Seit Montagabend arbeitet eine Lokale Agenda 21-Gruppe an einer stark veränderten neuen Baumschutzverordnung. Neben Aktiven des Bund Naturschutz wirken Vertreter des Gartenbauvereins, der ÖDP, Naturfreunde, des Rhönklubs und Vogelschutzvereins mit. Man hofft, von dieser neuen Fassung breite Teile der Bevölkerung, vor allem aber möglichst alle Parteien im Stadtrat zu überzeugen.
Der für Sonntag, 28. Januar 2018 anberaumte Bürgerentscheid zur Frage, Baumschutzverordnung Ja oder Nein, wäre dann nicht nötig. Die auf 40 000 Euro geschätzten Kosten könnten eingespart werden und möglicherweise dem Baumschutz zugute kommen, hieß es beim Gründungstreffen.
Reaktion war Bürgerbegehren
Ausgangspunkt für den Bürgerentscheid war eine im Februar im Stadtrat diskutierte Novellierung der nach wie vor bestehenden und eigentlich bis 2030 beschlossenen Baumschutzverordnung. Rüdiger Köhler hatte für die CSU eine eigene Fassung eingebracht. Gegen einige Passagen darin brachte aber Umweltreferent Jan von Lackum rechtliche Bedenken vor. Die CSU wollte in der Folge keine Verordnung mehr. Mit Unterstützung von FDP, prosw und AfD setzte sie durch, sie aufzuheben.
Die Schweinfurter Liste startete daraufhin ein erfolgreiches Bürgerbegehren. Gültig waren 2513 der über 2800 Unterschriften. Die Quote für den Bürgerentscheid (sechs Prozent der Wahlberechtigten) war damit erfüllt. Mitte Oktober legte der Stadtrat dafür den Januartermin fest. Eine beantragte Verschiebung bis April, um mehr Zeit für die schon bekannte Initiative zur Ausarbeitung einer allgemein akzeptierten neuen Fassung zu gewinnen, wurde abgelehnt.
Viel Zeit bleibt nicht
Die Zeit spielte deshalb auch beim ersten Treffen der Agenda-Gruppe zunächst die Hauptrolle. Denn: Allerspätestens bis zur Jahresschluss-Sitzung des Stadtrates am 19. Dezember muss die Neufassung als Antrag der dazu berechtigten Agendagruppe vorliegen. Bei Annahme kann SWL den Bürgerentscheid dann zurücknehmen. Bis 31. Dezember bleibt laut Fraktionschef Stefan Labus dazu Zeit. Er und Stadträtin Ulrike Schneider waren beim Treffen dabei, erklärten aber, an der Agenda-Neufassung nicht mitzuarbeiten, um die erhoffte Akzeptanz im Stadtrat nicht zu gefährden.
Die Agenda-Gruppe wählte die BN-Akteure Richard Lindner zu ihrem Sprecher, den Ex-Grünen-Stadtrat Erich Ruppert zum Stellvertreter. Man einigte sich darauf, mehrgleisig fahren. Zunächst soll, um eben Zeit zu gewinnen, eine „doch noch Terminverlegung“ beantragt werden. Wenn das vom Stadtrat in der nächsten Sitzung am 28. November erneut abgelehnt wird, soll rechtzeitig vor der Jahresschluss-Sitzung (19. Dezember) eine total überarbeitete neue Verordnung vorgelegt werden.
Mustersatzung liegt vor
Basis dazu ist eine Mustersatzung der Gartenamtsleiterkonferenz des Deutschen Städtetages. Falls auch das abgelehnt wird, will die Agenda mit einem Flyer vor dem Bürgerentscheid für einen unbedingten Erhalt einer Baumschutzverordnung werben. Lindner schätzte die Gewinnchancen zwar als gut ein, wenngleich auch er den nun zunächst eingeschlagenen Weg – neue von möglichst allen akzeptierte Fassung – begrüßte.
Die beiden Sprecher stellten dann einige in jedem Fall in die Mustersatzung einzuarbeitenden Grundsätze vor: 1. Beratung vor und statt Bestrafung. Man werde ohne Sanktionen nicht auskommen, es müsse aber ergebnisoffener mit dem Bürger gesprochen werden. 2. Mehr Unterstützung durch die Stadt etwa durch die Vermittlung von gärtnerischen Dienstleistungen wie Baumschneiden. Das könne auch durch den Bauhof geschehen.
3. Auswahl der Ersatzpflanzungen erweitern, wozu künftig auch Obstbäume gehören müssten. 4. Versicherungsschutzangebote für Bäume bei Sturmschäden. 5. Ökologische Ausgleichsleistungen für Privatpersonen erweitern: Statt einen gefällten Baum durch einen Baum ersetzen zu könne, sollte beispielsweise der Neubau einer Zisterne, eine Dachbegrünung oder die Entsiegelung von Flächen ebenso gelten. 6. Die Bestandspflege der Gärten und Neubauplanungen müsse unterschiedlich behandelt werden.
Konsens: Baumschutz ist wichtig
Die Vertreter der Vereine und Verbände überzeugte die Grobauflistung, wenngleich sie Teile der noch gültigen Verordnung und die oft zu rigorose Handhabung durch städtische Mitarbeiter für die viele Kritik verantwortlich machten.
Beides habe zur Stimmung contra Verordnung auch bei vielen seiner Mitglieder beigetragen, konstatierte etwa Alfred Wirth vom Gartenbauverein. Im Landkreis gebe es außer in Schwebheim keine Baumschutzverordnung, die Orte seien dennoch grün, sagte er. Gleichwohl sei zwischen Stadt und Land zu unterscheiden, weshalb es „prinzipiell richtig ist, Bäume zu schützen“, so Wirth. Er wird Vorschläge zur Liste der Nachpflanzungen machen. Seine Forderung, für Gärten nicht mehr zwingend Hochstämme als Ersatz pflanzen zu müssen, wurde notiert.
Bernd Köberlein (ÖDP, AG Naturschutz Schwebheim) will Pluspunkte der Schwebheimer Verordnung einbringen. Vorschläge für die Neufassung wollen auch Thomas und Dagmar Kutsche (Naturfreunde), Erich Kleinhenz (Rhönklub) und Harald Vorberg für den Vogelschutzbund („Für Vögel sind alle Bäume wichtig“) liefern. Seine Mitarbeit sagte BN-Mitglied Udo Böhnlein zu , der dereinst bei der Rettung der Kastanie auf dem Wichtermann-Platz mitwirkte. Nächstes Treffen ist am 9. November im Schrotturm. Wer noch mitwirken will, meldet sich bei den Sprechern.