„Gelassen und dankbar“ reagiert Barbara Becker aus Wiesenbronn am Wahlabend auf die einlaufenden Wahlergebnisse. Noch vor 20 Uhr zeichnet sich ab, dass sie für die CSU das Direktmandat im Stimmkreis Kitzingen verteidigt. Zum Stimmkreis gehören der Landkreis Kitzingen, die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Gerolzhofen und die Großgemeinde Kolitzheim.
Fast ist Becker erleichtert, „dass es für die CSU nicht so schlimm gekommen ist wie befürchtet“. Immer wieder habe sie bei Wahlveranstaltungen zu hören bekommen, dass eine große Unzufriedenheit mit der Berliner Regierung herrsche, „eine generelle Unlust an der Großen Koalition“. Die Bürger bemängelten das „Weiter so“ und sähen „wenig Visionäres“. Die Kommentare zur Landespolitik, so Beckers Erfahrung, seien dagegen „eher ermutigend“ gewesen. Mit ihrem eigenen Ergebnis sei sie „hoch zufrieden“, „mehr als erwartet“.
Mit Blick auf kommende Koalitionsverhandlungen erwartet Becker, dass die CSU zuerst mit den Freien Wählern sprechen werde. Sie sieht aber auch bei den Grünen Anknüpfungspunkte. Am Ende werde die Entscheidung für eine bestimmte Koalition über die Inhalte getroffen, glaubt sie.
Gelassen nimmt auch Christian Klingen (Markt Einersheim), Direktkandidat der Alternative für Deutschland (AfD) für den Landtag, am Sonntag um 18 Uhr die Zahlen der Prognose auf. Elf Prozent lautet diese – was ihm den Einzug in den Landtag beschert. „Ich hatte mir mehr erwartet“, bekennt Klingen. Am Mittag hatte er bei seiner Stimmabgabe im Markt Einersheimer Rathaus noch von „15 Prozent plus X“ gesprochen.
Richtig unglücklich wirkt er nicht, Luftsprünge macht er aber auch nicht. Sein Lächeln ist eher verhalten. Insgesamt zeigt er sich zufrieden mit dem Ergebnis für seine Partei, die schon im ersten Anlauf den Sprung in den Landtag schafft.
Trübsal bei der SPD
„Das war so zu erwarten - leider“, kommentiert Jürgen Kößler die Zahlen für die SPD. Das Ergebnis, sei „ganz schwach und sehr enttäuschend“. Kößler zufolge habe die SPD nicht von der Schwäche der CSU profitieren können. Er sieht einen Grund für den Misserfolg in Berlin. Für die persönlichen Streitereien zwischen Merkel und Seehofer habe man „die SPD in Mithaftung genommen“.
Auf Landesebene habe man keinen schlechten Wahlkampf geführt und sei mit den Themen „auf Höhe der Zeit“ gewesen. Auch an Spitzenkandidatin Natascha Kohnen hat er nichts auszusetzen. Kößler selbst kann mit seinem Ergebnis leben. „Ich bin Neueinsteiger und muss nicht den Kopf in den Sand stecken.“ Er sieht den Wahlkampf als positive persönliche Erfahrung: „Man bekommt mit, wo die Leute der Schuh drückt.“ Personelle Konsequenzen will er von der Spitze nicht fordern: „Man tritt gemeinsam an, und verliert zusammen.“
Grünen-Kandidat Hans Plate hat zu einer Wahl-Party auf seinen Bauernhof eingeladen – mit Bio-Kartoffelsalat und Bio-Wienerle. Es dürfte gemundet haben: Das Ergebnis seiner Partei auf Landesebene findet er „überraschend“. So viel Zustimmung habe er nicht erwartet. Was auch für seine persönlichen Werte gilt: Er sei „hoch zufrieden“, zumal die Grünen im ländlichen Raum nicht ganz so stark seien. Dass die Partei gerade einen derartigen Aufschwung erlebt, führt der Landwirt aus Hüttenheim auf „die seriöse und themenorientierte Arbeit“ zurück.
