohnung ist fertig. Wo früher Duschen, Umkleideräume und ein Kraftraum waren, schlafen, essen und wohnen die Eberts heute. Ihr außergewöhnlich gestaltetes Zuhause ist über einen separaten Eingang erreichbar.
Im Foyer beginnt der öffentliche Teil. Im einstigen Trainerzimmer ist das Büro der Jonglierschule untergebracht, gegenüber ein Shop für Jonglage-Artikel. Der Ex-Gastraum wird etwa bei Ferienkursen als Aufenthalts- und Frühstücksraum genutzt. In den sanierten Toiletten dort sind – neu – Duschen untergekommen. Einer der Ex-Umkleideräume blieb als solcher erhalten.
Die Halle wird geteilt, um die Größe (1500 Quadratmeter) zu nehmen, und aus Energiegründen. Der ehemalige Platz drei wird von den beiden anderen durch eine bis an die Decke reichende ansehnliche Wand getrennt und in sich noch dreimal unterteilt, so dass mehrere Gruppen gleichzeitig aber ungestört trainieren können. „Halle in der Halle“ nennt Matthias Ebert das. In den Wintermonaten wird nur einer dieser nur rund 200 Quadratmeter großen Räume genutzt und nur dieser auch beheizt. „Wir brauchen nicht unbedingt Fläche, wir brauchen vor allem Höhe“, sagt Silke Ebert.
Neu ist die Heizung für Halle und Wohnung, neu sind die Fenster, saniert das Dach. Eberts fanden eine Firma, die entgegen anderer Expertenmeinungen das Dach erhaltenswert und eine Sanierung möglich nannten. Mittlerweile ist es wärmegedämmt und neu beschichtet. Geplant ist der Aufbau von Fotozellen (auf 1600 Quadratmetern), auf Sicht eine weitere feste Einnahmequelle.
Acht Stellplätze auf dem Gelände
Außenanlagen: Rund 8000 Quadratmeter gehören zum Artistikzentrum, der Großteil im westlichen Teil inklusive eines ehemaligen Tennisplatzes. Der wird – als Hartplatz – fürs Einradfahren oder aber bei Ferienkursen als Fußballplatz genutzt. Die nötigen acht Stellplätze werden auf dem Gelände geschaffen, demnächst wird das Areal eingezäunt.
Drei Jahre war Firlefanz auf der Suche. Trainiert wurde bislang in der Scheune eines selbst umgebauten Bauernhofs in Kützberg. Der wurde für das neue Domizil verkauft. Wäre es am Hundertäcker nichts geworden, hätten die Eberts irgendwo neu gebaut, ihr Jonglierzentrum wollten sie unbedingt realisieren.
Der Gesamtinvest liegt inklusive Kauf bei unter einer halben Million Euro, verraten die Eheleute. Das liegt zum einen an viel Eigenleistung, aber auch an der akribischen Suche nach Alternativen, wenn ein Anbieter zu teuer erschien.
Hauptzielgruppe für Jonglier-, Akrobatik- und Artistiklehrgänge sind Kinder und Jugendliche. Es gibt Einzel und (Klein-)Gruppenunterricht, mitunter auch durch Gastdozenten. Da die Jonglage auch von den Lehrplänen der Schulen berücksichtigt wird, will man Fortbildung für Lehrer und Erzieher anbieten.
Keine Events am Hundertäcker
Gelehrt wird alles, was mit Jonglage zu tun hat. Zur Artistik zählen Einradfahren oder Seiltanzen. Die Nachfrage sei jetzt schon erfreulich gut. Die Erfahrung habe gezeigt, dass die meisten Teilnehmer „einfach für sich jonglieren“. Gleichwohl sind auch Auftrittskurse geplant. Events in der Halle wird es keine geben, allenfalls kleinere Präsentationen beispielsweise bei einem Tag der offenen Tür. Denkbar ist auch, besonders talentierte Artisten ins Profi-Programm von Firlefanz zu integrieren.
Noch fehlt auch eine bunte Aufschrift. Sie wird aber bald – wie der farbenfrohe Firlefanz-Bus auch – äußerlich verkünden, dass hier nicht mehr Tennisspieler, sondern Artisten tätig sind. Ein Programm-Flyer ist in Arbeit.