Morgens kam's im Radio: Der Koalitionsausschuss habe nachts um 2 Uhr beschlossen, deutschen Bauern auf vier Jahre verteilt eine Milliarde Euro als Ausgleich für Belastungen durch die neue Düngeverordnung zu zahlen. Am Nachmittag um 15 Uhr fuhren etwa 30 Landwirte der Umgebung vor die CSU-Bezirksgeschäftsstelle im Schweinfurter Stadtteil Hainig- und lehnten das Angebot dankend, aber sehr entschieden ab. Der CSU-Bezirksgeschäftsführer Georg Brückner möge die Botschaft der Wahlkreisabgeordneten Anja Weisgerber (CSU) überbringen, die nicht da war. Es ist schließlich Sitzungswoche in Berlin – und die Bauernaktion war eine sehr spontane.
"Uns läuft die Zeit davon"
"Es ist nicht so, dass wir nichts verändern wollen", sagte einer der Sprecher der Aktion "Land schafft Verbindung", Armin Zehner (Oberschwarzach), an Brückners Adresse. "Aber mit der Milliarde ist uns nicht geholfen." Bis zum Inkrafttreten der neuen Düngeverordnung Anfang März seien die nötigen Anforderungen für die meisten Betriebe weder technisch noch zeitlich umsetzbar. "Uns läuft die Zeit davon", ergänzt Landwirt-Kollege Frank Böhm aus Schwebheim. "Bis März schaffen wir die Änderungen nicht." Nicht einmal Güllefässer mit der nötigen Technik seien auf dem Markt. Zehner: "Wir sollen was umsetzen und keiner sagt, wie das in der Zeit gehen soll."

Insbesondere ärgert die Landwirte, dass die "Bauernmilliarde", wenn man sie annähme, bei der Bevölkerung den Eindruck erwecken würde, das Geld würden sie schon nehmen, sich womöglich gar "ruhigstellen oder kaufen lassen". Und: auf vier Jahre bezogen, seien das 950 Euro pro Betrieb und Jahr. Sollte durch Ausdehnung der Sperrzeiten für die Gülleausbringung mehr Lagerraum nötig sein, kämen schnell Investitionskosten von mehreren 10 000 Euro pro Betrieb zusammen.
Weisgerber: 1500 Messstellen
Vor den Landwirten rief Böhm vom Bulldog herab: Die Bauernmilliarde solle von den Mängeln der Düngeverordnung ablenken: "Nicht mit uns." Und Zehner: "Ich hatte eine Stinkwut, als ich das heute gehört habe." Der CSU-Geschäftsführer nahm das Protestpapier entgegen. Er äußerte Verständnis, obgleich er "nicht für die große Politik sprechen" könne. Am kommenden Montag in Waigolshausen werde das Thema in einer Versammlung mit der CSU Schweinfurt-Land ausführlich erläutert. "Da brennt die Hütte", rief einer der Landwirte dazwischen.

Am späten Nachmittag meldete sich die CSU-Abgeordnete Weisgerber telefonisch bei der Redaktion und sagte, in der Zeit, in der die Bauern vor der CSU-Geschäftsstelle waren, habe sie in Berlin mit der Bundeslandwirtschaftsministerin an Problemlösungen gearbeitet. So würden in Bayern etwa die 594 Messstellen für die Nitratbelastung auf 1500 aufgestockt. Es gehe nicht nur um die Milliarde, die auch nicht mit der Gießkanne verteilt werde. Weisgerber versprach, sie werde am Montag in Waigolshausen sein.