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SCHWEINFURT: Bei den Kassierern wird abkassiert

SCHWEINFURT

Bei den Kassierern wird abkassiert

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    Latent abstoßende Bühnenshow: Sänger Wolfgang „Wölfi“ Wendland präsentiert alle paar Songs der johlenden Menge sein Geschlechtsteil.
    Latent abstoßende Bühnenshow: Sänger Wolfgang „Wölfi“ Wendland präsentiert alle paar Songs der johlenden Menge sein Geschlechtsteil. Foto: Foto: Wolfram Hanke

    Dem Konzert der Kassierer hallte ein Ruf wie Donnerhall voraus. Alle Grenzen des Verstands, des guten Geschmacks und des Anstands seien an diesem Abend außer Kraft gesetzt, hieß es. Und die Punkband aus dem Bochumer Ortsteil Wattenscheid hat alle Befürchtungen bei ihrem Konzert am Samstag im Schweinfurter Stattbahnhof bei Weitem übertroffen. Schon zwei Stunden vorher war der Großteil des Publikums stark alkoholisiert und aufgeheizt.

    Das Rauchverbot war für einen Abend scheinbar außer Kraft gesetzt. Viele Fans hatten eine lange Wegstrecke zurückgelegt, um dabei zu sein. Aus Berlin war sogar ein zwölfköpfiger Fan-Club angereist. Im Vorprogramm bot zunächst Lokalmatador Hans Füsser mit Nikolaus-Kostüm und blauer Perücke eine gewohnt surreale Performance. Eine Viertelstunde nur Hans, E-Gitarre und Gebrüll. Der Mann, der schon als „Hans'n'Roses“, „Hans Füsser Experience“ und sogar unter dem Namen der Schweinfurt Punkband „Scallwags“ aufgetreten ist, kam gut an bei der berauschten Menge.

    Und dann kamen Wolfgang Wendland, Mitch Maestro, Volker Wendland und Nikolaj Hagemeister unter tosendem Applaus auf die Bühne. Die ersten Minuten schüttelte die Band erst mal nur Hände, man meinte, die „Scorpions“ wären die Treppe hochgekommen. Schon nach den ersten Songs war klar, dieser Band werden völlig zu Recht Vorwürfe aller Art gemacht: Sexismus, Geschmacklosigkeit und null Schamgefühl. Mit Songs wie „Jeden Tag besoffen sein“, „Mein Glied ist zu groß“, „Sex mit dem Sozialarbeiter“ oder „Blumenkohl am Pillermann“ liegen die Kassierer permanent ganz weit unter der Gürtellinie.

    Es geht die ganze Zeit eigentlich nur um Alkoholkonsum und Sexualität. Dazu kommt noch die latent abstoßende Bühnenshow. Sänger Wolfgang „Wölfi“ Wendland präsentiert alle paar Songs der johlenden Menge sein Geschlechtsteil und preist seinen übergroßen Hodensack an. Der Mann, der schon als Kanzlerkandidat für die Anarchistische Pogo-Partei Deutschland (APPD) angetreten ist, kennt offensichtlich keine Grenzen.

    Wie durch ein Wunder hat es die Band noch nicht auf den Index für jugendgefährdende Inhalte geschafft. Alle Indizierungsanträge wurden gerichtlich abgewiesen, weil die Texte als satirisch und ironisch angesehen und die Alben als Kunst eingestuft wurden. Von großer Kunst ist im Stattbahnhof allerdings nichts zu sehen. Ein dicker Mann ohne Oberbekleidung, der sich die Texte nicht merken kann, liest stumpfe, prollige Songs vom Blatt ab. Dazu spielen seine Mitmusiker primitiven, eintönigen Punkrock.

    Viel schockierender als die Band ist allerdings das Publikum, das alle Texte lautstark mitgrölt und sich dazu in den Armen liegt: „Wir wollen Schnaps, wir wollen Bier, auf Arbeitsplätze scheißen wir!“, schallt es durch den Raum. Dazu stürmen immer wieder junge Männer die Bühne und lassen die Hose runter.

    Warum machen die das? Provokation? Exhibitionismus? Jugendlicher Leichtsinn? Im Gegensatz zu ihrem Publikum sind die Kassierer nach mehr als 25 Jahren Bandgeschichte aus der Pubertät längst heraus. Also muss die Begründung lauten: reine Gewinnmaximierung. Der Saal ist voll, viele Zuschauer tragen ein T-Shirt der Band, und auch der Stattbahnhof verdient am Alkoholkonsum an diesem Abend gut. Bei den Kassierern wird eben kräftig abkassiert. Nur mit Kultur hat dieses Konzert im Kulturhaus Stattbahnhof herzlich wenig zu tun. Zum Glück war ab Mitternacht Totensonntag, und damit galt ab Mitternacht gesetzliches Tanzverbot.

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