Weil der "Grundwasserspiegel in den letzten Jahren massiv" gesunken ist und mit dem Grettstädter, dem Ried- und dem Moorgraben sowie dem Unkenbach in den Sommern im Naturschutzgebiet und Waldreservat Riedholz alle Wasserläufe austrocknen, sagt Naturschutzwächter Josef Bernard für den Auwald samt der angrenzenden Wiesen ein "großes Artensterben und den Verlust des Ökosystems Auwald" voraus – auch für den hier noch zahlreich stehenden Frauenschuh (die prächtigste unter den wildwachsenden Orchideen in Deutschland). Die Redaktion hat Bernard beim Gang durch das gesetzlich geschützte Naturparadies begleitet und mit ihm die Grundwasserpegelmessstellen aufgesucht, an denen mitunter nichts zu messen ist, weil die zwei Meter langen Messlatten nicht mehr bis zu den Grundwasservorkommen reichen.

Vor zwei Tagen hatte es ganz ordentlich geregnet. Trotzdem: das erwartete "Schmatzen" beim Aufsetzen der Stiefel auf den moorschwarzen Boden stellt sich nicht ein. Noch federt der Untergrund, ist nicht gänzlich ausgetrocknet. Keine zehn Meter sind wir auf dem Lehrpfad in den von einem gestuften wie artenreichen Waldsaum geschützten Auwald eingedrungen, als der Naturschutzwächter auf eine bunte Baumgesellschaft rund um ein lichtes Fleckchen aufmerksam macht. Stieleiche, Hainbuche, Feldahorn, Traubenkirsche, Vogelkirsche, Esche, Linde, Ulme, Pappel, Schwarzerle und Holunder sind zu sehen.

Zu den Voraussetzungen für die respektable Mischung zählt der Naturschutzwächter eine hohe Feuchtigkeit auch in der Luft, hohe Grundwasserpegel und volle Wasserläufe. Doch von Wasser ist im nahen Moorgraben, in dem die Schuhe höchstens staubig werden, nichts zu sehen. Der um 1700 angelegte Moorgraben, der einst die Unkenmühle mit dem Wasser aus dem Unkenbach versorgte, könnte kein Mühlrad mehr drehen. Und auch die Aufgabe, einen der letzten Auwälder der einst von diesen geprägten Landschaft am Main zu versorgen, erfüllt der Moorgraben seit einem halben Jahr nicht.

Die Situation ist nicht neu, sie war in den trockenen und heißen Sommern der Jahre 2018 und 2019 nicht anders. Alarmiert hat Bernard längst die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt, das Wasserwirtschaftsamt in Bad Kissingen und die Gemeinde Schwebheim. Seit 2018 wurde die Anzahl der Grundwasser-Messpunkte erhöht, was ebenfalls für die über ein Stauwehr geregelte Abgabe von Wasser aus dem Unkenbach in das Naturschutzgebiet gilt.

Eingeschränkt werden soll die Entnahme von Grundwasser aus dem 135 Quadratmeter großen Einzugsgebiets des Bachs, der im Eichholz östlich von Bischwind entspringt und 24 Kilometer lang von Nord-Westen nach Westen bis zur Mündung in den Main bei Heidenfeld verläuft. Alte Karten zeigen einen mäandernden Bach mit vielen Inseln, der 1922 bis 1924 erstmals und von 1966 bis 1971 nochmals kanalartig begradigt und seit 1992 renaturiert wurde. Seit dem Jahr 2000 gibt es das Projekt "Unkenbachaue", mit dem der Untere Naturschutz und das Wasserwirtschaftsamt die Naturschutzgebiete Sulzheimer Gipshügel, das Riedholz, das Elmuß bei Röthlein und das Vogelschutzgebiet bei Heidenfeld mit einem Grünen Band verbinden wollen.

Die Lebensader Unkenbach hat sich jedoch erst einmal verabschiedet. Von Unterspiesheim her kommt kein Tropfen Nass in das Riedholz, vor dem derzeit das Stauwehr (Abfluss regulierbar) erneuert wird. Dieses soll eigentlich das Wasser zurückhalten und über einen künstlichen Graben das nahe Zentrum des Waldreservats bewässern.

Der Weg zu dem Stauwehr hatte durch den Auwald geführt, in dem einige der Moorbirken abgestorben sind, was für Bernard der Beleg des begonnen Baumsterbens durch Trockenheit und Hitze ist. Im Freien ging es vorbei an durchaus saftigen Ökowiesen, die nur zweimal im Jahr gemäht und nicht gedüngt werden dürfen, sowie an zwei Hochstaudenfluren.

Die Hochstaudenfluren sind bayernweit einzigartig. Seit 1983 wurde dort nicht gemäht. Der Arbeitskeis Arten und Naturschutz (AKAN) Schwebheim entfernt jährlich einmal Gehölze und verhindert so eine Verbuschung und Verwaldung. Entnommen werden auch Zuzügler, insbesondere solche, die die heimische Artenvielfalt bedrohen. Das Experiment soll zeigen, wie sich die Landschaft ohne Wald entwickelt und es zeigt, dass die Hochstauden die Trockenheit und Hitze der vergangenen Jahre bislang problemlos wegsteckten, – wohl auch, da der dichte Bewuchs das Austrocknen der Böden verhinderte.

Durch das Riedholz führt seit 1972 ein etwa drei Kilometer langer Naturlehrpfad, der an der Schutzhütte am Parkplatz der Straße Schwebheim-Grettstadt beginnt. Tafeln informieren über den Auwald und die Pfeifengraswiese. Besucht werden Niedermoor und Flugsanddüne, Wiesen und Hochstaudenflure, gestufte Waldränder und Bachläufe, nährstoffreiche und magere Wuchsflächen, darunter Sandmagerrasen, Halbtrockenrasen, Weich- und Hartholzaue, Mittelwald, Hochwald, Kalktuff und Dolinenbildung. Der Naturlehrpfand führt an alten, knorrigen Hainbuchen und an einem Fuchsbau vorbei. Auf Flugsand, Gipskeuper und Grenzdolomit wachsen über 250 Pflanzenarten, darunter 90 Blütenpflanzen, 22 Gräser und 15 Gehölze. Zu den Bewohnern zählen neben Rehen und Kleinsäugern vor allem 29 Vogelarten, etwa Zaunkönig, Kohlmeise, Rotkehlchen, Amsel, Bunt- und Grünspecht, Kleinspecht und die Weidenmeise.



