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SCHWEINFURT: Bayernkolleg braucht „Moderator“

SCHWEINFURT

Bayernkolleg braucht „Moderator“

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    Das Bayernkolleg Schweinfurt: Seit Mitte Februar „moderiert“ dort Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes und Ex-Gymnasialleiter in Vilsbiburg, zwischen Schulleitung, Lehrerschaft und Schülern. Sein Auftraggeber ist der Freistaat Bayern. Im Spätsommer 2015 war erhebliche Kritik an Schulleiter Peter Rottmann öffentlich geworden.
    Das Bayernkolleg Schweinfurt: Seit Mitte Februar „moderiert“ dort Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes und Ex-Gymnasialleiter in Vilsbiburg, zwischen Schulleitung, Lehrerschaft und Schülern. Sein Auftraggeber ist der Freistaat Bayern. Im Spätsommer 2015 war erhebliche Kritik an Schulleiter Peter Rottmann öffentlich geworden. Foto: Foto: Martina Müller

    Nachdem diese Redaktion im September letzten Jahres über erhebliche Kritik von Lehrern und Schülern an Bayernkolleg-Schulleiter Peter Rottmann berichtet und konkrete Vorwürfe benannt hatte, kritisierte dies eine Mehrheit der Lehrerschaft mittels Unterschriftenliste und äußerte sich „entsetzt“ über die Berichterstattung. Auf die Kritikpunkte selbst ging sie nicht ein.

    „Entwicklungsprozesse begleiten“

    Jetzt wird bekannt: Seit Mitte Februar geht an dem Erwachsenen-Gymnasium des zweiten Bildungsweges ein „Moderator“ ein und aus: Josef Kraus, 66, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, von 1995 bis zum Sommer 2015 Schulleiter des Maximilian-von-Monteglas-Gymnasiums in Vilsbiburg, früherer Schulpsychologe für den Regierungsbezirk Niederbayern und Autor zu diversen schulpolitischen und -pädagogischen Themen. Unter Pädagogen ein Mann von Rang und Namen.

    Bayernkolleg-Schulleiter Peter Rottmann.
    Bayernkolleg-Schulleiter Peter Rottmann. Foto: Foto: Hannes Helferich

    Wozu aber braucht das Bayernkolleg Schweinfurt einen „Moderator“, wenn doch – laut Lehrerkollegium – alles in Butter war und ist? Welche Aufgaben hat er? Was ist das Ziel seiner „Moderation“? Wer hat diese initiiert? Wie lange soll sie dauern? Was kostet der Einsatz, wer bezahlt ihn?

    Darauf antwortet Ludwig Unger, Leiter der Presseabteilung des Bayerischen Kultusministeriums so: „Am Bayernkolleg Schweinfurt sind im Schuljahr 2014/15 Meinungsgegensätze entstanden, die auch zu einer öffentlichen Auseinandersetzung geführt haben.

    "Das Stundenhonorar entspricht der Besoldungsstufe"

    In solchen Fällen erscheint es grundsätzlich wünschenswert, die an der Schule angestoßenen Entwicklungsprozesse auch durch einen externen Moderator begleiten zu lassen. Hierzu hat sich die Schulleitung in Abstimmung mit den anderen Beteiligten sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst entschlossen.“

    Die Schulleitung soll federführend beim Zustandekommen dieses Moderatoren-Beschlusses gewesen sein? Auf Nachfrage sagt Unger, Schule und Ministerium seien gemeinsam zu dieser Entscheidung gekommen. Auftraggeber der Moderation sei der Freistaat Bayern: „Das Stundenhonorar entspricht der üblichen Vergütung in der entsprechenden Besoldungsstufe.“

    Gruppen- und Einzelgespräche

    Josef Kraus, „Moderator“ am Bayernkolleg.
    Josef Kraus, „Moderator“ am Bayernkolleg. Foto: Foto: Jörg Carstensen/dpa