„Persönlich sehr zufrieden“ zeigt sich Frank Stierhof (Freie Wähler): Man habe das erreicht, was prognostiziert worden war. Was den Dornheimer besonders freut: das Abschneiden in seiner Heimatgemeinde Iphofen. Entsprechend ausgelassen ist die Stimmung im Ort, wo die Freien Wähler zusammen mit Landrätin Tamara Bischof in einer Gastwirtschaft auf ihr Ergebnis anstoßen.
Zittern bis zuletzt
„Ein großes Zittern“ bescheren die Wahlergebnisse für die FDP dem Landtagskandidaten Hans Müller aus Wiesentheid. „Mein eigenes Ergebnis ist eher zweitrangig; Hauptsache die FDP ist wieder im Landtag“, hofft er noch gegen 20 Uhr. Es bleibt lange knapp: Die FDP pendelt um die Fünf-Prozent-Marke.
Christine Pfaff (Linke) war am Wahlabend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Lülsfeld war die erste Gemeinde im gesamten Stimmkreis, die das Wahlergebnis vorliegen hatte: Die CSU holt dort bei den Zweitstimmen beachtliche 54,6. Die AfD wird mit 11,6 Prozent auf Anhieb zweitstärkste Kraft in Lülsfeld und Schallfeld. Die ehemalige Volkspartei SPD spielt hingegen kaum noch eine Rolle – ein erster Trend für die Sozialdemokraten, der sich bei den danach einlaufenden Wahlergebnissen auch in anderen Gemeinden verfestigen sollte.
Über 60 Prozent
In Oberschwarzach holt die CSU satte 61,6 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 9,2 Prozent. Die AfD ist nur viertplatziert, die läppischen vier Prozent sind ein hartes Ergebnis für die SPD. Annähernd 60 Prozent bekommt die CSU auch in Michelau. Und auch am Steigerwaldtrauf gelingt es der AfD auf Anhieb, mit 11,6 Prozent die zweitmeisten Stimmen einzufahren. Auf Platz drei die Grünen mit 9,8 Prozent.
Ein ähnliches Bild in Sulzheim: Die CSU kommt unangefochten auf 52,3 Prozent, gefolgt von der AfD mit 13,1 Prozent. Die SPD kriegt auch hier nur 4,1 Prozent.
Frankenwinheim meldet ebenfalls einen haushohen Sieg der CSU mit 56 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 13,9 und den Freien Wählern mit 8,2 Prozent. AfD und SPD spielen in Frankenwinheim und Brünnstadt hingegen kaum eine Rolle.
CSU klar vorne
Ein herausragendes Ergebnis gibt es in Dingolshausen für die CSU, wo Bürgermeister Lothar Zachmann als Listenkandidat angetreten war: 67,5 Prozent. Die übrigen großen Parteien erreichen hier nur einstellige Ergebnisse. Die 2,5 (!) Prozent sind ein Desaster für die Sozialdemokraten.
Auch das Ergebnis aus der Großgemeinde Kolitzheim zeigt einen Sieg der CSU mit 54,1 Prozent. Die Grünen schaffen hier 11,6, die AfD als drittstärkste Kraft 9,6 Prozent.
Städtisch geprägt
Das Ergebnis aus der Stadt Gerolzhofen weicht von den Zahlen aus den eher ländlich strukturierten Gemeinden des Umlandes ab. Auch hier bekommt die CSU mit immerhin noch 47,4 Prozent die meisten Zweitstimmen, bleibt aber unter der 50-Prozent-Marke. Bündnis 90/Die Grünen sind – wie in den urbanen Regionen – mit 16 Prozent zweitstärkste Kraft. Die AfD erreicht 9,8 Prozent. Überraschend ist, dass die Freien Wähler in ihrer (früheren) Hochburg Gerolzhofen mit 6,8 Prozent sogar noch weniger Zweitstimmen bekommen als die SPD mit sieben Prozent.
Noch eines zeigt der Blick auf die ersten Ergebnisse vom Sonntagabend: Barbara Becker, die für die CSU das Direktmandat geholt hat, bekommt im Bereich der VG Gerolzhofen und der Großgemeinde Kolitzheim zum Teil erheblich weniger Direktstimmen als ihre Partei Zweitstimmen. Dies dürfte daran gelegen haben, dass die Frau aus Wiesenbronn vor ihrer Nominierung in der Region kaum in Erscheinung getreten war.