Der jüngst verkündete Einstieg des grünen RWE-Ablegers Innogy in die Kolitzheimer Belectric Solar & Battery Holding kam für viele überraschend. Für Bernhard Beck, Gründer, Gesicht und Kopf der Belectric-Firmengruppe, ist es hingegen die Konsequenz einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung des inzwischen globalen Solargeschäftes, wie er im Gespräch mit dieser Redaktion betont. Erfolgreiche Internationalisierung
Die über Jahre erfolgreiche Internationalisierung habe das Unternehmen im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern in die Lage versetzt, die seit Jahren schwierige Situation in der Solarenergiebranche in Deutschland zu meistern, und seine technologische Führungsrolle sogar noch deutlich auszubauen.

Mit der Transaktion würden nun über 100 Jahre energiewirtschaftliche Kompetenz mit 15 Jahren Solarkompetenz vereint, so Bernhard Beck. Die Innogy – der Firmenname verknüpft den Begriff „Innovation“ sowohl mit „Energy“ als auch „Technology“ – bündelt die drei Geschäftsfelder Netz und Infrastruktur, Vertrieb sowie Erneuerbare Energien der RWE-Gruppe in einer neuen, unabhängigen Gesellschaft.
Kartellbehörden müssen entscheiden
Die Kartellbehörden müssen dem Erwerb durch die Innogy noch zustimmen. Dazu bedarf es auch noch gesellschaftsrechtlicher Strukturmaßnahmen. Der Vollzug der Transaktion ist für Anfang 2017 geplant.
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Belectric hat sich bekanntlich über die Jahre in einen internationalen Technologiekonzern entwickelt. Heute ist das unterfränkische Vorzeigeunternehmen in der Solarbranche mit seinen aktuell rund 500 Mitarbeitern der größte Dienstleister in Solar-Service in Europa.
Wie Innogy profitiert
Innogy, bei erneuerbaren Energien bislang vor allem bei Wind- und Wasserkraft engagiert, wird durch die Übernahme des Belectric-Geschäftsbetriebs der Sparten Solarenergie und Batteriespeicher inklusive Technologie, Marke und Mitarbeiter zu einem der größten Solaranlagenbauer und Solar Service-Dienstleister weltweit aufsteigen.
Als einen der Hauptgründe für den Verkauf nennt Bernhard Beck gegenüber dieser Zeitung die hohe Nachfrage im Ausland nach Belectric-Produkten und die Zurückhaltung der deutschen Banken, diesen Export zu finanzieren. Belectric-Solarkraftwerke seien weltweit nachgefragt, während der Binnenmarkt in Europa und vor allem der in Deutschland auf Grund unzähliger Gesetzesänderungen in den vergangenen Jahren stark „ausgebremst“ worden sei.
Größter Solarkraftwerksbauer
Bernhard Beck: „Wir hatten es bis 2010 innerhalb von zehn Jahren dank unserer Technologien und der Fachkompetenz unserer Mitarbeiter zum größten Solarkraftwerksbauer in der Welt geschafft. Wären wir aber nicht rechtzeitig und so gezielt ins Ausland gegangen, hätten uns die Einbrüche in den Kernmärkten wie Europa und Deutschland ebenfalls sehr stark erschüttert.“
Die Internationalisierung habe Belectric letztendlich besser gestellt als Mitbewerber, die nur die Heimatmärkte bedienten. Das habe dazu geführt, dass Unternehmen ähnlicher Größe fast gänzlich vom europäischen Markt verschwunden seien, und die Menge der Akteure generell stark geschrumpft sei.
Wachstumsmärkte als Chance
So erziele Belectric Bernhard Beck zufolge heute wesentliche Umsätze außerhalb von Europa in Wachstumsmärkten wie Indien, Nordafrika oder Südamerika.
Mit einem starken Eigner wie Innogy könne die Belectric ihr Umsatzpotenzial heben und die Profitabilität steigern. Wenn es aktuell, wie in Indien, um Kraftwerke mit einer Leistung von über 100 Megawatt gehe, von denen in Europa keine fünf Stück stünden, könnten die erforderlichen Vor- und Zwischenfinanzierungen inklusive Übernahme verschiedener Bürgschaften bald leichter erbracht werden, so Beck.
Eine Frage der Finanzkraft
Um Projekte dieser Größe zu stemmen, bedürfe es der entsprechenden Finanzkraft. Bernhard Beck unterstreicht: „Die Kapitalkraft von Belectric war und ist gut, aber leider für das sich sehr schnell steigernde Geschäft und Auftragsvolumen im Ausland nicht angemessen.“
Der Dimbacher, der einst mit einer ersten Photovoltaikanlage auf dem elterlichen Scheunendach begonnen hatte, unterstreicht: „Das deutsche Bankenwesen ist nicht in der Lage, mittelständische Unternehmen wie uns so zu unterstützen, dass wir unsere Produkte entsprechend exportieren können.“ Um das Unternehmen auf diesem Gebiet noch stärker aufzustellen, habe man sich aus eigener Initiative nach einem starken Partner umgeschaut und ihn in Innogy gefunden.
International nachgefragt
Beck betont: „Unserer Solar- und Energiespeichertechnologie ist international angesehen und nachgefragt und wir sind in vielen Bereichen technologisch führend. Aber nur durch einen starken Eigner wird das Geschäft nachhaltig wachsen und sich das Unternehmen weiterentwickeln können. Innogy hat sowohl das finanzielle Rückgrat als auch die energiewirtschaftliche Kompetenz.“

So verstehe er, so Beck, den Verkauf als Teil einer gezielten und seriösen Wachstumsstrategie, um das Geschäftsfeld als Tochter der Innogy nach den in der Solarbranche schwierigen Zeiten fit für die Zukunft zu machen und den Mitarbeitern sichere Jobs zu bieten. Dazu bleibe auch das bisherige Management an Bord. Innogy wolle mit der übernommenen Belectric-Tochter nachhaltig in Deutschland, Europa und weltweit zusammenarbeiten, so Beck.
Diese Geschäftsbereiche sind nicht vom Verkauf betroffen
Die anderen Geschäftsbereiche der Belectric-Holding blieben in eigenen Händen und würden unter neuem Namen mit eigenem Management fortgeführt. Darunter fallen die Sparten Elektromobilität (Belectric Drive), Organische Solarzellen (Belectric OPV), Immobilienwirtschaft und Automotive oder auch der in Kitzingen betriebene Innopark.
Die Belectric-Braut von RWE Die vor der Übernahme durch den neuen RWE-Ableger Innogy stehende Kolitzheimer Belectric Solar & Battery Holding entwickelt, errichtet und übernimmt die Betriebsführung für Freiflächen-Solarkraftwerke und ist zudem auf dem Gebiet der Batteriespeicher tätig. Dies unter anderem mit schlüsselfertigen Großbatteriespeicherlösungen. In mehr als 15 Jahren hat Belectric über 280 Freiflächen-Solarkraftwerke und Dachanlagen mit einer Gesamtleistung von 1500 Megawatt (MW) weltweit realisiert. Zudem betreibt und wartet das Kolitzheimer Solarunternehmen aktuell Anlagen mit einer Gesamtkapazität von über 1000 MW.