    Es handle sich am Bayernkolleg Schweinfurt „nicht um eine Einzelmaßnahme, sondern um ein auch in einzelnen Fällen bewährtes Instrument der konstruktiven Konfliktbearbeitung, an dem Schulleitung, Kollegium und Schülerschaft des Bayernkollegs Schweinfurt gleichermaßen beteiligt sind“, so Unger weiter. Der Moderator führe „sowohl Einzel- als auch Gruppengespräche mit den unterschiedlichen Mitgliedern der Schulfamilie, die zum Ziel haben, die Zusammenarbeit zwischen den Gesprächspartnern zu fördern und zu vertiefen“.

    Ein „Instrument der Konfliktbewältigung“ ist Kraus also, wo doch in der Erklärung der Lehrerschaft damals von Konflikten keine Rede ist. „Schockiert und enttäuscht“ gaben sich die Lehrer über das „Verhalten einer einzelnen Person oder kleinen Personengruppe“, die „mit einer Zerstörungswut, für deren Beschreibung die Worte fehlen, versuchen, unserer Schule zu schaden“.

    Die Moderation soll bis zum Ende des Schul- oder des Kalenderjahres beendet sein

    Der Moderatorenprozess soll laut Kultusministerium „zum Schuljahresende, spätestens jedoch bis zum Ende des Kalenderjahres erfolgreich abgeschlossen sein“. Kraus selbst wollte sich dazu gar nicht äußern, er verwies auf das Kultusministerium. Bayernkolleg-Leiter Peter Rottmann hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Er verzichtete, seine Stellvertreterin Birgit Weiß verwies auf das Kultusministerium, ebenso die Ministerialbeauftragte für die Gymnasien in Unterfranken, Monika Zeyer-Müller. Die Äußerungen des Ministeriums seien mit ihr abgesprochen.

    Im September 2015 hatte diese Redaktion über eine Reihe von erheblichen Vorwürfen aus der Schüler- und Lehrerschaft gegen die Schulleitung berichtet: Über Unterrichtsausfall wegen Direktoratssitzungen, einen Einschüchterungsversuch gegen den Schülersprecher, den Vorwurf der „Zensur“ der Kabarettgruppe, sowie der Abstrafung kritischer Lehrer.

    Letztes Jahr wurde der Schülersprecher erheblich unter Druck gesetzt

    Wie berichtet, musste der volljährige Schülersprecher vor seiner Rede zur Abi-Abschlussveranstaltung vor einem Vierergremium der Schulleitung ein Papier unterschreiben, wonach „schulische Reden und Aufführungen“ dem Datenschutz unterlägen, der Einzelne „in seinem Persönlichkeitsrecht nicht verletzt werden“ dürfe, dass „beleidigende Äußerungen bzw. diffamierende Darstellungen zu unterbleiben (vgl. § 185 StGB Beleidigung)“ hätten und dass der Schülersprecher bei „Unklarheiten bezüglich der Einhaltung des verbindlichen rechtlichen Rahmens“ „im Vorfeld die Schulleitung zu kontaktieren“ habe

    Der "Moderator" ist eine relativ seltene Erscheinung an Schulen

    Außerdem war dem Schülersprecher „dringend angeraten“ worden, die Rede vorab von der Oberstufenkoordinatorin lesen und absegnen zu lassen, so dass diese dann die Verantwortung für den Inhalt trage. Der Schülersprecher dachte gar nicht daran und kehrte jetzt erst recht die „Freiheit der Kreativität“ und die „Bedeutung der freien Meinungsbildung“ heraus. Direktor Rottmann äußerte sich damals zu keinem einzigen der Vorwürfe – mit Verweis auf den Datenschutz.

    Dass eine staatliche Schule einen externen „Moderator“ braucht, ist offenbar ein extrem seltenes Phänomen. Laut Ministeriumssprecher Ludwig Unger betrifft das jeweils etwa „eine Handvoll“ Schulen unter mehreren tausend in Bayern.

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